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BSV-Urteile: Versicherern drohen extreme Kosten

27. Mai 2021 - Die Betriebsschließungs-Versicherung (BSV) entwickelt sich zum Dauerstreitpunkt für Versicherer mit ihren Kunden. Rechtsanwalt Mark Wilhelm von der Kanzlei Wilhelm Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB rechnet vor, dass Gerichte den Versicherern hierdurch bis zu 4 Milliarden Euro Schadenersatz aufbrummen könnten.

„Relativ überraschende Ergebnisse“ in der aktuellen Rechtsprechung: Laut Rechtsanwalt Mark Wilhelm zeigen sich bei Gericht in Sachen BSV „skurrile Auswüchse“. Es sei nicht ersichtlich, welche Fälle an welche Kammer gehen. Außerdem urteilten die Kammern teils völlig unterschiedlich. Jede Kammer urteile bei BSV-Klagen recht unterschiedlich. Wie man das einem Mandanten erklären sollte, ist Wilhelm schleierhaft.

Allein bei der Kanzlei Wilhelm Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB (www.wilhelm-rae.de) sind über 1.000 Verfahren mit Versicherern anhängig. Davon seien bisher mehr als 200 Klagen eingereicht, weitere 500 in Vorbereitung. Die durchschnittliche Anspruchshöhe je Verfahren beziffert Mark Wilhelm mit circa 107.570 Euro. Seiner Einschätzung nach gebe es derzeit hierzulande rund 73.000 BSV-versicherte Unternehmen. Dem Vertrauens- und Imageverlust wird darin wohl kaum Rechnung getragen.

Die Gerichte haben zuletzt durchaus sehr unterschiedlich entschieden – (Beispiele dazu in den bocquel-news am 17. Februar 2021 BSV-Urteil zu Gunsten der Hamelner Curry Farm und 17. Dezember 2020 GDV entwickelt neue Musterbedingungen für BSV sowie bocquel-news 14. Dezember 2020 BSV-Urteil: Gericht wies Klage von Gastronomen ab).

Beispielsweise hatte die 2. Zivilkammer am Landgericht München I in der Vergangenheit bereits in mehreren Fällen zugunsten der Kläger entschieden. Nicht so die 10. Zivilkammer am Landgericht München II, die gleich in vier Fällen die Klagen gegen die Allianz, die Helvetia und die Haftpflichtkasse urteilte. Laut Mark Wilhelm hatten die betroffenen Gastronomen von den jeweiligen Versicherern rund 460.000 Euro gefordert.

Betriebsschließungs-Versicherung: Dreifach-Sieg der Versicherungsnehmer
Die Sozietät Wilhelm hatte übrigens bereits in drei Verfahren um Ansprüche aus der Betriebsschließungs-Versicherung gegen die Württembergische Versicherung Erfolge für die Versicherungsnehmer erzielet. Das Landgericht Stuttgart wertete im speziellen Fall die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (AVB) der Württembergischen als intransparent.

Das Landgericht Stuttgart hat mit drei Entscheidungen vom 12. März 2021 die Württembergische Versicherung zur Zahlung von 163.537,40 Euro an eine Frankfurter Apfelweinwirtschaft (Az. 3 O 357/20) sowie zur Zahlung von 86.785,80 Euro und 38.365,38 Euro an zwei Gastronomen aus der Nähe von Stuttgart verurteilt (Az. 3 O 446/20 und Az. 3 O 360/20). Nach Auffassung des Gerichts war die Schließung der Betriebe der Kläger während des Lockdowns von März bis Mai 2020 unter den AVB der Württembergischen versichert.

„Von einem Versicherungsnehmer ist gerade nicht zu erwarten, dass er die einzelnen Krankheitserreger studiert, um seinen Versicherungsumfang zu bestimmen“, befand das LG Stuttgart. Ob das Coronavirus Sars-CoV-2 mitversichert sei, gehe dem Gericht zufolge aus der Klausel nicht klar hervor, die Formulierung sei intransparent. Vielmehr würde dadurch, dass die AVB im weiteren Verlauf lediglich Prionenerkrankungen ausdrücklich unter den Risikoausschlüssen aufführen, der Versicherungsnehmer „durch den Versicherer klar hinter die ‚Fichte‘ geführt“, urteilt der Richter laut Mark Wilhelm „in ungewohnter Deutlichkeit“.

Des Weiteren verbiete eine enge Auslegung der Listenklausel durch den Versicherer überdies Paragraph (§) 1a Versicherungsvertragsgesetz: Der Versicherer hätte dann dem Versicherungsnehmer ein Produkt vermittelt, das „nicht seinen tatsächlichen Interessen“ entspreche.

Die Urteile des LG Stuttgart sind nach Ansicht von Mark Wilhelm auch insofern beachtenswert, als einer der klagenden Gastronomen einen großen Teil seines Umsatzes mit Catering und Beherbergungen macht. Catering war im Lockdown 2020 nicht untersagt, fand aber aufgrund des allgemeinen Veranstaltungsverbots nicht statt. Ebenso waren nicht-touristische Beherbergungen erlaubt, aber kaum nachgefragt. Die Betriebsstätten Hotel und Catering des Klägers waren faktisch geschlossen.

„Die Entscheidungen des LG Stuttgart sind ein weiterer wichtiger Etappensieg der Versicherungsnehmer. Eine Reihe wichtiger Rechtsfragen hat das Gericht sehr differenziert und mit Bedacht bewertet“, erklärt Dr. Mark Wilhelm, Managing Partner der Sozietät. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (-el / www.bocquel-news.de)

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