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Konzepte und Kriterien

Wie sind streikbedingte Schäden zu versichern?

6. November 2014 - Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer will für vier volle Tage streiken. Beim bisher längsten Streik in der Bahn-Geschichte stehen fast alle Räder still. Kann man Streik-Schäden versichern? Die AGCS und die Zurich bieten entsprechende Deckungskonzepte.

streik_GDLOffiziell seit heute Nacht läuft der längste Streik (Foto: GDL / Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) in der Geschichte der deutschen Bahn. Die GDL Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (www.gdl.de) lässt ihre Muskeln spielen. Die Auswirkungen, sprich der Schaden, für Betriebe und auf Lieferketten kann bisher niemand beziffern. Der Ruf nach entsprechenden Absicherungen wird laut. Und tatsächlich haben bereits einige Versicherungsunternehmen reagiert beziehungsweise im Vorfeld die Leistungen ihrer Betriebsunterbrechungs-Policen entsprechend erweitert. Eine klassische Sach- und Betriebsunterbrechungs-Versicherung würde entstehende finanzielle Schäden durch Streik nicht abdecken. Doch führende Industrie-Versicherer bieten Allgefahren-Deckungen an, die auch Schäden, die durch Streiks entstehen, auffangen.

Als erste ist hier die AGCS Allianz Global Corporate & Specialty SE (www.agcs.allianz.com) zu nennen, die schon länger eine sogenannte „Non-Damage Business Interruption"-Police anbietet. Diese Police könnte jetzt der Deutschen Bahn (www.bahn.de) gut zupass kommen. Die Non-Damage-Police kommt Unternehmens-Angaben zufolge für Rückwirkungsschäden aus Betriebsunterbrechungen auch ohne vorangegangenen Sachschaden auf. Auslöser können beispielsweise Streik, Stromausfall oder politische Risiken sein (Globale Lieferketten sind sehr verwundbar).

Die Allianz Global Corporate & Specialty, die sich als führender internationaler Industrieversicherer für Unternehmens- und Spezialrisiken am deutschen Markt versteht, registriert schon seit Monaten, dass Industrieunternehmen verstärkt nach neuartigen Betriebsunterbrechungsdeckungen in Bezug auf Streik und politische Unruhen fragen.

Volker Münch"In vielen Branchen nimmt der Anteil der eigenen Wertschöpfung ab. Die Zahl der externen Lieferanten steigt - und diese kommen heute aus der ganzen Welt. Zudem praktizieren viele Unternehmen Just-in-time-Lieferung und halten selbst nur noch geringe Lagerbestände vor. Fällt ein externer oder auch interner Lieferant aus, kann dies schnell zu Engpässen und schlimmstenfalls zum Stillstand der Produktion führen", sagt Volker Münch (Foto rechts: AGCS). Als Head of Corporate Underwriting im Chief Underwriting Office Property verantwortet er die Implementierung der weltweiten AGCS-Strategie zu Sachschaden-Policen. Es dürfe beim betroffenen Versicherungsnehmer kein Ausschluss vorliegen, wie beispielsweise im Falle von Japan für Erdbebenschäden, macht Münch deutlich. Er ist bei der AGCS in Deutschland auch für die Entwicklung neuer Versicherungsprodukte in diesem Bereich zuständig.

Münch weist darauf hin, dass als Auslöser gängige Deckungskonzepte heute stets einen  unmittelbaren Sachschaden festlegen. Bei vielen Betriebsunterbrechungen sei dies jedoch gar nicht der Fall. In diesem Zusammenhang erinnert Muench an die Vulkanaschewolke, die den Flugverkehr lahmlegte, oder Stromausfälle und Streiks. „Gegen solche Ausfälle möchten sich aber immer mehr unserer Kunden absichern. Wir haben für diese Nachfrage eine neue Deckung für Betriebsunterbrechungen (BU) ohne Sachschaden entwickelt. Damit geben wir uns als Versicherer auf unbekanntes Terrain."

Zurich: Allgefahren-Ansatz steht im Vordergrund
Auch bei der „SCI Supply Chain Insurance" der Zurich (www.zurich.de) steht der Allgefahren-Ansatz im Vordergund (Erste Allgefahren-Deckung bei Lieferkettenstörungen). Das bedeutet: Jedes Risiko - ob Erdbeben, Aschewolke oder Truckerstreik - ist versichert, sofern es nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Die SCI-Police reicht Zurich-Angaben zufolge im Zusammenhang mit der Betriebsunterbrechungsversicherung üblicherweise über die versicherten Rückwirkungsschäden hinaus. Dazu sei kein vorausgehender Sach-Substanzschaden erforderlich, heißt es. Die Deckung beziehe sich auf die gesamte Lieferkette und wird nicht auf den direkten Zulieferer begrenzt.

"Nur wenigen Unternehmen sind die finanziellen Risiken im Fall einer Lieferkettenunterbrechung tatsächlich bekannt. Und das, obwohl solche Ereignisse je nach Bedeutung und Länge des Ausfalls existenzbedrohend sein können", sagt ein Zurich-Sprecher.

Die Nachfrage hierzulande komme in erster Linie von Herstellern und Unternehmen mit Umsatzgrößen zwischen 300 Millionen und 1,5 Milliarden Euro -  insbesondere dann, wenn die Güter mit hohen Margen produziert werden. "Unsere Risk-Ingenieure oder von uns lizenzierte Spezialisten des Industrieversicherungs-Maklers analysieren bei einer Risikobewertung gemeinsam mit dem Unternehmen, wie ihre Lieferketten aufgebaut sind und wo Unterbrechungen potentiell möglich wären. Die genaue Bewertung ist der erste Schritt auf dem Weg zur maßgeschneiderten Deckung", heißt es bei der Zurich. Um die individuellen Lieferkettenrisiken von Unternehmen umfassend zu analysieren, gehört im Vorfeld eine detaillierte Risikobewertung dazu. Vergleichbar sei dieser Prozess im weitesten Sinne beispielsweise mit einer Betriebsunterbrechungs-Analyse. Die SCI-Analyse sei jedoch viel tiefer gehend angelegt.

GefahrErfüllungsschäden - in der Haftpflichtversicherung generell nicht versichert
Bei der Axa Konzern AG (www.axa.de) in Köln sind Betriebsunterbrechungen durch Streiks nur schwer versicherbar. Das Axa-Argument gegenüber den Medien: „Wenn der Schuldner seine vertraglich zugesagten Leistungen nicht erbringt, also seinen Vertrag nicht erfüllt und einem Dritten als Folge daraus ein Schaden entsteht, spricht man versicherungstechnisch von einem Erfüllungsschaden. Derartige Erfüllungsschäden sind in der Haftpflichtversicherung generell nicht versichert. Dies gilt auch, wenn beispielsweise die Bahn aufgrund eines Streiks ihre Beförderungsverpflichtung gar nicht erfüllt. Anders als bei Nichterfüllung verhält es sich, wenn wegen einer mangelnden Ausführung jemand zu Schaden kommt. Derartige Schäden sind durchaus versicherbar." (-el / www.bocquel-nes.de

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