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Konzepte und Kriterien

Versicherer als Vorbilder in Sachen Compliance

23. Februar 2015 - Zum Thema Compliance fanden Experten von PwC, Wissenschaftler und Meinungsforscher heraus, dass 90 Prozent der Versicherer hierzulande in ihren Unternehmen ein Compliance-Management-System eingerichtet haben. Verbesserungsbedarf bestehe bei der Korruptionsbekämpfung.

Während in Wirtschaftsunternehmen ganz allgemein beim Thema Compliance noch zahlreiche Ungereimtheiten an der Tagesordnung sind, haben über 90 Prozent der Versicherer in ihren Unternehmen ein Compliance-Management-System eingerichtet. Die Versicherungs-Branche hat sich damit in den vergangenen Jahren zum Vorreiter in Sachen Compliance gemausert. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Sonderauswertung zu Wirtschaftskriminalität und Compliance in der Versicherungs-Branche (Titelseite der PwC-Studie nebenstehend) im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC (www.pwc.de) sowie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (www.uni-halle.de) - durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid (www.tns-emnid.com). Der Jurist Eberhard Krügler definiert „Compliance so: „Der Begriff Compliance steht für die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen, regulatorischer Standards und Erfüllung weiterer, wesentlicher und in der Regel vom Unternehmen selbst gesetzter ethischer Standards und Anforderungen“,

Der aktuellen Umfrage von Wirtschaftsprüfern und Meinungsforschern zufolge haben die Versicherer innerhalb von vier Jahren in Sachen Compliance-Management enorme Maßstäbe gesetzt, denn bei der letzten Befragung im Jahr 2011 hatten erst 48 Prozent der Assekuranzen ein Compliance-Management-System eingerichtet. „Dies liegt deutlich über dem Durchschnitt aller im Rahmen unserer branchenübergreifenden Studie im Jahr 2013 befragten Unternehmen, bei der 74 Prozent aller Unternehmen angegeben haben, über ein solches System zu verfügen“, heißt es bei PwC.

„Die Erfolge der strengeren Compliance lassen nicht auf sich warten. Die Wirtschaftskriminalität befindet sich in der Versicherungs-Branche seit 2007 insgesamt im Rückgang“, sagt Alexander Hofmann (Foto: PwC), Leiter des Bereichs Versicherungen bei PwC. Zuletzt jedoch sei die Zahl der bekannt gewordenen Verstöße in einigen Segmenten gestiegen. Laut Hofmann berichten Versicherer deutlich häufiger über Fälle von Geldwäsche, jedes vierte Unternehmen war hiervon schon einmal betroffen. Hofmann: „Wir führen dies aber auf die besseren Kontrollen zurück, die infolge des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten, dem Geldwäschegesetz, eingeführt oder weiter verfeinert wurden. Dadurch werden mehr Vorfälle aufgedeckt, bevor sich die präventive Wirkung eines Compliance-Management-Systems überhaupt zeigen kann.“

Bei wettbewerbswidrigen Absprachen besteht Handlungsbedarf
Handlungsbedarf bestehe allerdings im Bereich der wettbewerbswidrigen Absprachen. Die Umfrage zeige, dass spezielle kartellrechtliche Compliance-Programme auch bei Versicherern kaum verbreitet sind. Nur 30 Prozent aller Befragten verfügen demnach hierüber, obwohl das Bundeskartellamt im Jahr 2005 wegen Kartellabsprachen hohe Bußgelder gegen Industrieversicherer verhängt hatte. Auch schätzt jeder vierte Versicherer den Umsatzanteil, der auf wettbewerbswidrigen Absprachen beruht, in der eigenen Branche auf 10 bis 19 Prozent.

„Das Dunkelfeld dürfte jedoch erheblich größer sein, da die Compliance-Management-Systeme in der Versicherungswirtschaft die kartellrechtlichen Aspekte noch nicht im ausreichenden Maße abdecken“, sagt Gunter Lescher, Partner für Forensic Services bei PwC.

Bei der Bekämpfung der Korruption besser aufgestellt
Laut Umfrageergebnis ist die Versicherungs-Branche bei der Bekämpfung von Korruption besser aufgestellt. Knapp zwei Drittel der Befragten haben als Teil der Compliance ein Antikorruptions-Programm eingeführt. Die Erfolge zeigten sich in einem kontinuierlichen Rückgang von Korruptionsdelikten. Gleichwohl müsse man auch hier von einem weiterhin hohen Dunkelfeld ausgehen.

So berichteten 16 Prozent der Versicherer über einen bloßen Verdachtsfall – ein Wert, der dem branchenübergreifenden Durchschnitt entspricht. Auch meinten 21 Prozent der Versicherer, dass sie infolge von Korruption eines Wettbewerbers eine Geschäftsmöglichkeit verloren haben; damit liegen die Versicherer nur unwesentlich unter dem branchenübergreifenden Durchschnitt (26 Prozent).

Im Bereich Wirtschaftskriminalität dominieren Vermögensdelikte
Überdies dominieren im Bereich Wirtschaftskriminalität weiterhin Fälle von Vermögensdelikten. Auch die hiermit einhergehenden Reputationsschäden, die gerade die Versicherungs-Branche besonders empfindlich treffen, haben seit der letzten Befragung 2011 erheblich zugenommen. Deutlich häufiger als die Unternehmen aller Branchen berichteten die Versicherer zudem über den Diebstahl vertraulicher Kunden- und Unternehmensdaten.

Einer Statistik der BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (www.bafin.de) aus dem Jahr 2013 mussten die Versicherer einen Schaden von 40,9 Millionen Euro durch Veruntreuung hinnehmen, die 480 Personen verschuldet hatten. Im Jahr 2012 waren hatten sich solche Schäden „nur“ auf 18,1 Millionen Euro summiert, die von insgesamt 401 Mitarbeitern verursacht wurden.

Demnach verzeichnen sie zudem einen signifikanten Anstieg der bekannt gewordenen Fälle im Bereich der Geldwäsche. „Um diesen Gefahren vorzubeugen, müssen die Unternehmen ihre Compliance-Management-Systeme insbesondere auch auf diese spezifischen Risiken gezielt ausrichten. Die Versicherungs-Branche hat bereits erkannt, dass Hinweisgeber-Systeme ein hoch effektives Instrument zur Aufdeckung von Delikten sind. Doch damit diese richtig greifen, empfiehlt es sich, sie nicht nur für die eigenen Mitarbeiter, sondern auch für Geschäftspartner und Kunden zu öffnen“, sagt Gunter Lescher (Foto: PwC).

Das Resümee von Hofmann und Lescher: Die Studie ergab, dass nun, da viele Versicherungsunternehmen ihre Compliance-Organisation aufgebaut haben, die Qualität der gewählten Lösungen auf dem Prüfstand steht. Der Prüfungsstandard 980 des IDW Instituts der Wirtschaftsprüfer (www.idw.de) ist demnach mittlerweile jedem zweiten Versicherer bekannt, und jedes dritte hat seine Compliance bereits von unabhängigen Prüfern beurteilen lassen.

Wirtschaftsprüfer nehmen Teilbereich Vertrieb unter die Lupe
Hintergrund hierfür ist der vom GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) überarbeitete Verhaltenskodex (Schon zwei Drittel stehen auf der Compliance-Liste). Dieser Verhaltenskodex sieht nun den Angaben zufolge eine Prüfung der Angemessenheit oder Wirksamkeit des Compliance-Management-Systems für den Teilbereich Vertrieb durch einen Wirtschaftsprüfer vor. (-el / www.bocquel-news.de)

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