21. Dezember 2015 - Die Zurich Gruppe Deutschland muss „abspecken“, will aber gleichzeitig wachsen und an Marktanteilen zulegen. Trotz Sparkus sollen innerhalb der nächsten fünf Jahre 200 Millionen Euro in den digitalen Umbau investiert werden. Außerdem reifen die Planungen für einen Neubau in Köln.
„Wir sind noch zu komplex, zu schwerfällig, zu teuer und in einigen Bereichen auch zu langsam“, sagte Ralph Brand (im Foto rechts), Vorstandsvorsitzender der Zürich Beteiligungs-AG Deutschland (www.zurich.de), im Gespräch mit Journalisten. Gemeinsam mit Marcus Nagel (im Foto links), CEO Global Life Germany der Zurich, berichtete er über Maßnahmen und Herausforderungen, die für den bereits eingeleiteten Umbau der Gruppe, eine Verschlankung der Strukturen und den Weg in die Digitalisierung auf der Tagesordnung stehen.
Die Zurich Gruppe Deutschland, mit 22 rechtlich selbstständigen Einheiten an mehreren Standorten, wird in einem Neubau in Köln (Entwurf im Foto) vor allem wesentliche Teile der jetzigen Standorte in Bonn und Köln zusammenlegen. Erstmals präsentierten beide Zurich-Vorstände einen schematischen noch nicht verabschiedeten Entwurf des künftigen Neubaus in Köln, der rechtsrheinisch nahe dem Gelände der Köln-Messe Deutz liegt. Wie Ralph Brand sagte, laufen die Gespräche mit dem Projektentwickler noch. Eine vertragliche Vereinbarung existiert demnach noch nicht. In dem Neubau sollen rund 3.000 Arbeitsplätze zusammengelegt werden. Allerdings werde die Zurich nicht als Eigentümer einziehen, sondern die Räumlichkeiten für 20 Jahre mieten. Der Umzug werde voraussichtlich Ende 2018 sein. Noch keine Entscheidung sei darüber gefallen, was aus den frei werdenden Gebäuden der Zurich in Bonn und Köln wird.
Im Zuge des Konzernumbaus und des Neubaus soll die komplexe Struktur mit den 22 selbstständigen Einheiten auf 14 Gesellschaften heruntergebrochen werden. Es sei außer Frage, die Struktur genauer anzuschauen, weil „sie ein hoher Kostenfaktor ist“, hob Ralph Brand hervor.
Die deutsche Zurich-Gruppe wird in den kommenden fünf Jahren mehr als 200 Millionen Euro in den digitalen Umbau investieren – vor allem im Sachversicherungsbereich. Und 50 bis 60 Millionen Euro an Investitionskosten werden laut Marcus Nagel in den Lebensversicherungsbereich fließen. „Das ist das größte Investitionsprojekt der Gruppe in einem Land“, machte Ralph Brand deutlich.
Erhöhtes Umsetzungsrisiko, aber auch erfolgsversprechender
Die Digitalisierung beschränkt sich nicht allein auf die Zurich in Deutschland, sondern betreffe die Gruppe in ihrer Gesamtheit. Das berge naturgemäß ein erhöhtes Umsetzungsrisiko, sei aber auch erfolgsversprechender. Das, was die Zurich hier vorhabe, sei bisher in der Branche einzigartig. „Davon gibt es keine Blaupause“, versicherten beide Vorstände.
Eigens für die digitale Transformation gründete die Zurich Deutschland die sogenannte „Competence-Hub Digitalisierung“ (CHD). Dr. Ulrich Mitzlaff, bei der Zurich Chief Operating Officer Life, und Horst Nussbaumer, bei der Zurich Chief Operating Officer General Insurance, leiten die CHD. "In diesem 'Think Tank' für Digitalisierungsideen kann jeder Mitarbeiter Ideen einbringen - Querdenken ist erwünscht. Digitalisierung darf keine Kulissenschieberei sein, sie muss im Kern des Unternehmens stattfinden. Diese muss auch Teil unserer Unternehmenskultur werden", so Ralph Brand.
Dunkelbearbeitungs-Quote im Privatkundengeschäft auf 90 Prozent anheben
Der Fokus der Digitalisierungsarbeiten richtet sich derzeit auf das Schadenmanagement, das künftig konzern- und weltweit mit einer sogenannten Guidewire-Technik funktionieren soll. So beabsichtige man beispielsweise die Dunkelbearbeitungs-Quote im Privatkundengeschäft von heute „unter 10 Prozent auf möglichst 90 Prozent“ anzuheben. Auf dem Weg zum sogenannten Omnikanal steht die Vernetzung aller Vertriebswege an. Die Zurich Gruppe Deutschland hat hier bereits Einiges realisiert, wie Dr. Ulrich Mitzlaff bereits beim diesjährigen Future-Talk vorgestellt hatte (siehe Artikel in den bocquel-news In die digitale Welt - mit mehr Mut zum Experiment).
Mit Blick auf das operative Geschäft der Zurich hierzulande sagte Vorstands-Chef Brand zu den Journalisten: „Unser Ziel ist überdurchschnittliches Wachstum.“ Derzeit verfügt der Lebensversicherer der Zurich in Deutschland über einen Marktanteil von 4,5 Prozent; in der Sachversicherung betrage er 4,0 Prozent. Man wolle hauptsächlich organisch wachsen, wobei Zukäufe gegebenenfalls nicht gänzlich auszuschließen seien.
In den nächsten fünf Jahren möchte der Zurich-Deutschland-Vorstand 100 Millionen Euro einsparen. In wieweit das auch den in früherer Zeit erwähnten Abbau von Arbeitsplätzen betrifft, könne derzeit nicht konkret festgemacht werden. Man setze auch auf Einsparungen bei Sachkosten und auf Produktivitätszugewinne durch mehr Effizienz.
Inzwischen liegen die Zahlen der ersten der Quartale des Geschäftsjahres 2015 vor. Danach wuchs die Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung AG im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,7 Prozent auf 3,125 Milliarden Euro bei den Beitragseinnahmen. Die Überschussbeteiligung für 2016 wird mit 2,3 (2015: 2,8) Prozent angegeben. Inklusive Schlussgewinnanteil beläuft er sich auf 2,95 (2015: 3,5) Prozent. Der durchschnittliche Garantiezins wird mit 3,1 Prozent angegeben.
Längst fit für Solvency ll
Gut aufgestellt für Solvency ll ist die Zurich laut Marcus Nagel. Die geforderte Eigenkapital-Quote werde man auch ohne Übergangsregeln erreichen. 2014 erreichte die Solvabilitäts-Quote bei Testrechnungen 136,1 Prozent. In der Lebensversicherung hatte die Zurich frühzeitig Abstand von traditionellen Garantien genommen und sich auf neue Produkte ausgerichtet. „Das zahlt sich hier aus“, verdeutlichte Marcus Nagel. In der Praxis bedeutet das, dass die Zurich kein klassisches Leben-Geschäft mehr betreibt - mit Ausnahme der Konsortialrenten-Produkte, die über den Bankschalter der Deutsche Bank laufen. 54 Prozent des gesamten Leben-Neugeschäfts fährt die Deutsche Bank für die Zurich ein.
Schaden-Kosten-Quote liegt über 100 Prozent
Erfolgreich sei auch das Sachversicherungs-Geschäft der Zurich Gruppe Deutschland verlaufen, erfuhren die Journalisten. In den ersten drei Quartalen 2015 wurde hier eine Steigerung um rund 3 Prozent auf circa 2 Milliarden Euro erzielt. Davon entfielen – unverändert im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - 336 Millionen Euro auf das Industrieversicherungsgeschäft. Schließlich berichtete Ralph Brand noch, dass die kombinierte Schaden-Kosten-Quote bis Ende September auf 101,2 (Vorjahreszeitraum: 96,4) Prozent angestiegen war. (-el / Foto: E. Bocquel / www.bocquel-news.de)
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