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In die digitale Welt - mit mehr Mut zum Experiment

7. Dezember 2015 - Digitalisierung ist nicht nur ein Thema für IT-Abteilungen der Assekuranz, sondern für das gesamte Wertschöpfungsmodell – mit Fokus auf den Kunden. Was will der Kunde? Beim Future.Talk ermunterte Zurich-Vorstand Dr. Mitzlaff zu Visionen für Projekte, die auch ein Scheitern erlauben.

„Die Versicherer haben noch nicht verstanden, was Digitalisierung für die Branche tatsächlich bedeutet.“ Ein provokanter Satz, den Dr. Ulrich Mitzlaff mit Argumenten belegt. Während des „Future.Talk 5 / 2015“ - vergangene Woche in Bonn - sprach der Chief Operating Officer (COO) für das Lebengeschäft in der Zurich Gruppe Deutschland (www.zurich.de) nicht nur über den Ist-Zustand der Digitalisierung in der Assekuranz, sondern auch darüber, welche Chancen derzeit noch unbeachtet und ungenutzt beiseite liegen. Den Future.Talk hatte diesmal die Zurich gemeinsam mit dem Schweizer Institut für Versicherungswirtschaft I.VW-HSG St. Gallen (www.ivw.unisg.ch) ausgerichtet. Experten aus der gesamten Assekuranz sowie andere Wissenschaftler ließen sich sagen, dass die digitale Welt, in die sich die Assekuranz hineinbewegt, aus einer Reihe veränderter Umweltfaktoren bestehe, auf die es sich einzustellen gilt, um nicht einst selber aus dem Markt gedrängt zu werden.

Die Ergebnisse der Studie „Industrialisierung der Assekuranz in einer digitalen Welt“, die das I.VW-HSG gemeinsam mit dem ebenfalls schweizerischen Softwareentwickler Adcubum AG (www.adcubum.com) erarbeitet hatte, boten quasi die Basis für weiterführende Vorträge und Workshops, denen sich die Teilnehmer beim Future.Talk teilweise höchst emotional widmeten.

Jeder weiß um die hohen Beträge und Kosten, die Versicherer bei der Budgetierung ihrer Digitalisierungs-Aktivitäten berücksichtigen. Die Bedenken, dass sich alles erfolgreich rechnen müsse, bestimmen zumeist ihr Handeln. Für Experimente würden die Assekuranzen zu wenig Raum zulassen, sagte Dr. Ulrich Mitzlaffs in seinem Vortrag. „Wir müssen neugierig bleiben. Mehr Mut - warum nicht offen sein und experimentell noch etwas wagen, auch wenn man es später in den Sand setzt?“

Digitalisierung ist nicht nur ein Thema für die IT-Abteilung
Die großen Bekenntnisse zu mehr Kundenfreundlichkeit würden Worthülsen bleiben, wenn sie nicht im Fokus beim Weg in die Veränderung in der digitalen Welt stehen. Fälschlicher würden Viele glauben, dass die Digitalisierung nur ein Thema für die IT-Abteilung sei. Um aber erfolgreich den Schritt in die digitale Welt zu schaffen, sei ein Umdenken der ganzen Organisation erforderlich. Unter dem Oberbegriff Digitalisierung dürften Automatisierung und Standardisierung im Versicherungs-Unternehmen nicht nur zum Selbstzweck gereichen; vielmehr müsste ein hohes Maß an digitaler Entwicklung auf den Kunden ausgerichtet werden.

Dr. Ulrich Mitzlaff (Foto) betonte, dass sich das Kundenverhalten weiterhin signifikant verändere. So würde jeder Zweite Versicherungen – wenn möglich – online kaufen. Der Zurich-Vorstand, der im Konzern unter anderem die Life Operations Germany (das operative Lebengeschäft hierzulande) verantwortet, sprach davon, dass die Kunden „hybrid“ werde, denn 85 Prozent von ihnen seien bereit, Self-Services zu nutzen. „Research Online“ ist demnach angesagt, denn 75 Prozent der Vermittler würden die Erfahrung machen, dass sich ihre Kunden schon heute vorab online über Produkte und Preise informieren.

Durch die Digitalisierung steige die Marktdynamik, konstatierte Mitzlaff. Jeder zweite Versicherer hierzulande strebe eine Digitalisierung seiner gesamten Wertschöpfungskette an. Jetzt komme es darauf an, nicht in abgetroschenen Bahnen, sondern fundamental weiter zu verfahren. In der digitalen Welt gehe es nicht nur um die Optimierung durch Prozesse, sondern vielmehr um eine Lösung mit Blick darauf, was der Kunde wirklich will. Die derzeit viel zitierten Herausforderungen an die Assekuranzen – wie Niedrigzins, Solvency II und/oder Internationalisierung – existieren selbstredend, doch vor allem „müssten wir verstehen, was die Kunden wirklich beschäftigt“.

In erster Linie müsse man hier eine Vision haben, wie das Wertschöpfungsmodell des eigenen Unternehmens zukünftig aussehen soll. Die Hauptfrage hierbei: „Was macht unser Unternehmen aus der Perspektive des Kunden einzigartig?“

Automatisierte BU-Risikoprüfung
Mitzlaff berichtete am Beispiel der automatisierten Risikoprüfung für die Berufsunfähigkeits-Versicherung (BU) im eigenen Unternehmen, dass hier die Zurich mit der Einführung dieser Automatisierung am Point auf Sale seit Oktober 2013 sowie der sogenannten „eSignature“ bereits einen wesentlichen Meilenstein in Sachen „end-to-end“ erreicht habe. Er könne im Ergebnis von einer dreifachen Win-Situation berichten: für den Kunden, den Vermittler und den Versicherer. Dazu muss man wissen, dass die Branche beispielsweise vom Antrag einer BU – über die Bearbeitung und Risikoprüfung – bis zur Policierung mit durchschnittlich circa 160 bis 165 Tagen Bearbeitungsdauer rechne. Es könnte aber auch schon mal 190 Tage dauern. Im September 2015 hatte die Zurich die „Straight-Through-Processing-Rate" bereits zu 77 Prozent realisiert – Tendenz steigend. Unterm Strich konnte die Bearbeitungsdauer auf unter 100 Tage gedrosselt werden. Die schnellere Bearbeitung - positiv für die Kunden und Vermittler, weil es schneller in Sachen Preisgestaltung und Zeit gehe, und für den Versicherer, weil damit im Endeffekt Prozesskosten gespart werden.

Was dem Zurich-Kunden bei der BU außerdem zugutekomme, sei das Tracking der Leistungsbearbeitung auf Basis eines Service-Code-Verfahrens, das als Pilotprojekt seit April 2015 erfolgreich läuft. „Das steigert jetzt die Kundenzufriedenheit dauerhaft“, betonte Dr. Ulrich Mitzlaff (Foto). Ganz klar werde die Weiterentwicklung der digitalen Technologien die Geschäftsmodelle der Versicherer verändern. Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Alles ist mit allem vernetzt. Heutzutage ist die Rechenpower unendlich. Der Einsatz von natürlichen Sprachcomputern und Sensoren ist vielfach schon Realität. Hier müsse die Fragestellung umformuliert werden in „Was ist die Zukunft?“ Wie soll „unsere zukünftige Wertschöpfungskette aussehen?“.

Dem Plenum beim Future.Talk nannte der Zurich-Vorstand als Beispiel etwa das „Smart Home“ der Telekom. In Deutschland gab es demnach Ende 2013 bereits rund 315.000 intelligent vernetzte Privathaushalte à la Smart Home. Im Jahr 2020 würde es rund eine Millionen solcher vernetzter Haushalte hierzulande geben.

Es geht um Visionen
Projekte wie diese und andere sind das Ergebnis von Visionen. Bei der Zurich gibt es – ähnlich wie beim Wettbewerber Axa (www.axa.de) - eine Arbeitsgruppe, in der Zukunftsvisionen zur Sprache kommen, teilweise weiterverfolgt und später realisiert werden. Dazu treffen sich innerhalb der Zurich Gruppe Deutschland regelmäßig Mitarbeiter und/oder Führungskräfte aus allen möglichen Bereichen im sogenannten Innovations-Lab. Die Ideen der vor allem jüngeren und jung gebliebenen Mitarbeiter sind gefragt. Gleiches geschehe auch international in der gesamten Zurich Insurance Group.

Da gehe es um die ganze Bandbreite der Veränderungen in der digitalen Welt, die nicht nur die Technologie, sondern unter anderem auch die Produktentwicklung, das Underwriting, die Kundenberatung und vor allem die Prävention betreffen. „Wir müssen den Kunden nicht erst bei der Schadenleistung abholen, sondern im Vorfeld auf bestehende Risiken hinweisen und auch dem Privatkunden ein echtes Risk Management ermöglichen.

Nicht unter seinem Niveau bleiben
Dr. Ulrich Mitzlaff schloss treffend mit einem Zitat von Martin Walser: „Wer dauernd begreift, was er tut, bleibt unter seinem Niveau.“ (eb-db / Fotos Zurich / www.bocquel-news.de)

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