15. August 2013 - Nur durch radikalen Umbau der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV) wird nach Einschätzung des Instituts für Mikrodaten-Analyse (IfMDA) das duale Gesundheitssystem demografiefest - nicht durch die Bürgerversicherung.
Den Weg in eine Bürgerversicherung lehnen Wissenschaftler des IfMDA Instituts für Mikrodaten-Analyse (www.ifmda.de) ab. Bei der Vorlage der Studie "GKV/PKV-Reformagenda: Reformierte Dualität" in Berlin skizzierte Institutsleiter Dr. Thomas Drabinski die Schaffung einer neuen GKV und neuen PKV, die im Gegensatz zur heutigen Situation "generationengerecht, konjunkturunabhängig, demografieresistent und sozial" ausgeglichen sein würden. Der Ansatz zur reformierten Dualität ziele darauf ab, "Staatsversagensbereiche der GKV zu beseitigen und die Marktversagensbereiche der PKV abzubauen".
Bereits im vergangenen Jahr hatte ein gemeinsames Forschungsprojekt zur "GKV/PKV-Systemgrenze" von der PremiumCircle Deutschland GmbH und des IfMDA Instituts für Mikrodaten-Analyse für Unruhe gesorgt ("PKV und GKV gleichermaßen vorgeführt"). Die IfMDA-Experten machen inzwischen hierzu 30 Einzelvorschläge, wobei sich dieser Bericht in den bocquel-news auf den Bereich der PKV konzentriert.
Portabilität der Alterungsrückstellungen herstellen
Tiefe Einschnitte schlägt Drabinski bei den Alterungsrückstellungen der PKV vor. Für alle PKV-Bestandsversicherten sollten diese individualisiert werden und ihre Höhe einmal im Jahr dem Versicherten mitgeteilt werden. Gleichzeitig sollen verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen für die Portabilität der Alterungsrückstellungen geschaffen werden. Der Wettbewerb in der PKV könne sich nur dann entwickeln, wenn die Alterungsrückstellungen individuell zugeordnet und beim Wechsel zu einem anderen PKV-Unternehmen übertragen werden könnten, heißt es in der Studie.
Die FDP hat sich den Angaben zufolge in ihrem Wahlprogramm dafür ausgesprochen, dass Konzepte zur Portabilität von Alterungsrückstellungen entwickelt werden. Rechtlich völlig offen sei, ob denn der Gesetzgeber in bestehende Vertragsverhältnisse, in denen eine Mitnahme der Alterungsrückstellungen ausdrücklich ausgeschlossen sind, eingreifen darf. Der PKV Verband der privaten Krankenversicherung (www.pkv.de) wollte sich zu den Vorschlägen des Instituts nicht äußern.
Provisionen in der PKV sollen weiter gedeckelt werden
Eingreifen will Dr. Thomas Drabinski (Foto: IfMDA) auch in die Gestaltung der Verkaufsanreize im Vertrieb. Die Provisionen für Vermittler, die der Gesetzgeber beim Abschluss einer privaten Krankenvollversicherung auf Wunsch des PKV-Verbands auf neun Monatsbeiträge gedeckelt hatte, sollen auf vier Monatsbeträge weiter reduziert werden. Für einen Wechsel von einem zum anderen PKV-Unternehmen sollen maximal zwei Monatsbeiträge an einen Vermittler fließen dürfen.
Der Autor spricht sich für die Schaffung eines Mindestkriterien-Tarifs aus, bei dem dann auch Kontrahierungszwang bestehen soll. Hierdurch soll eine "soziale Komponente" in der PKV eingeführt werden. Um zu mehr Wettbewerb zu kommen, sollen auch GKV-Kassen den neuen PKV-Mindestkriterien-Tarif anbieten dürfen.
Auf der anderen Seite wird vorgeschlagen, die Wechselmöglichkeiten zur kapitalgedeckten PKV deutlich zu erleichtern. Die GKV-Versicherungs-Pflichtgrenze soll in Bezug auf das Familieneinkommen auf 3.000 Euro im Monat sinken. Die Risikozuschläge in der PKV sollen auf 30 Prozent begrenzt werden.
GKV soll über 20 Jahre Rücklagen aufbauen
Um im Umlagesystem der GKV die zukünftigen vermehrten Ausgaben für die geburtenstarken Jahrgänge 1953 bis 1970 bewältigen zu können, sollen in den nächsten 20 Jahren Rücklagen gebildet werden. "Die Finanzierung muss ein Mix aus Eigenvorsorge, Zuschläge für Kinderlose und Steuerzuschüsse sein." Nach den Berechnungen des IfMDA besteht in der GKV eine Unterfinanzierung von mindestens sechs Jahresausgaben. Dies wären gut 1,1 Billionen Euro (1.128 Milliarden Euro).
Die Forderung von Rücklagenbildung in den gesetzlichen Sozialsystemen ist nicht neu. So hatten sich etwa SPD und DGB Deutscher Gewerkschaftsbund (www.dgb.de) gegen die jüngsten Beitragssenkungen in der Rentenversicherung ausgesprochen und eine Reservebildung angemahnt. Es zeige sich allerdings immer wieder, dass in der Politik und bei Sozialverbänden Begehrlichkeiten aufkommen, wenn wie heute die GKV und die Rentenversicherung über beachtliche Rücklagen verfügen. Und auch der Finanzminister hält dann die Gelegenheit für günstig, Bundeszuschüsse zu kürzen. (brs / www.bocquel-news.de)
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