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Konzepte und Kriterien

GDV fordert neues Gesetz für Bewertungsreserven

11. Februar 2013 - Die umstrittenen Abschläge bei Lebensversicherungen sorgen weiterhin für kontroverse Diskussionen. Der dafür eingesetzte Vermittlungsausschuss in Berlin werde aber kaum mehr vor der Bundestagswahl eine Entscheidung über die LV-Bewertungsreserven fällen.

Streit um Bewertungsreserven
Für die Kunden der Lebensversicherer stellt sich die Situation ihrer Beteiligung an den Bewertungsreserven der Assekuranz so dar: Die sogenannten Bewertungsreserven werden am Ende eines LV-Vertrages zusätzlich ausbezahlt. Derzeit sind sie trotz Niedrigzinsphase besonders hoch, weil sie beim Vertragsabschluss den Kunden garantiert wurden. Zur Absicherung dieser Garantien müssen die Versicherungskonzerne vor allem auf festverzinsliche Wertpapiere. Vor Jahren warfen sie deutlich höhere Zinsen ab als heute. Einigen Lebensversicherern fällt es heutzutage schwer, die ihren Kunden garantierten Summen auch tatsächlich auszuzahlen.

 

Die Regierungs-Koalition will die Versicherungskonzerne nun entlasten und die Beteiligung der Versicherten an den zur Zeit besonders hohen Bewertungsreserven begrenzen. Für die Besitzer auslaufender LV-Verträge würde das hart, so sind sich die Verbraucherschützer sicher, weil sie bei der Auszahlung auf viel Geld verzichten müssten. Selbst eine nachträgliche eingebaute Härtefall-Klausel sieht einen Abschlag von 5 Prozent vor. Das würde die LV-Auszahlung um mehrere tausend Euro schmälern.

 

Deshalb sollen die Versicherer per Gesetz entlastet werden. Das aber wird von den Betroffenen, den politischen Parteien und den Verbraucherschützern widersprüchlich diskutiert.

Lebensversicherungskunden werden aufgrund der aktuellen Gesetzeslage zu den Bewertungsreserven extrem ungleich behandelt. Das ergeben Schätzungen des GDV Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) auf Basis einer Umfrage unter seinen Mitgliedsunternehmen. Danach haben rund 5 Prozent der Versicherungskunden im Jahr 2012 schätzungsweise zusätzliche Sonderausschüttungen erhalten, die mehr als 50 Prozent der über die Garantieverzinsung hinaus erwirtschafteten Zinsüberschüsse entsprechen. Die hohen Ausschüttungen der Bewertungsreserven führen dazu, dass für die große Mehrheit die laufende Gesamtverzinsung um 0,5 Prozent sinkt.

Alexander Erdmann„Wird die heutige Regelung nicht geändert, muss der größte Teil der Versichertengemeinschaft das auch künftig mit stärker sinkenden Überschüsse bezahlen. Deshalb muss es ein neues Gesetz mit einem fairen Ausgleich zwischen den Versicherten geben", sagt GDV-Präsident Alexander Erdmann (Foto) in einem Interview. Nun verdichten sich Gerüchte aus der Regierungskoalition, dass die vorgesehene Neuregelung zur Beteiligung an den Bewertungsreserven vor der Bundestagswahl im Herbst nicht mehr kommen soll.

Man müsse damit rechnen, dass der Vermittlungsausschuss vor den 22. September 2013, dem Termin für die Wahl des 18. Bundestages, keine Einigung mehr zum Gesetzesvorhaben in Sachen Bewertungsreserven erzielen werde. War's das?

Alexander Erdmann: Das hoffen wir nicht. Es wäre gegen die Interessen der großen Mehrheit der Versicherten, wenn die heutige Regelung bestehen bliebe. Die ist nur für Schön-Wetterphasen gemacht. In der aktuellen Niedrigzinsphase wirkt sie dagegen wie ein Leck im Bootsrumpf. Wir verlieren Substanz, die wir brauchen um alle Versicherten gut durch die Niedrigzinsphase zu bringen. Die bisherige Regelung ist nicht gerecht."

Aber die Verbraucherschützer und Politiker kritisieren, dass eine Neuregelung die Versicherten, die jetzt ausscheiden, tausende Euro kosten würde...

Alexander Erdmann: Dieser Vorwurf greift eindeutig zu kurz: Versicherte, deren Verträge jetzt auslaufen, erhalten „Sonderausschüttungen", mit denen sie noch vor einem Jahr in keiner Weise rechnen konnten. Unsere Bewertungsreserven sind doch „nur" deshalb so stark gestiegen, weil die Zinsen im Laufe von 2012 nochmals weiter gesunken sind. Dass einzelne Versicherungsverträge von einer so massiven Verschlechterung der Anlagebedingungen profitieren - und zwar auf Kosten der übrigen 95 Prozent der Versicherten - zeigt doch, dass die heutige Regelung nicht richtig sein kann.

Das sehen Verbraucherschützer anders...

Alexander Erdmann: An dieser Stelle verstehe ich meinerseits die Verbraucherschützer nicht. Ihr Anliegen muss es doch sein, die Interessen aller Versicherten im Auge zu haben und zu vertreten. Bleibt die heutige Regelung bestehen, wird der größte Teil der Versichertengemeinschaft das künftig mit stärker sinkenden Überschüssen bezahlen müssen. Verbraucherschutz kann sich doch nicht danach ausrichten, was sich tagesaktuell am besten für eine Schlagzeile eignet.

Wie wollen Sie die Politik überzeugen?

Alexander Erdmann: Mit Argumenten! Es geht um Gerechtigkeit für alle Versicherten. Die Aktionäre sollen keinen Vorteil haben. Es ist keineswegs zu spät für einen vernünftigen Kompromiss zwischen den Parteien. Ich bin der festen Überzeugung, dass im Vermittlungsausschuss ein fairer Ansatz für eine Neuregelung gefunden werden kann. Auch die Versicherungswirtschaft ist hier jederzeit zum Dialog bereit, selbstverständlich auch mit den Verbraucherschützern.

Gleichzeitig mit dem Interview von Alexander Erdmann stellt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft eine Grafik zur Verfügung, durch die die Entwicklung der Bewertungsreserven seit dem Jahr 2005 bis 2012 deutlich wird.

GDV Bewertungsreserven

Noch bis Mitte 2009 lagen die Bewertungsreserven nur knapp über 0 Prozent, zuvor waren sie sogar negativ. Erst seit die Kapitalmarktzinsen stetig sinken, steigen die Bewertungsreserven stark an. Die Höhe der Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven war deshalb schon unter der 2008 eingeführten Regelung stark schwankend und von unkalkulierbaren externen Einflüssen wie der aktuellen Niedrigzinspolitik abhängig. Die bisherige Regelung verletzt somit auch das Prinzip der Lebensversicherung, die Kunden an den Erträgen zu beteiligen, die tatsächlich mit ihren Beiträgen erwirtschaftet wurden. Quelle: GDV.

Der GDV greift nicht erst jetzt in die kontrovers geführte Debatte ein, wie der Artikel "Ohne neues Gesetz müssen viele Kunden draufzahlen" von Anfang Februar zeigt. Ganz aktuell äußern sich jetzt Politiker zu diesem Thema in den Medien. „Es wird in dieser Legislaturperiode mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Einigung geben", heißt es dazu in der „Passauer Neuen Presse".

Dagegen sagt Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), dass die Bundesländer eine schnelle Lösung im Streit um die Bewertungsreserven der Lebensversicherer anstreben. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung äußerte er, dass er bis zur nächsten Sitzung des Vermittlungsausschusses am 26. Februar einen Kompromiss mit dem Bundesfinanzministerium erreichen wolle. Norbert Walter-Borjans sitzt für die Länder in der Arbeitsgruppe. „Wenn die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP jetzt aber kalte Füße kriegen, müssen sie klar sagen, dass sie keine Einigung wollen", betonte Borjans. (eb / www.bocquel-news.de)

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