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Namen und Nachrichten

Ist der Spuk nun vorbei? Hilft Fusion statt Verkauf?

13. Dezember 2012 - Bei den öffentlichen Versicherern überschlagen sich die Ereignisse und Statements, seit bekannt wurde, dass die Allianz Deutschland AG ein Angebot zum Kauf der Provinzial NordWest machte. Die Verkaufabsicht ist vom Tisch. Man spricht nun von Fusion.


Die Versicherungsgruppe Provinzial NordWest (www.provionzial.de) mit ihren Verwaltungsstandorten Münster und Kiel wird vermutlich doch nicht das Lager der öffentlichen Versicherer verlassen und vom Versicherungsriesen Allianz (www.allianz.de) gekauft. Seit Wochen hatte die Nachricht des geplanten Deals nicht nur innerhalb der Provinzial-NordWest-Gruppe für helle Aufregung gesorgt ("Allianz will Provinzial für drei Milliarden kaufen"). Nicht nur der Verband der öffentlichen Versicherer (www.voev.de) sondern auch die betroffene Gruppe sowie die Verantwortlichen der Provinzial Rheinland (www.provinzial.com), deren Geschäftsgebiet im Westen direkt an die Region Westfalen angrenzt, berufen sich jetzt auf das ungebrochen funktionierende Geschäftsmodell der öffentlichen Versicherer hierzulande, und dass es weiter bestehen müsse.
Ulrich Rüther
Offiziell kommt dazu eine Verlautbarung aus Münster und Düsseldorf: Der Vorstand der Provinzial NordWest und der Vorstand der Provinzial Rheinland begrüßen die Vereinbarung der Eigentümer, die beiden Unternehmen zu Fusionsgesprächen aufzufordern und damit eine Lösung innerhalb der Gruppe der öffentlichen Versicherer anzustreben.
Ludger Gooßens Der Vorstandsvorsitzende der Provinzial NordWest, Ulrich Rüther (Foto), und der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Provinzial Rheinland, Ludger Gooßens (Foto rechts), kündigten an, in Abstimmung mit den jeweiligen Eigentümern schnellstmöglich gemeinsame Gespräche aufzunehmen. Das Zusammengehen der beiden öffentlichen Versicherer in Nordrhein-Westfalen böte die Chance, beiden Partnern unter der Ausschöpfung wirtschaftlicher Vorteile ihre Verankerung in den Regionen zu sichern. Die Konzernbildung zweier Unternehmen aus den Reihen der öffentlichen Versicherer würde zudem langfristig das in Deutschland einzigartige Geschäftsmodell der öffentlichen Versicherer stärken. (Anmerkung der Redaktion: Dazu sollte man wissen, dass vor Jahren schon einmal die Rede von einem möglichen Zusammengehen der Provinzial Rheinland und der ehemaligen Provinzial Westfalen - ohne die nördlichen Provinzial-Gesellschaften in Kiel - für Aufsehen sorgte. Damals konnten die Eigentümer beider Gruppen, das sind neben den Sparklassen- und Giro-Verbänden auch die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen, zu keiner Einigung kommen.)

Attacke zum Schutz vorgetäuscht
Ein Racheakt wegen Verkaufsplänen? Diese Aussage stellten Nachrichten-Agenturen und Spiegel-online jetzt in Frage und schrieben: Es habe nach einem Racheakt ausgesehen, nachdem „der Chef der Provinzial Nordwest angeblich von einem Unbekannten attackiert wurde. (...) Doch offenbar hat die Attacke auf Ulrich Rüther niemals stattgefunden: Der Manager habe eingeräumt, sich die Attacke ausgedacht und die Verletzungen mit einem Schraubenzieher selbst beigebracht zu haben, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei in Münster mit.
Die Suche nach dem Täter wurde beendet. Gegen Rüther wird nun wegen Vortäuschens einer Straftat ermittelt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft dürften die Ermittlungen allerdings gegen Zahlung einer "angemessenen Geldbuße" eingestellt werden.
Die Provinzial Nordwest bestätigte die Einstellung der Ermittlung. In einer Pressemitteilung heißt es, Rüther habe vor der Staatsanwaltschaft erklärt, dass der Angriff in der vergangenen Woche in der dargestellten Form nicht stattgefunden hat. Mit seinem Schritt habe der Manager „die extrem belastende Phase speziell für seine Frau und seine drei Kinder zum Abschluss bringen" wollen. Schon das bisherige, enorme Presseecho habe zu einer erheblichen, negativen Beeinträchtigung seiner Privatsphäre geführt.
Laut offizieller Mitteilung zeigen sich jetzt Ludger Gooßens und Ulrich Rüther zuversichtlich, bis Ende März eine konkrete Entscheidungsvorlage für die Eigentümer erarbeiten zu können. Beide betonten, den Willen der Eigentümer sehr ernst zu nehmen. Bereits in der Vergangenheit habe man sich konstruktiven Vorschlägen zur Kooperation in den Reihen der öffentlichen Versicherer gegenüber aufgeschlossen gezeigt.

Auch der Vorsitzende des Verbands öffentlicher Versicherer, Ulrich-Bernd Wolff von der Sahl, meldet sich zu Wort und bezeichnet die Rolle der elf öffentlichen Versicherungsgruppen als "stabilen Baustein der Sparkassen-Finanzgruppe und bedeutenden Förderer der Regionen". Die Sparkassen würden als Eigentümer und Vertriebspartner der öffentlichen Versicherer sowohl ökonomische als auch strategische Vorteile aus der Partnerschaft ziehen.

Wolff von der Sahl, der im Geschäftsalltag Chef der SV Sparkassenversicherung in Stuttgart ist, sagt weiter: „Zum einen profitierten die Eigentümer aus der Sparkassen-Finanzgruppe durch stabile Unternehmenswerte, kontinuierliche Erträge und angemessene Provisionen. Zum anderen können die Eigentümer direkt Einfluss auf die Markt- und Produktstrategie ihrer Versicherer nehmen. Deren regionale Verankerung und gesellschaftliches Engagement bilden die Grundlage eines erfolgreichen und nachhaltigen Geschäftsmodells, das nicht allein an der Gewinnerzielung ausgerichtet ist."

Alle Regionen in Deutschland würden vom gesellschaftlichen Engagement der Sparkassen und öffentlichen Versicherer in Kunst, Kultur, Wissenschaft, Sport und sozialen Projekten profitieren. Deshalb seien die Sparkassen und ihre Versicherer gerade für Kommunen und Regionen ein natürlicher Partner. Die öffentlichen Versicherer tragen den Angaben zufolge mit ihren rund 30.000 Mitarbeitern, über 2.000 Auszubildenden und positiven Geschäftsergebnissen von mehreren hundert Millionen Euro zur Wertschöpfung in vielen Regionen Deutschlands bei - von Kiel bis München.

Wolff von der Sahl Mit einem Beitragsvolumen von rund 18 Milliarden Euro im Jahr 2011 und einem Marktanteil von mehr als 10 Prozent sind die öffentlichen Versicherer eigenen Angaben zufolge die zweitgrößte Erstversicherungsgruppe am deutschen Markt.

Wolff von der Sahl (Foto)
ergänzt, dass bei einem Verkauf eines öffentlichen an einen privaten Versicherer nur an einen kurzfristigen positiven Effekt für die Eigentümer glaube. "Es würde zwar schnell eine Summe X in die Kassen gespült, im Sinne einer nachhaltigen und regionalen Wertschöpfung halte ich dies aber nicht für sinnvoll."

Die öffentlichen Versicherer arbeiten dezentral - regional begrenzt - in ihrem jeweils eigenen Geschäftsgebiet. Sie würden die Nachteile der dezentralen Struktur teilweise über eine Bündelung ihrer Kräfte kompensieren. Zum Beispiel, indem sie über ihre Gemeinschaftsunternehmen in der Kranken- oder Rechtsschutzversicherung kooperieren. "Damit sind wir absolut wettbewerbsfähig - und das, ohne unser dezentrales Geschäftsmodell aufgeben zu müssen", sagt Wolff von der Sahl.

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