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„Abgesang auf die Riester-Rente kommt zu früh“

29. November 2022 - Einen weiten thematischen Bogen spannte der digitale „Altersvorsorge-Kongress 2022 mit IVFP und Franklin Templeton: Zeitenwende und Krisen bei der Altersvorsorge“ am 29. November 2022: von den Trends am Kapitalmarkt über die digitale Rentenübersicht bis zu Themen der gesetzlichen Rentenversicherung / private Altersvorsorge.

Dass die Riester-Rente nicht tot sein könne, machte Martin Klein vom VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V. klar, denn schließlich hätten die bisherigen Sparer der Riester-Renten gesetzlich verbrieften Bestandsschutz. Es habe zwar einige Verbesserungen durch die neue Bundesregierung gegeben, jedoch müsse man nun die vorgeschriebene Garantie der eingezahlten Beiträge aus dem Produkt nehmen. Der Abgesang auf die Riester-Rente komme zu früh, so Klein. Die Basisrente sei für Selbstständige und Besserverdienende ein sehr gutes Ansparprodukt, für Geringverdiener fehle dies aber im Moment. Dieses Nachfolgeprodukt der Riester-Rente müsse jetzt rasch auf den Markt kommen.

Anja Schulz (für die FDP im Deutschen Bundestag) stimmte zu, dass Riester nicht tot sei und dass es Verbesserungen an dem Produkt geben sollte. Dies sei unter anderem Aufgabe einer so genannten Fokusgruppe, die unter Federführung des Bundesfinanzministeriums alle Fragen der privaten Altersvorsorge untersuchen soll. Beteiligt sind dort unter anderem das Bundesarbeitsministerium, das Bundeswirtschaftsministerium, Produktanbieter, die Tarifpartner, der Verbraucherschutz und die Wissenschaft.

Ein wichtiges Thema werde sein, wie man einkommensschwache Bevölkerungsgruppen animiert, selbst private Altersvorsorge zu betreiben. Allerdings machte Anja Schulz in ihrem Einleitungsstatement klar, dass die Menschen in Deutschland derzeit andere Probleme als ihre Altersvorsorge hätten – angesichts des Krieges in Europa, steigender Energiekosten und einer hohen Inflation.

Aktienrente auf dem Weg
Die FDP-Frau erläuterte, dass das gesetzliche Rentensystem angesichts der demografischen Entwicklung nachhaltig gestärkt werden müsse. Es gebe nicht nur mehr Alte und weniger Junge, auch die heutige Lebenserwartung werde von 83 Jahren bei Frauen und 78 Jahren bei Männern im Jahr 2060 auf 88 Jahre (Frauen) und 84 Jahre (Männer) im Jahr 2060 steigen. Bereits heute stoße das Umlageverfahren an seine Grenzen, 106 Milliarden Euro (mehr als ein Viertel des Bundeshaushalts) müsse der Bund alleine in diesem Jahr in die Rentenkasse zuschießen.

Die vergangene Regierung habe nicht nur keine Reformen dazu auf den Weg gebracht, sondern Geschenke an die Rentner verteilt wie die Mütterrente oder Altersrente nach 35 Versicherungsjahren. Auch der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel sei ausgesetzt worden – diesen habe man jetzt wieder reaktiviert, um die Rentenkasse zu stabilisieren. Ein Schritt in die richtige Richtung sei die Aktienrente. Diese sei auf dem Weg, die Mittel als Darlehen in Höhe von 10 Milliarden Euro im Bundeshaushalt bereitgestellt.

Dies sei noch nicht ausreichend, aber möglich seien in den Fonds zur Aktienrente auch Übertragungen aus Bundesbeteiligungen oder Anteile der Beiträge zur Rentenversicherung. Verwaltet werden soll der Fonds von einer unabhängigen rechtlichen Stelle, auf die die Politik keinen Zugriff haben soll.  

„Da brennt die Hütte“
Professor Michael Hauer vom Institut für Vorsorge und Finanzplanung, der mit Martin Stenger von Franklin Templeton den Kongress moderierte, machte aber deutlich, dass die Aktienrente die derzeitigen Probleme nicht lösen könne. Wenn die geburtsstarken Jahrgänge in den nächsten Jahren in Rente gehen, „brennt die Hütte“. Die Aktienrente sei ein guter Ansatz, das eigentliche Problem werde aber auf die nächste Bundesregierung verschoben.

Höhere Zinsen, weniger Inflation
Nach Meinung von Matthias Hoppe von Franklin Templeton werde sich die Inflation in Deutschland beruhigen und wieder auf ein erträgliches Niveau von 2 bis 3 Prozent fallen. Dies sei wichtig, weil die Inflation nicht nur Verbraucher verunsicherten, sondern auch die Investoren. Sowohl die Aktien- als auch die Rentenmärkte hätten dieses Jahr Einbrüche zu verzeichnen. Ein Wirtschaftswachstum werde es hierzulande 2023 aber wohl nicht geben, er erwarte vielmehr ein Minus von 0,7 Prozent.

Die Zinssteigerungen seien im Kapitalmarkt angekommen, so verzeichnet eine zehnjährige Bundesanleihe eine Rendite von derzeit 1,9 Prozent. Matthias Hoppe geht davon aus, dass die Leitzinsen von der Europäischen Zentralbank 2023 weiter erhöht werden, er erwartet Ende nächsten Jahres 2,75 Prozent.

Zinssenkungen der vergangenen Jahre
Mit den Zinssenkungen der vergangenen Jahre beschäftigte sich Dr. Stefan Graf von Munich Re Markets. So sei das Angebot von Produkten mit vergleichsweise hohen Garantien (100 Prozent der Bruttobeiträge) drastisch zurückgegangen. Das sei auch gut so, denn Sicherheit und Garantien seien nicht dasselbe.

„Die risikoreduzierende Wirkung von Garantien fällt inflationsbereinigt geringer aus“, zitierte er eine Studie des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften, an der er selbst mitgewirkt hatte. Daher habe man eine Reduktion des Angebots dort gesehen, wo Garantien in dieser Höhe verpflichtend vorgeschrieben sind wie bei Riester-Renten oder bestimmten Zusagearten in der betrieblichen Altersversorgung. Der Aktuar Graf empfiehlt, dass insbesondere die Rentenphase im Fokus einer bedarfsgerechten Beratung stehen sollte.

Die digitale Rentenübersicht kommt bald
Das Gesetz zur Entwicklung und Einführung einer digitalen Rentenübersicht ist am 11. Februar 2021 in Kraft getreten, berichtete Niels Reith von der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft
und -gestaltung e.V. Die Pilotphase soll im Dezember 2022 beginnen, der Start insgesamt im Sommer 2023. Damit sollen die Bürger eine Übersicht über ihre Altersvorsorgeverträge aller drei Säulen bekommen – in digitaler Form. Dies sei ein Informations-, aber kein Beratungsangebot. Die Daten seien individuell exportierbar, der Bürger müsse sich über seinen Personalausweis authentifizieren. (Text und Screenshots Bernd Rudolf / www.bocuel-news.de)  

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