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Konzepte und Kriterien

Zur Pflege am besten in den deutschen Nordosten

3. November 2016 - Wie viel professionelle Pflege sich Senioren leisten können, hängt von Einkommen und Kosten ab. Die Bertelsmann-Stiftung hat bundesweit untersucht, wie hoch die „Pflegekaufkraft“ in den einzelnen Regionen ist. Im Südwesten Deutschlands ist es damit besonders schlecht bestellt.

Üblicherweise argumentieren Versicherer und Vermittler bei der Pflegevorsorge so: „Ein Pflegeplatz im Heim kostet gut 3.000 Euro monatlich, abzüglich der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung bleibt eine Lücke von bis mehr als 1.000 Euro, die der Pflegebedürftige oder seine nächsten Angehörigen aus ihren Einkommen schließen müssen.“ Das ist dann das Argument pro private Pflege-Zusatzversicherungen.

Dass sich bei dieser Pauschalrechnung bisher nur wenige Menschen angesprochen fühlen, könnte auch damit zusammenhängen, dass sie nicht individuell genug ist. Denn die Pflegekosten für ambulante und stationäre Pflege sind in den Regionen sehr unterschiedlich (Grafik zum Vergrößerrn bitte anklicken) und die Alterseinkünfte der Rentner sind es auch. Die Bertelsmann-Stiftung (www.bertelsmann-stiftung.de) hat jetzt von der Prognos AG (www.prognos.com) im Rahmen der Studie „Pflegeinfrastruktur – Die pflegerische Versorgung im Regionalvergleich“ untersuchen lassen, wie weit die „Pflegekaufkraft“ der Senioren in den einzelnen Regionen reicht.

Im Westen reicht das Geld nicht
Das Fazit lautet: Im Nordosten müssen sich Senioren weniger um die Finanzierung eines Pflegeheimplatzes sorgen als im Südwesten Deutschlands. In den Kreisen von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Baden-Württemberg sowie in den Stadtstaaten übersteigen die Pflegekosten das durchschnittliche Jahreseinkommen der über 80-Jährigen zum Teil deutlich. Bundesweit reicht in 44 Prozent der Kreise das Durchschnittseinkommen der alten Menschen rechnerisch im Jahr nur für maximal elf Monate stationäre Pflege. In einem Viertel der Kreise liegt die durchschnittliche Kaufkraft sogar so niedrig, dass sich die über 80-Jährigen nur maximal zehn Monate stationäre Pflege leisten können. 2013 mussten bundesweit 41 Prozent der Pflegebedürftigen zusätzlich Sozialhilfe beantragen.

Dagegen ist in den ostdeutschen Ländern sowie in Schleswig-Holstein und in weiten Teilen Niedersachsens die durchschnittliche Kaufkraft der Senioren mehr als ausreichend, um die stationären Pflegekosten tragen zu können. In einem Fünftel der Kreise können sie sich rein rechnerisch sogar 13 Monate Pflege und mehr pro Jahr leisten.

Unterschiedliche Bezahlung der Pflegekräfte
Ein Grund für das Gefälle ist die unterschiedliche Bezahlung der Pflegekräfte (Grafik zum Vergrlßern bitte anklicken). Nach Angaben der Studie lagen die Bruttoentgelte in der Pflege im Jahr 2013 zwischen 1.714 Euro und 3.192 Euro monatlich. Die günstige Pflegekaufkraft im Nordosten geht also zulasten der Pflegekräfte.

Pflegeleistungen werden künftig knapp
Außerdem hat Prognos untersucht, ob es in Zukunft noch ausreichend Pflegeleistungen geben wird. Vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 von heute 2,6 Millionen auf dann 3,4 Millionen ansteigen wird und gleichzeitig die Anzahl der für professionelle Pflege zur Verfügung stehenden Fachkraft in Deutschland abnimmt, kommt die Studie zu den Ergebnis: Die Generation der heute 40- bis 50-Jährigen muss befürchten, dass sie in Zukunft nicht mehr die pflegerische Versorgung erhält, die sie benötigt.

Ruf nach Bürgerversicherung
Der Präsident des Sozialverband Deutschland e. V. (SOVD – www.sovd.de), Adolf Bauer (Foto: Sovd), nahm die Bertelsmann-Studie zum Anlass, für die soziale Pflegeversicherung eine Bürgerversicherung zu fordern. 

„Wenn sich Seniorinnen und Senioren keinen Heimplatz leisten können, dann ist das ein Missstand. Und es ist fatal, wenn bezahlbare Pflege unterbezahlte Fachkräfte voraussetzt. Deshalb sind weitere Reformen in der Pflege erforderlich. Ziel muss es sein, die solidarische Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung fortzuentwickeln. Dabei gilt es insbesondere, die Beitragsparität herzustellen und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherten zu berücksichtigen", sagt Adolf Bauer. (hp / www.bocquel-news.de)

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