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Konzepte und Kriterien

Verbesserte Förderung der privaten Altersvorsorge?

29. November 2012 - Die von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP geplante Verbesserung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge wird von den meisten Sachverständigen im Grundsatz begrüßt, so das Fazit einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses.

Anhörung FINANZAUSSCHUSS Die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge war zu Beginn der Woche in Berlin Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses. Grundlage der Anhörung war der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge (17/10818). Zielsetzung des Gesetzgebers ist es, dem Verbraucher in leicht verständlicher und standardisierter Form einen Produktvergleich zur geförderten Altersvorsorge zu ermöglichen. Gleichzeitig soll der Wettbewerb der Anbieter gestärkt werden - bei einer möglichst geringen Kostenbelastung.

In der geplanten Verbesserung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge wird neben einheitlichen Produktinformationsblättern eine Erhöhung der Förderhöchstgrenze von 20.000 auf 24.000 Euro für die Basisversorgung im Alter vorgesehen, wodurch Spielräume für den Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge geschaffen werden sollen. Außerdem soll der Spielraum zur Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder verminderten Erwerbsfähigkeit verbessert werden.

Antje Tillmann Zu den geladenen Sachverständigen der jüngsten öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Vorsitz der CDU-Politikerin Antje Tillmann (Foto) zählten unter anderem der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, der Bund der Versicherten, der Bundesverband Deutscher Vermögensberater e. V., der BVK Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V., der BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V. sowie das Analysehaus Morgen & Morgen und das IfA Institut für Finanzen- und Aktuarwissenschaften.

"Produktinformationsblatt zu umfangreich"
Die geladenen Sachverständigen legten unter anderem ihre Standpunkte zum geplanten Umfang des Produktinformationsblattes dar. ein „neues" Produktinformationsblatt soll die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Altersvorsorgeprodukte möglich machen.. Der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) sowie der Vermögensberaterverband regten eine Reduzierung der Informationspflichten in dem neugeplanten Info-Blatt an. Der bisherige Entwurf sei zu umfangreich. "19 Informationspunkte sind zu viel", kritisierte der GDV.

"Kundenunfreundliche Produktgestaltung"
So viele Punkte seien auf zwei Seiten des Produktinformationsblattes nicht darstellbar. Skeptisch zeigte sich der BVK Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (www.bvk.de). "Unserer Ansicht nach ist die Annahme, der Verbraucher werde die notwendigen Informationen selbst einholen, aufgrund der Komplexität von Altersvorsorgeprodukten zu optimistisch und wird sich kaum realisieren lassen."

Dagegen begrüßte das IfA Institut für Finanzdienstleistungen (www.ifa-ulm.de) grundsätzlich die Schaffung zusätzlicher Informationspflichten. Auch die Stiftung Warentest, die Riester-Verträge als für die meisten Sparer lohnend ansieht, kritisierte die derzeit kundenunfreundliche Produktgestaltung und die Verweigerung von Informationen durch die Anbieter.

Auch der Bundesverband Deutscher Vermögensberater (www.bdv.de), dessen Mitglieder nach Verbandsangaben bisher über 1,5 Millionen Riester-Verträge vermittelten, sprach sich für den Entwurf aus, der unter anderem die Einführung von Produktinformationsblättern vorsieht, um eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Produkte (zum Beispiel klassische Rentenversicherungen, fondsgebundene Rentenversicherungen, Fondssparpläne, Banksparpläne, Bausparverträge, Sparpläne mit Genossenschaftsanteilen) zu erreichen.

"Rentenzusage nur noch halb so hoch wie 2002"
Die Stiftung Warentest (www.test.de) wies auf einen anderen Aspekt hin: Danach hätten insbesondere Versicherer die Renten-Prognosen für ihre Riester-Verträge in den vergangenen Jahren so weit nach unten angepasst, dass „ein Riester-Rentner bei gleicher Einzahlung und Laufzeit heute nur noch reichlich halb so viel Rente vertraglich zugesichert bekommt wie 2002".

Jederzeitige Kapitalentnahme für selbstgenutztes Wohneigentum
Im Bereich der Altersvorsorge in Form selbst genutzten Wohneigentums sieht der Entwurf den Angaben zufolge Vereinfachungen bei der Entnahme von gefördertem Altersvorsorge-Kapital vor. So soll die jederzeitige Kapitalentnahme für selbstgenutztes Wohneigentum in der Ansparphase möglich sein. In die Eigenheim-Rentenförderung soll künftig auch der Umbau zur Reduzierung von Barrieren in oder an der selbst genutzten Wohnung einbezogen werden.

Stephan Schinnenburg Kritik an lebenslanger Berufsunfähigkeitsabsicherung
Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte die geplante Förderung des Abschlusses von Berufsunfähigkeitsversicherungen. Die Absicherung von Invaliditäts-Risiken sei in der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung besser und kostengünstiger zu organisieren. Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung (www.afw-verband.de) erklärte dazu: "Die geförderte Berufsunfähigkeitsversicherung in der vorliegenden Form ist für Erwerbstätige, die diesen Schutz am dringendsten benötigen, nicht bezahlbar."

Der Verband untermauerte seine Angaben mit Zahlen. Danach müsste ein Maurer für eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.500 Euro einen Monatsbeitrag von 395,61 Euro entrichten, ein Mathematiker hingegen nur 70,68 Euro. - Die lebenslange Absicherung des Risikos der Berufsunfähigkeit statt einer Absicherung bis zum Eintritt in den Ruhestand kritisierte auch Morgen&Morgen-Geschäftsführer Stephan Schinnenburg (Foto) in seiner Stellungnahme wegen der drastischen Verteuerung und zwar für eine Leistung, "die nicht dem Bedarf des Großteils der Bevölkerung entspricht".

Wohneigentumsförderung stößt auf Bedenken
Im Bereich "Wohn-Riester" kritisierten die privaten und die Landesbausparkassen in einer gemeinsamen Stellungnahme die gemeinsamen Produktinformationsblätter für Riester-Bausparverträge und Geldrenten-Verträge: "Denn Bausparverträge haben gerade nicht das Ziel, im Alter eine möglichst hohe Geldrente zu generieren."

Der deutsche Fondsverband BVI (www.bvi.de) warnte vor einer Privilegierung der Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums. Man habe Bedenken "hinsichtlich einer generellen Eignung selbstgenutzten Wohneigentums zur Altersvorsorge". Unterstützung fand diese Position bei der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, die in ihrer Stellungnahme darauf hinwies, dass mit der Einsparung von Mietzahlungen durch den Immobilienerwerb andererseits Reparatur-, Instandhaltungs- und sonstige Unterhaltskosten einhergingen. Mit diesen Kosten könnten viele Bürger überfordert sein.

"Gesetzliche Rentenversicherung stärken"
Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (www.web.gdw.de) beklagte die bürokratische Ausgestaltung des Gesetzes. Wohnungsbaugenossenschaften seien nicht in der Lage, dauerhaft eigene Spezialisten vorzuhalten, die die Komplexität des staatlich geförderten Riester-Sparens mit all seinen Facetten beherrschen würden. Dabei könnte der Erwerb von Geschäftsanteilen den Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften helfen, ihre Wohnungen im Alter bezahlbar und ihren Lebensstandard halten zu können.

Grundsätzliche Kritik kam vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung. Statt die private Altersvorsorge zu verbessern, wäre es "sinnvoller, die Förderung auslaufen zu lassen und statt dessen die gesetzliche Rentenversicherung zu stärken".

Joachim Geiberger Fazit insgesamt positiv
Das Fazit der Analysten fällt aber insgesamt optimistisch aus. „Wir gehen davon aus, dass es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens und der Experten-Anhörung zu einer ausgewogenen Balance zwischen der gewünschten Transparenz und der für die Marktteilnehmer erforderlichen Praktikabilität kommt, da der Gesetzgeber von verschiedenen Seiten sehr konstruktive und fachlich fundierte Stellungnahmen erhalten hat ," sagt Joachim Geiberger (Foto), Inhaber des Analysehauses Morgen&Morgen (www.morgenundmorgen.de). Der Deutsche Rentenversicherung Bund sagte dazu, dass die Koalitionspläne dazu beitragen könnten, weitere wirksame Anreize für den Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge zu schaffen.

In einigen Punkten besteht Anpassungsbedarf
"Der vorliegende Gesetzentwurf wird aus Sicht von Morgen & Morgen den in der Zielsetzung formulierten Ansprüchen prinzipiell gerecht, in einigen Punkten gibt es jedoch noch Anpassungsbedarf", stellt Joachim Geiberger fest. Das Analysehaus hatte im Gesetzentwurf vor allem drei wesentliche Themenkreise identifiziert und kritisch beleuchtet. Die angedachte lebenslange BU-Rentenleistung, die nach Ansicht der Experten von Morgen & Morgen Schwachpunkte aufweist, sollte beispielsweise eher als optionale Komponente angeboten werden:

  • Die angedachte BU-Rentenleistung ist nicht bedarfsgerecht, da in der Rentenbezugsphase schlicht kein Bedarf mehr an einer BU-Rente besteht. Es besteht eine einseitige Benachteiligung von Nicht-Berufsunfähigen im Rentenbezug, da sie keine „doppelte Rente" (BU-Rente und Rente) erhalten. Unnötige Verteuerung der Produkte, da eine lebenslange Berufsunfähigkeitsrente eine deutlich höhere Prämie erfordert.
  • Die angedachten Mindest-Qualitätskriterien in der BU, die in der angedachten Form über das Ziel hinausschießen. Nach Meinung der BU-Rating-Experten wird von den bedingungsseitig ohnehin schon sehr hochwertigen Tarifen eine zu überzogene Qualität als Mindestkriterium erwartet. Risiken sind hierbei die grundsätzliche Verteuerung der Tarife sowie die eingeschränkte Flexibilität hinsichtlich unterschiedlicher Absicherungsbedarfe.

Die Chance-Risiko-Klassen, die grundsätzlich sehr begrüßenswert sind, bergen aber folgendes Grundproblem: Die derzeitige Darstellung der Modell-Rechnung kann die modernen Wertsicherungs-Systeme in den neuen Altersvorsorge-Tarifen nicht adäquat abbilden. Zudem werden nicht alle Kosten erfasst und unter Berücksichtigung der Annahmen in der Modell-Rechnung werden die Kosten, die durch die Wertsicherungs-Systeme entstehen, nicht berücksichtigt. Auch wird das Verlust-Risiko bei Produkten ohne Beitragsgarantie komplett ausgeblendet.

Morgen & Morgen hat den Standard Volatium® etabliert
Morgen & Morgen beschäftigt sich eigenen Angaben zufolge mit diesem Thema seit Jahren sehr intensiv und hat den Standard Volatium® etabliert, um Rendite-Wahrscheinlichkeiten in Form von Klassen und Profilen transparent zu machen. Gerade die geforderten Chance-Risiko-Klassen könnten bereits jetzt mit dem Volatium®-Standard dargestellt werden. Alle geförderten Altersvorsorgeprodukte der Schichten 1 und 2 (Riester und Rürup) sind bereits in Volatium®-Klassen eingeteilt. Darüber hinaus sind nach dem gleichen Standard auch die nicht geförderten Altersvorsorgeprodukte klassifiziert, mithin über 1.300 Tarife insgesamt. (eb / www.bocquel-news.de)

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