4. Juni 2024 - Ein „Klassiker“ im Handelsvertreterrecht ist die Rückforderung von unverdienten Provisionen gegenüber Versicherungsvertretern. Gerade nach der Beendigung der Zusammenarbeit kommt es oftmals zum Streit über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von unverdienten Provisionen. Rechtsanwalt Andreas Milch berichtet über einen aktuellen Fall.
Im Handelsvertreterrecht richtet sich die Rückforderung von unverdienten Provisionen nach § 87a Abs.3 HGB. Darauf verweist Rechtsanwalt Andreas Milch von der Kanzlei Milch in Gießen (https://kanzlei-milch.de/). Danach hat der Versicherer gegenüber dem Versicherungsvertreter einen Anspruch auf Rückzahlung unverdienter Provisionen, soweit er die Stornierung des vermittelten Versicherungsvertrages nicht zu vertreten hat. Wann der Versicherer die Stornierung zu vertreten hat, ist regelmäßig strittig.
Andreas Milch: „In einem von mir schon vor einiger Zeit erstrittenen, rechtskräftigen Urteil (Arbeitsgericht Darmstadt Urteil vom 1.6.2021, Az.: 4 Ca 285/20) stellte das Arbeitsgericht Darmstadt in einem Rechtsstreit zwischen dem von mir vertretenen beklagten, angestellten Versicherungsvertreter und seinem Arbeitgeber, einer Ausschließlichkeitsagentur eines großen deutschen Versicherers fest, dass mein Mandant keine Provisionsrückzahlungen (Stornos) zurück zahlen muss, da die vertraglich verwendete Provisionsregelung unwirksam ist, da sie gegen 87 a Abs. 3 HGB verstößt und gemäß § 65 HGB die Vorschrift auch auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist. Die Vergütung meines Mandanten setzte sich aus einem Grundgehalt und Provisionen zusammen.“
Andreas Milch erklärt: Die Klägerin, eine Ausschließlichkeitsagentur einer großen deutschen Versicherung, war der Auffassung, sie könne nun nach Ausscheiden meines Mandanten als deren Arbeitnehmer Rückzahlungen der Provision wegen der Regelungen im Arbeitsvertrag der Agentur und den Vertragsbedingungen der Versicherung verlangen.
Wir bestritten demgegenüber, dass die notleidenden Verträge in dem gebotenen Umfang nachbearbeitet wurden und waren der Auffassung, die Verweisung auf die Versicherungsbedingungen im schriftlichen Arbeitsvertrag sei intransparent.
Das Gericht folgte unserer Auffassung.
Gem. § 65 HGB sind die für Handelsvertreter geltenden Vorschriften des § 87 Abs. 1 und 3 sowie der §§ 87a bis 87c HGB anzuwenden, wenn bedungen ist, dass der Handlungsgehilfe für Geschäfte, die von ihm geschlossen oder vermittelt werden, Provisionen erhalten solle.
Mit dem Beklagten sind Provisionen vereinbart. Die Regelung gilt auch für den Beklagten, da sie nicht nur für Handlungsgehilfen, sondern alle Arbeitnehmer gilt (vgl. BeckOK ArbR/Hagen, HGB § 65 Rn. 1).
Gem. § 87a Abs. 3 HGB hat der Handelsvertreter auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist.
Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Gem. § 87 a Abs. 5 HGB sind Vereinbarungen, die für den Handelsvertreter hiervon nachteilig abweichen, unwirksam.
Paragraph (§) 5 der Provisionsregelung regelt, dass Abschlussprovisionen, wenn ein Versicherungsvertrag aufgehoben wird, bevor drei volle Jahresbeiträge beziehungsweise Jahresmehrbeträge bei der Versicherung eingegangen sind, entfallen. Diese Regelung enthält keine Einschränkung dahingehend, dass die Provision nur entfällt, wenn die Versicherung die Nichtausführung des Geschäftes nicht zu vertreten hat. Sie stellt daher eine für den Beklagten ungünstigere Regelung gegenüber der Regelung in § 87 a Abs. 3 HGB dar.
Laut Rechtsanwalt Milch wurde die Klage in der Folge abgewiesen, mein Mandant musste keine Provisionsstornos zurück bezahlen. Das Urteil ist rechtskräftig. (-el / RA Andreas Milch / www.bocquel-news.de)
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