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Konzepte und Kriterien

Studie: Deutsche sind im Straßenverkehr aggressiv

28. Juli 2016 - Hupen, rüde Gestik, Beschimpfungen. Jeder zweite Deutsche empfindet das Verhalten seiner Mitbürger im Verkehr als aggressiv. In einer aktuellen Studie beklagen Deutsche, dass die Hemmschwelle für angriffslustiges Verhalten gesunken und der Straßenverkehr gefährlicher geworden ist. Da hilft die beste Versicherung nicht.

Road Rage nennen es die Amerikaner: Frustration über die Verkehrssituation entlädt sich in aggressiven Verhalten, das von Lichthupen bis zu tätlichen Angriffen reicht. Eine knappe Mehrheit der Deutschen, nämlich 53 Prozent, klagt nach einer Umfrage über vermehrte Aggressionen im Straßenverkehr. Dies ergab eine repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos (www.ipsos.de) im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrats. Ausgeprägt ist dieses Gefühl besonders bei Frauen (56 Prozent) und den 35- bis 54-Jährigen (55 Prozent). 8 Prozent der Befragten sind demnach bereits Zeugen körperlicher Auseinandersetzungen im Straßenverkehr geworden. Angesichts der jüngsten Zahlen zu Toten auf der Straße, die sicherlich auch teilweise wegen zu aggressiver Fahrweise mancher Autofahrer bei Unfällen starben, ist die Verbindung zu irgendwelchen Versicherungen müßig.

Unterschiede zwischen Ost und West und Stadt und Land
Ein Viertel der Befragten findet, dass es im Straßenverkehr schon immer Aggressionen gegeben hat und sich die Situation nicht verschlimmert hat. Nur 14 Prozent empfinden den Straßenverkehr als nicht aggressiv. (Ipsos-Grafik - zum Vergrößern bitte anklicken)

Erhebliche Unterschiede gibt es laut der Studie zwischen Ost- und Westdeutschland. Im Osten inklusive Berlin beschweren sich mehr als 60 Prozent über zunehmende Aggressionen im Straßenverkehr; im Westen sind es nur 50 Prozent. Besonders auffällig ist laut Studie der Unterschied zwischen Stadt und Land. Während in Kommunen bis 4.999 Einwohnern fast zwei Drittel der Befragten über gestiegene Aggressionen im Straßenverkehr klagen, ist es in Orten ab 5.000 Einwohnern etwas mehr als die Hälfte.

Die Ausprägung der Aggression sehen die Befragt vor allem im Fahrverhalten selber. Sie nennen "zu schnelles Fahren", "dichtes Auffahren und Drängeln" und "riskantes Überholen" ebenso wie Beschimpfungen und Bedrohungen.

Dass diese Wahrnehmung nicht von Ungefähr kommt, zeigt die Studie (Ipsos-Grafik - zum Vergrößern bitte anklicken) auch: in Europa sind die Deutschen die aggressivsten Autofahrer: Zwei von drei deutschen Autofahrern gaben bei der Befragung an, regelmäßig andere Autofahrer mit Gesten und Worten zu beleidigen. Im Vergleich: Nur 56 Prozent der europäischen Nachbarn greift im Durchschnitt zu deftigen Worten und aggressiven Gesten. Auch beim Drängeln sind die Deutschen ganz vorn: Mehr als ein Drittel (34 Prozent) fährt bewusst knapp auf, um den zu langsamen oder anderweitig nervenden Vordermann zu bedrängen (EU-Durchschnitt: 32 Prozent). 18 Prozent steigen sogar aus ihrem Fahrzeug, um in Konfliktsituationen einen Streit mit anderen Verkehrsteilnehmern aus der Nähe auszutragen (EU-Schnitt 15 Prozent).

Grund: gestiegener Stress
Der Berliner Verkehrspsychologen Heiko Ackermann zeigte sich im Interview mit der Tageszeitung Die Welt wenig überrascht:  "Es gab auch vor 20 Jahren schon Verkehrsteilnehmer, die mit großer Brutalität auf vermeintliche Kontrahenten eingeprügelt haben", sagte er der Zeitung. Was ihm Sorge bereite, sei die inzwischen deutlich größere Häufigkeit solcher Vorfälle.

Als Grund dafür nannte Ackermann gestiegene Anforderungen in Berufs- und Privatleben, die generell höhere Verkehrsdichte sowie die damit verbundene Neigung, Frust unmittelbar in der Öffentlichkeit auszuleben. „Natürlich sind das keine Kriminellen, sondern ganz normale Menschen, die ausrasten", betonte Ackermann. "Das Auto verführt zum Frustabbau, weil man Aggressionen vermeintlich anonym ausleben kann. Man hat das Gefühl, dass die Blechhülle schützt."  (Foto: Unsplash)

Auch Stress, Müdigkeit oder Provokation sind im Straßenverkehr häufige Ursachen für ausgelebte Aggressionen vieler Autofaher. Wer sich ausge-schlafen und gesättigt ins Auto setzt und nicht provozieren lässt, kann Eskalationen verhindern. Der Touring Club Schweiz (www.tcs.ch) rät zu zurückhaltendem und vorausschauendem Verhalten und dazu, das Auto öfter zugunsten öffentlicher Verkehrsmittel stehen zu lassen. Zur Verhinderung aggressiven Verhaltens veröffentlicht der TCS sogar eine Broschüre, die hier herunter geladen werden kann. Übrigens: 97 Prozent der deutschen Autofahrer bezeichnen sich als “aufmerksam”, 81 Prozent als “ruhig“ und 57 Prozent bezeichnen ihren Fahrstil als “rücksichtsvoll“. (ml / www.bocquel-news.de)

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