logo
logo

Konzepte und Kriterien

Sozialpartner tappen an vielen Stellen im Dunkeln

31. August 2017 - Immer mehr Sozialpartner fangen an, sich mit dem Sozialpartnermodell zu beschäftigen. Im Rahmen des Betriebsrentenstärkungs-Gesetzes gibt es noch zahlreiche ungeklärte Fragen, denen die Fachleute auf einer Euroforum-Konferenz zum Thema Zielrente nachgingen. Die Fragen betreffen insbesondere die arbeitsrechtliche Seite.

Ein Quell der Unsicherheit bei der Vorbereitung auf die ab 2018 geltenden neuen Betriebsrenten nach dem sogenannten Sozialpartnermodell ist die Haftungsfreistellung der Arbeitgeber. Diese soll ja gerade durch Einführung der reinen Beitragszusage geschaffen werden, um die Attraktivität für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) zu verbessern. Dies geht zunächst auch aus der Definition der reinen Beitragszusage in Paragraph (§) 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung hervor.

Aber: „Der Arbeitgeber sagt darin eine Versorgungsleistung zu und das ist nicht nur eine reine Beitragszusage“, ist Rechtsanwältin Margret Kisters-Kölkes überzeugt, eine der renommiertesten Experten auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Teilnehmer der Euroforum-Konferenz gestern in Köln signalisierten indes vereinzelt Entwarnung. Sie warfen ein, dass der Gesetzgeber dies nicht beabsichtigt habe; und insofern würde dies nicht so eng gesehen werden können.

Garantie durch die Hintertür
Kernpunkt der geplanten Haftungsfreiheit ist das Verbot von Garantien – gerade auch in den versicherungsförmigen Durchführungswegen, um die es beim Sozialpartnermodell ja ausschließlich geht und wogegen die Versicherungswirtschaft vergeblich lobbyiert hat.

Doch auch das Garantieverbot ist nach Ansicht von Margret Kisters-Kölkes nicht eindeutig. Schließlich seien Rückdeckungs-versicherungen erlaubt. „Darüber ist es möglich, in Garantien hineinzukommen“, sagte sie in Köln.

Offene arbeitsrechtliche Fragen drehen sich ferner um die Verpflichtung der Sozialpartner zur Durchführung und Steuerung der neuen Zielrenten. Inwieweit müssen diese tatsächlich Einfluss nehmen, etwa auf die Kapitalanlage? Oder reicht eine Kontrollfunktion über Berichtspflichten aus? Jedenfalls sieht die Arbeitsrechtsexpertin Margret Kisters-Kölkes, dass die Anforderungen über die Mindestanforderungen des Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und der Pensionsfonds-Anlageverordnung (PFAV) hinaus. Die Informationspflichten gehen ebenfalls weiter als bisher.

Welche Anforderungen die BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de) an die neue Rolle der Sozialpartner hat, erklärte Dietmar Keller, Referatsleiter Grundsatzreferat EbAV bei der BaFin. Er stellte zunächst klar, dass die Aufsicht nicht über stabile Renten wacht, sondern darüber, dass die Vertragspartner ihren Verpflichtungen nachkommen. Diese können ihre Aufgaben zunächst über die Organmitgliedschaft wahrnehmen. Ob dies realistisch ist, sei dahingestellt. Falls nicht, dann ist nach Ansicht der BaFin auch die Einrichtung eines Beirats oder ähnlich möglich.

Kein Fit&Proper-Test
Auf die Frage, ob die BaFin an die steuernden Tarifpartner dann entsprechende Fit&Proper-Anforderungen stellen wird, wie bei Vorständen und Aufsichtsräten von Versicherungen, sagte Keller: „Das ist bisher nicht vorgesehen.“ Schließlich hätten die Tarifvertragspartner keine operationellen Tätigkeiten und würden auch nicht den Vorstand kontrollieren. Allerdings stellte er klar, dass es zur Steuerung seitens der Tarifpartner nicht ausreiche, wenn sie sich einfach nur von den Einrichtungen zur bAV informieren ließen. Abschließend versicherte er, dass das neue Sozialpartnermodell innerhalb der Finanzaufsicht hohe Priorität genieße. (Rita Lansch - Text und Fotos / www.bocquel-news.de)

zurück

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.