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Provisionsdeckel: Vermittler sind die „Gelackmeierten"

27. August 2018 - Der „Provisionsdecke“ ist inzwischen auch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, deren Ergebnis nun vorliegt. Wichtig wird die Analyse gerade jetzt, weil das Bundesfinanzministerium derzeit einen Entwurf für ein neues LVRG mit eventuell gekürzten Vermittlerprovisionen erarbeitet.

Schon die „Geburt“ des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) im August 2014 war schwierig. Jetzt arbeitet das Bundesfinanzministerium an einem neuen Entwurf, wobei die Begrenzung der Vermittlerprovisionen (Provisionsdeckel) eine erhebliche Rolle spielen soll.

In einer aktuellen Studie wird vor einem unsachgemäß festgelegten Deckel der Verdienste von Vermittlern gewarnt, wenn sie „massiv geschmälert“ werden. Insgesamt stehen die Kosten versicherungsbasierter Altersvorsorgeprodukte und insbesondere die Vergütung von Versicherungsvermittlern auch aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase im Fokus intensiver öffentlicher Diskussionen.

Wege zur Verbesserung der Kosten- und Leistungstransparenz?
Hier setzt die aktuelle Studie der Wissenschaftler Jochen Ruß, Andreas Seybodt, beide vom Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (www.ifa-ulm.de) in Ulm und Jörg Schiller vom Lehrstuhl für Versicherungswirtschaft und Sozialsysteme, Universität Hohenheim (www.insurance.uni-hohenheim.de) in Stuttgart an. Sie gehen kritisch an die Materie und liefern aktuelle Regulierungsvorschläge – etwa bei einer Begrenzung von Vermittlerprovisionen. Insgesamt setzen sich Jochen Ruß und seine Kollegen mit den immer wieder geäußerten „einfachen Lösungen“ zur Senkung von Kosten von Altersvorsorgeprodukten auseinander. Ihren Angaben zufolge zeigt die Studie dabei auch Wege zur Verbesserung der Kosten- und Leistungstransparenz sowie der Erhöhung der Performance auf.

Für das Bundesfinanzministerium ist eine Evaluation des Lebensversicherungsreformgesetzes von 2014, das das Ministerium selbst eingestielt hatte. Im LVRG wurde damals deutlich, dass vor allem die Abschlusskosten zu hoch seien; das – so die Begründung – liege vor allem an Provisionen und Courtagen.

Diese Pläne haben Jochen Ruß und Andreas Seybodt von ifa Ulm zum Anlass genommen, die Auswirkungen der Regulierung von Provisionen auf Makler und Kunden unter die Lupe zu nehmen. Die Studie „Regulierung von Provisionen – Ziele, Risiken und Nebenwirkungen provisionsbegrenzender Regulierung in der Lebensversicherung in Deutschland"  wird unter anderem an den bekannten Kritikpunkten festgemacht, die sich auf den Provisionsdeckel beziehen. Es betrifft besonders einen möglichen Verdienstausfall für Vermittler.

Die drei Autoren, Jochen Ruß, Andreas Seyboth und Jörg Schiller berechneten für ihre Studie exemplarisch verschiedene Stundensätze, die Vermittler für die Beratung und entsprechend unterschiedliche Verträge verdienen können.

Die Wissenschaftler berücksichtigten auch den Zeitaufwand und die Erfolgsquote bei den Abschlüssen. Das Ergebnis zeige erneut klar: Wenn es um Policen mit geringerer Deckungssumme geht, zahlt der Vermittler letztlich drauf.

Das veranschaulicht ein Beispiel: Ein Vermittler mit einer durchschnittlichen Abschlussquote bei einem Vertrag mit 50 Euro Monatsbeitrag und einem durchschnittlichen Zeitaufwand von 7,5 Stunden kommt auf einen Stundensatz von 16 Euro, wenn der Vertrag über 15 Jahre läuft und 4 Prozent Courtage beinhaltet. Bei einem Provisionsdeckel von 2,5 Prozent blieben für den Vermittler nur noch 10 Euro übrig.

Rechnung geht für freie Vermittler nicht auf
Nach Berechnungen der Studien-Autoren werden die Einbußen noch deutlicher, wenn man Produkte mit höheren Beiträgen nimmt und gleichzeitig auch die Laufzeit verlängert: Am Abschluss einer Lebensversicherung mit 30 Jahren Laufzeit und 150 Euro Monatsbeitrag „verdient“ der Vermittler – eine durchschnittliche Erfolgsquote vorausgesetzt – bei einem Zeitaufwand von 7,5 Stunden und dem aktuellen Courtagesatz insgesamt 95 Euro. Nach den Plänen des Bundesfinanzministeriums wären es künftig nur noch 59 Euro. Die Wissenschaftler konstatieren, dass vor allem freie Vermittler von einem entsprechenden Provisionsdeckel nachteilig betroffen, weil sie zu allem auch noch höhere Eigenkosten haben als gebundene Versicherungsvertreter.

Unterm Strich sind die drei Wissenschaftler der Ansicht, dass ein nicht sachgerecht festgelegter Deckel zu ausgesprochen unerwünschten Effekten bei Vermittlern führe. Das Dilemma: Einerseits soll die Beratung angemessen vergütet werden; andererseits müssen exzessive Vergütungen und Fehlanreize vermieden werden. Bezeichnend auch einer ihrer Schlusssätze: „Es ist zu bezweifeln, dass die derzeit im Raum stehenden Zahlen angemessen analysiert wurden, ob damit beide Bedingungen erfüllt sind." (-el / www.bocquel-news.de)

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