logo

Konzepte und Kriterien

Nur Bürger-Versicherung?

15. August 2005 - Im neuen "Gesundheitsmonitor" der Bertelsmann Stiftung (www.bertelsmann-stiftung.de) gibt es wenig Zustimmung für die Kopf-Pauschale. Stirbt das Modell der privaten Krankenversicherer?

Dr. Brigitte MohnIn der Debatte über die künftige Finanzierung des Gesundheits­Systems spricht sich die große Mehrheit der Deutschen für das Modell der "Bürger-Versicherung" aus. Was die privaten Krankenversicherer und der PKV-Verband (www.pkv.de) anzubieten hat, um die Gesundheits-Reform in die richtigen Bahnen zu lenken, bleibt auf der Strecke. "Alles in allem scheint die Bevölkerung – unabhängig von ihrer parteipolitischen Orientierung – weiterhin mit dem Modell der Bürger-Versicherung zu sympathisieren", sagte Dr. Brigitte Mohn (Foto), Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Das liege in erster Linie an der Befürchtung, dass die Qualität der medizinischen Versorgung ohne finanzielle Einbeziehung von Selbstständigen, Beamten und Besserverdienern auf Dauer nicht gewährleistet werden könne.

Den Ergebnissen des aktuellen "Gesundheitsmonitors" der Bertelsmann Stiftung zufolge, halten es zwei Drittel der deutschen Bevölkerung für gerecht, wenn sich zukünftig auch Selbstständige, Beamte und Besserverdiener mit einem Einkommen über 3.900 Euro Brutto (Versicherungspflichtgrenze) in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichern müssen.

Mit deutlichem Abstand folgt die Einbeziehung aller Einkommens-Arten wie Mieten, Zinsen oder Aktiengewinne für die Berechnung des Krankenkassen-Beitrages. 47 Prozent halten das für gerecht. Am wenigsten Unterstützung findet ein einheitlicher Pro-Kopf-Beitrag, die so genannte Kopf-Pauschale, die bei den Christdemokraten auch Gesundheits-Prämie genannt wird. Bei einer realistischen Höhe von 170 Euro sehen diese Reform­Alternative nur etwa 30 Prozent als gerecht an. Die Zustimmung steige allerdings mit sinkender Prämienhöhe, heißt es bei der Bertelsmann Stiftung.

85 Prozent für solidarische Krankenversicherung
Insgesamt sprechen sich 85 Prozent der Bevölkerung weiterhin für eine solidarische Krankenversicherung aus. 40 Prozent der Befragten favorisieren dabei die umfassende Absicherung und gemeinsame Finanzierung aller Krankheits-Risiken. 45 Prozent finden, dass die Absicherung in Form einer umfassenden Grundsicherung von allen gemeinsam getragen werden sollte. Spezielle Risiken wie Sportunfälle oder zusätzlich gewünschte Leistungen, etwa Akupunktur, sollten durch private Zusatzversicherungen bezahlt werden. Eine vollständig private Absicherung aller Krankheits-Risiken möchten dagegen nur 15 Prozent der Deutschen.

Nur scheinbare Gegensätze
Aus Sicht der Bertelsmann Stiftung stellen die im Wahlkampf diskutierten Bürger-Versicherungs- und Kopf-Pauschalen-Modelle jedoch nur einen scheinbaren Gegensatz dar. Die Begriffe würden unterschiedlich benutzt und schlössen die dahinter liegenden Konzepte nicht grundsätzlich aus. Wenn es beispielsweise um eine Stabilisierung der Lohn-Nebenkosten gehe, so sei eine Festschreibung des Arbeitgeber-Anteils prinzipiell in beiden Konzepten denkbar. In der Debatte könne es also nicht um ein "entweder oder" gehen, sondern eher um eine pragmatische Kombination der einzelnen Gestaltungsmerkmale eines Finanzierungs-Systems.

Reform-Notwendigkeiten
Bei aller Euphorie über neue Finanzierungs-Formen sollte außerdem nicht vergessen werden, welches die eigentlichen Reform-Notwendigkeiten seien. So liegen die großen Aufgaben der Gesundheitspolitik auch und vor allem in einer Effizienz-Steigerung der Versorgungs-Strukturen. Die Reform der Finanzierung sei dabei eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für ein nachhaltig funktionsfähiges Gesundheits-System.

Die vorgestellten Ergebnisse beruhen auf den seit 2001 stattfindenden Bevölkerungs-Befragungen für den "Gesundheitsmonitor" der Bertelsmann Stiftung. Dazu werden halbjährlich 1.500 repräsentativ ausgewählte Personen der deutschen Wohnbevölkerung zu aktuellen Themen des Gesundheitswesens befragt. (eb)

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.


Link zum Artikel: http://www.bocquel-news.de/Nur-Bürger-Versicherung.523.php