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Konzepte und Kriterien

Neue Sterbetafel: Wir werden schon wieder älter

31. Oktober 2016 - Jetzt ist es erneut amtlich: Laut akuteller Meldung des Statistischen Bundesamtes steigt die Lebens-erwartung der Bundesbürger immer weiter; auch die Rentner werden noch älter. Weshalb weichen die offizielle Statistik und die Sterbetafeln, die Versicherer nutzen, so stark voneinander ab?

Das Statistische Bundesamt (www.destatis.de) hat mit der Veröffentlichung der sogenannten Sterbetafel 2013/2016 neue statische Lebenserwartungen bekannt gegeben: neugeborene Mädchen haben eine statistische Lebenserwartung von 83 Jahren und einem Monat, neugeborene Jungen eine von 78 Jahren und zwei Monaten. Das ist im Vergleich zur letzten Sterbetafel kaum ein Unterschied, aber insgesamt ist die Lebenserwartung in Deutschland in den letzten beiden Jahrzehnten um fünf Jahre und zwei Monate beziehungsweise drei Jahre und sieben Monate für Männer respektive Frauen angestiegen.

Ebenfalls positiv ist zu werten, dass die Unterschiede in der Lebenserwartung von Neugeborenen zwischen den Bundesländern abnehmen. Zwar ist die Lebenserwartung der in Baden-Württemberg geborenen Babys höher als in Sachsen-Anhalt, aber in den neuen Bundesländern hat die Lebenserwartung in den letzten zwanzig Jahren überproportional zugenommen.

Auch bei Rentnern verbesserte sich die Lebenserwartung. So wird eine heute 60-jährige Frau statistisch gesehen 85 Jahre und zwei Monate alt. Eine 70-jährige Frau stirbt laut Statistik mit 86 Jahren und knapp zehn Monaten, 80-jährige mit 89 Jahren und knapp vier Monaten. Diese Werte sind gegenüber früheren Angaben gestiegen.

Periodensterbetafeln und Sterblichkeitsverhältnisse
Die Sterbetafeln der amtlichen Statistik basieren auf den Daten des Alters der Verstorbenen und des Durchschnittsalters der Bevölkerung in den letzten drei Jahren. Die sogenannten Periodensterbetafeln betrachtet die Sterblichkeitsverhältnisse einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt, ist also eine Momentaufnahme. Für jedes Alter listet die Tafel auf, wie hoch die Sterblichkeit von Personen dieses Alters zum Zeitpunkt der Ableitung der Tafel ist.

Dagegen stützen sich Versicherer in der Regel auf eine Generationen-Sterbetafel, die von der Deutschen Aktuarvereinigung AG (www.aktuar.de), der Berufsvereinigung der Versicherungsmathematiker, herausgegeben wird (siehe Artikel in den bocquel news Sterbetafel: ausgetüftelte Kalkulation ohne Glaskugel). Der Grund: die offiziellen Periodensterbetafel sagen nichts über die Entwicklung der Lebenserwartung aus – diese voraus zu berechnen ist aber Grundlage einer jeden Kalkulation für eine Lebens- beziehungsweise Rentenversicherung.

Die Zahlen zur Lebenserwartung und Sterbe-Wahrscheinlichkeit weichen also von den Zahlen des Statistischen Bundesamtes ab – zu einem nicht unerheblichen Maße. Beispielsweise wird ein Mann, der heute 40 Jahre alt ist, laut Versicherer mehr als vier Jahre älter als es die Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes ausweist.

Noch größer ist die rechnerische Kluft bei den Daten der Frauen: Der Jahrgang 1976 wird beispielsweise durchschnittlich laut Versicherer 88,1 Jahre alt, aber offiziell aber nur 83,8. Aufgrund dieser Abweichung befürchten Verbraucherschützer, dass es eine positive Rendite bei einer heutigen Riester-Rente nur für Leute gibt, die überdurchschnittlich alt werden.  Somit würden Versicherer bei Lebens-, Berufsunfähigkeits- oder privaten Krankenversicherungen höhere Beiträge als eigentlich nötig kassieren – so der Vorwurf. Dass die Versicherer von einer höheren Lebenserwartung ausgehen, ist der schwierigen Kalkulation dieser Daten geschuldet.

Auch das Statistische Bundesamt weist darauf hin, dass Statistiken nur Durchschnittswerte zur Lebenserwartung sein können. Vom Gesetzgeber sind die Versicherer außerdem durch das Versicherungs-Aufsichts-Gesetz (VAG) verpflichtet worden, möglichst vorsichtig zu kalkulieren, damit bei Renten- oder Lebensversicherungs-Verträgen langfristige Garantien ausgesprochen können. „Aufgrund dieser Sicherheitszuschläge weichen die Daten der Deutschen Aktuarvereinigung zur Sterblichkeit der Versicherten nachweislich von den Zahlen der Bevölkerung, die durch das Statistische Bundesamt errechnet werden, ab“, erklärt ein Sprecher der Deutschen Aktuare. Nur so könne eine Auszahlung der Beträge garantiert werden. (ml / www.bocquel-news.de)

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