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Konzepte und Kriterien

Neue SF-Rabattstaffel schürt die Intransparenz

19. September 2011 - Nach 1999 gibt es im kommenden Jahr eine neue Rabattstaffel in den Schadenfreiheits(SF)-Klassen der Autoversicherungen. Dadurch können die Preise häufig günstiger ausfallen; gleichwohl wird ein Vergleich zwischen den Assekuranzen schwieriger.

Alois Schnitzer Dumpingpreise in der Autoversicherung sind künftig nicht mehr haltbar, hieß es noch vor Wochen. Die anscheinende Einmütigkeit der Branche weichen Kfz-Versicherer nun „durch die Hintertür" auf - mit neuer Rabattstaffel in der Schadenfreiheitsklasse. Zum 1. Januar 2012 wird die Huk-Coburg Versicherungsgruppe (www.huk.de) in der Autoversicherung eine neue Rabattstaffel für schadenfreie Jahre einführen. Kernpunkt der neuen Staffel ist, dass für Autobesitzer nach 35 Jahren bei der Schadenfreiheits(SF)-Klasse 35 zuletzt nur noch ein Beitragssatz von 20 Prozent erhoben wird. Bisher reichte die Staffel bis zur SF-Klasse 25 mit einem Beitragssatz von 30 Prozent. „Die Änderung wurde notwendig, weil neue Erkenntnisse eine weitere Differenzierung in der höchsten Rabattklasse nahelegen und die alte, 1999 eingeführte Staffel seitdem neu hinzugekommene Tarifmerkmale nicht ausreichend berücksichtigt", sagt Huk-Coburg-Pressesprecher Alois Schnitzer (Foto rechts).

Klaus-Jürgen Heitmann Einige Anbieter setzen bereits jetzt eine neue Staffel ein, andere dagegen werden nach den Erfahrungen der Vergangenheit zumindest vorerst noch bei der alten Staffel bleiben. Die Folge: Beitragsvergleiche für Medien und Test-Institutionen werden erschwert. Ein Vergleich der 100-Prozent-Beiträge erlaubt keine Aussage mehr über das Tarifniveau der jeweiligen Anbieter. Das machten Klaus-Jürgen Heitmann (Foto), für die Autoversicherung zuständiges Vorstandsmitglied der Huk-Coburg, und Dr. Jörg Rheinländer, Leiter der Abteilung Aktuariat Komposit des Unternehmens, bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten in Köln deutlich.

Dabei wurde erneut deutlich herausgestellt, dass die Schadenfreiheit - neben der Typklasse - den größten Einfluss auf die Prämienhöhe hat. Ein Autofahrer, der nach mehreren Unfällen in einem Jahr in der Kfz-Haftpflichtversicherung in die Klasse M (Malus) eingestuft wurde, zahlte bisher mit einem Beitragssatz von 245 Prozent mehr als achtmal so viel wie ein Autofahrer mit einem Beitragssatz von 30 Prozent. Ähnliches gilt für Fahranfänger, die mit Beitragssätzen von 230 (Klasse 0) oder 140 Prozent (SF-Klasse 1/2) das knapp Acht- bzw. Fünffache des niedrigsten Beitrags zahlen mussten.

SchadenfreiheitsstaffelMit der neuen Staffel werden die Unterschiede zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Beitragssatz kleiner: Die Spanne reicht künftig von 135 Prozent in Klasse M bis 20 Prozent in der SF-Klasse 35, die nach 35 schadenfreien Jahren erreicht wird. Durch die niedrigeren Beitragssätze insbesondere für junge Fahranfänger - 95 Prozent in Klasse 0 und 75 Prozent in der SF-Klasse 1/2 - berücksichtigt die neue Staffel, dass das höhere Unfallrisiko der Anfänger mittlerweile auch durch das Merkmal Fahreralter erfasst wird.

Auf der anderen Seite trägt die Verlängerung der Rabattstaffel auf 35 Jahre der Tatsache Rechnung, dass in der bisherigen höchsten SF-Klasse 25 inzwischen nahezu ein Viertel aller haftpflichtversicherten Fahrzeuge eingestuft sind. Innerhalb dieser Gruppe wurden Risikounterschiede festgestellt, die sich nun mit zunehmender Schadenfreiheit in weiter sinkenden Rabattsätzen widerspiegeln. So sinkt der Rabattsatz von 24 Prozent in der neuen SF-Klasse 25 auf 20 Prozent in der SF-Klasse 35.

Ähnliches wie für die Kfz-Haftpflichtversicherung gilt auch für die Vollkaskoversicherung, teilt die Huk-Cobug mit. Reichte die Spanne vom teuersten bis zum günstigsten Beitrag bisher von 160 Prozent in der Klasse M bis 30 Prozent ab SF-Klasse 22, so liegt der Beitragssatz künftig in Klasse M bei 85 Prozent und sinkt auf ebenfalls 20 Prozent in der SF-Klasse 35

Die neue Rabattstaffel erschwert für Medien und Test-Institutionen Beitragsvergleiche der verschiedenen Anbieter. So sind Vergleiche wie bisher auf der Basis der 100-Prozent-Grundbeiträge nicht mehr aussagekräftig. Denn der Grundbeitrag in der neuen Staffel ist neu definiert. Er muss in der neuen Staffel absolut um rund ein Drittel über dem Grundbeitrag in der alten Staffel liegen, damit das Beitragsaufkommen insgesamt unverändert bleibt. "Ein Großteil des Marktes hat ein Interesse an Intransparenz", wurde bereits Huk-Coburg-Vorstand Klaus-Jürgen Heitmann über den Kfz-Versicherungsmarkt in den Medien zitiert.

Hinzu komme, dass es in den einzelnen SF-Klassen zu erheblichen Abweichungen zwischen neuer und alter Staffel komme. So liegt in der SF-Klasse 1 der Beitrag in der neuen Staffel bei gleichem Beitragsniveau um rund 19 Prozent unter dem in der alten Staffel. Für Autofahrer in der SF-Klasse 10 dagegen liegt der Beitrag in der neuen Staffel um rund 8 Prozent über demjenigen in der alten Staffel. Bis zu zehn Prozent gegenüber der alten Staffel sparen dagegen Autofahrer in der SF-Klasse 35.

Wie verwirrend die neue Staffelung ist, zeigt das Beispiel: Wer bislang mit 30 Prozent für die Haftpflicht 144 Euro zahlte, zahlt künftig mit 20 Prozent nicht etwa zwei Drittel des alten Preises, sondern durch die verschobene Basis 129 Euro.

Darüber hinaus kommt es aber für Vergleiche auch auf das Beitragsniveau insgesamt der jeweiligen Anbieter an. Wer Erkenntnisse unabhängig von der angewandten Rabattstaffel gewinnen will, muss die Beiträge in SF-Klassen vergleichen, in denen die Beiträge in beiden Staffeln nahe beieinander liegen. Dies ist zum Beispiel in der SF-Klasse 30 der Fall. Versicherer, die in diesen Klassen gut abschneiden, haben ein günstiges Beitragsniveau unabhängig davon, welche Staffel sie anwenden, heißt es.

„Für die meisten Autofahrer kommt es vor allem auf dieses durchschnittliche Beitragsniveau an, ob ein Versicherer für sie günstig ist", sagen die Huk-Coburg-Experten. Der Unterschied zwischen den Anbietern sei mittlerweile sehr groß: Demnach beträgt der Aufpreis gegenüber den günstigsten Anbietern bei den teuersten rund 160 Prozent. Insbesondere für Autofahrer in den Eingangsklassen bis SF 2 könne aber auch ein weniger günstiger Anbieter mit neuer Staffel die bessere Wahl sein als ein günstiger Anbieter mit alter Staffel. Aufgrund der großen Preisunterschiede zwischen den einzelnen Versicherern gilt für Autofahrer weiterhin generell: Ein Vergleich lohnt sich immer. (eb-db / www.bocquel-news.de)

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