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Konzepte und Kriterien

Neue App wird 2020 die Telematik-Welt verändern

6. September 2019 - Die Brisanz der Themenstellungen bei der 10. K-Tagung in Köln hätte nicht prickelnder sein können, auch wenn die Digitalisierungswelle, autonomes Fahren, die E-Scooter-Entwicklung und Innovationsprozesse im Mobilitätssektor  inzwischen zu Dauerbrennern gehören. Und doch hatten die Experten wieder viel Neues in petto.

Ganz viel Besonderes barg der Tagesordnungspunkt „Update Telematikpool“, den Onnen Siems von MSK (www.aktuare.de) und Arnold Müller von HMR Consulting (www.hmrc.de) am Donnerstag während der zehnten K-Tagung (ever) in der Kölner Flora dem Publikum nahe brachte. Die Scor Rückversicherung Deutschland (www.scor.de) sowie die Meyerthole Siems Kohlruss Gesellschaft für aktuarielle Beratung mbH (www.aktuare.de) laden bereits seit zehn Jahren zu diesem Treffen der Spezialisten, Kfz-Versicherern sowie Hochschul-Professoren ein.

Onnen Siems verriet den Teilnehmern, dass MSK gemeinsam mit HMR die Grundlagen für einen Telematik-Datenpool aufgebaut hat und derzeit eine eigene App entwickelt, um damit allen Autoversicherern – inklusive der kleineren Anbietern - einen Zugang zum Telematik-Markt zu gewähren. Für rund vier Millionen Autofahrer soll demnach im nächsten Jahr ein neues Telematik-Angebot zur Verfügung stehen.

Der Aufbau des Datenpools sei in der Mache, den dann beteiligte Versicherer kostengünstig in Sachen Telematik-Technik nutzen können. Laut Onnen Siems sollten schon im nächsten Jahr, 2020, circa eine Millionen Autofahrer auf einen privaten Telematik-Tarif „abfahren“.

„Wir starten im nächsten Jahr mit mindestens vier Autoversicherern“, sagte MSK-Geschäftsführer Onnen Siems. „Wir kombinieren die App mit einem Sensor, der im Auto an der Windschutzscheibe befestigt werden kann und seine Energie über Solarzellen bezieht“, verdeutlichte Onnen Siems. Demnach werde der Sensor die Fahrbewegung speichern und sie anonym an den Datenpool übermitteln. Das geschehe ohne GPS-Sender – aber über eine App, die sich künftig automatisch mit dem Sensor verbinden werde, sobald der Autofahrer in sein Fahrzeug einsteigt.

Die Huk-Coburg Versicherung AG soll bereits seit Anfang dieses Jahres mit einer vergleichbaren Technik auf dem Markt sein. Das zeigte ein MSK-Workshop Ende vergangenen Jahres zum Thema Telematik-Datenpool. 20 Autoversicherer hatten daran teilgenommen. Wenn Mit der MSK-Telematik-Datenpool scharf geschaltet werde, würde dann mit Huk-Coburg und Allianz Versicherung AG noch ein großer Anbieter den Markt für sogenannte Pay-as-you-drive-Tarife aufrollen.

Onnen Siems rechnet damit, dass dann Wettbewerb wieder anziehen könnte. Allerdings gebe es auch „innerhalb unserer Stakeholder weiterhin Wettbewerb“ sagte der MSK-Geschäftsführer. Und die einheitliche App ermögliche den Versicherern dennoch eine individuelle Risikoeinschätzung individuelle. Onnen Siems betonte, dass bei diesem Projekt der Datenschutz voll umfänglich in der App gewahrt bleibe.

Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass Telematik-Tarife stets vollkommen „safe“ sein müssen, sonst hätten sie keine Berechtigung im Markt. Doch für die Versicherer, die sich an dem neuen System beteiligen, bestehe in jedem Fall absolute Datentransparenz. Dabei würden die Kunden vollen Zugriff auf die anonymisierten „Rohdaten“.

Dabei gab Onnen Siems Einblicke, wie man über den Datenpool die Charakteristik der einzelnen teilnehmenden Fahrer ermitteln könnte. Beispielsweise könnte man so systematisch ohne Schwierigkeiten Vielfahrer, Pendler oder Fahranfänger tarifieren: „Wir behaupten nicht, die optimale Lösung zu haben, sind uns aber sicher, dass wir bei einer Zusammenarbeit mit vielen Versicherern, künftig die Nase vorne haben“, betonte Onnen Siems.

Einen anderen Touch der schwierigen Sachthemen gab schon gleich zu Beginn der K-Tagung Professor Dr. Torsten Oletzky, der jetzt an der TH Köln im Institut für Versicherungswesen tätig ist. Mit launigen Erklärungen zum „Kölsche Grundgesetz“, die auch für die Zukunft der Kfz-Versicherer passe, stieg Oletzky in seinen Vortrag ein. „Das Potenzial der Telematik in Deutschland wird immer noch total unterschätzt“, sagte er.

Wer hier als Versicherer weiter an der Seitenauslinie stehe, verhalte sich völlig falsch. Obwohl der Erfolg nicht hierzulande noch auf sich warten lasse, sollten sich mehr Autoversicherer mit der Telematik beschäftigen. Hier ist es nach Aussagen des ehemaligen Ergo-Versicherung-Vorstands wichtig, dass die Branche flexibler und intensiver mit Start-ups zusammenarbeite: „Lernen Sie von den Digital Natives, sie erreichen immer mehr junge Menschen.“

Professor Oletzky, der jetzt auch stärkeren Einblick in die wissenschaftlichen Zusammenhänge im Institut für Versicherungswesen in Köln hat, nannte die Anbieter Nexible GmbH, die deutsche Niederlassung der Friday Insurance S.A. und auch Coya AG, die auf dem richtigen Wege seien. Aber einen Patentschutz für Kundenansprache gäbe es einfach nicht.

Eine große Veränderung im Kfz-Versicherungsgeschäft könnte es nach Oletzkys Ansicht gebe, wenn man das Monopol der Check24 Vergleichsportal GmbH knacken könnte. Es mache heutzutage gar keinen Spaß mehr, über das Portal Check24 zu verkaufen, denn offensichtlich funktioniere nur dieser Kanal. Die meisten Autoversicherer würden sich hier Marktanteile zu Lasten der Profitabilität einkaufen. Das sei doch wirtschaftlich gesehen in keinem Fall sinnvoll.

Übrigens gab es Teilnehmer, die seit zehn Jahren, lückenlos zur K-Tagung angereist waren. Das ist nach Ansicht der Veranstalter eine Belohnung wert. Sie wurden auf die Bühne gebeten und erhielten eine kleine Auszeichnung für ihre Treue. (-el / Fotos E. Bocquel / www.bocquel-news.de)

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