25. Januar 2018 - Wenn es um das Thema Lebensversicherungen geht, lässt sich kaum etwas Positives vermelden. Die Probleme der LV-Branche werden zunehmend kontrovers diskutiert, unter anderem zuletzt in dem Polit-Talkmagazin „Hart aber fair" unter dem Titel „Crash der Lebensversicherungen: Panikmache oder echte Gefahr?“
Hohe Einschalt-Quoten in der Versicherungswirtschaft bescherte zu Beginn der Woche die Polit-Talkshow „Crash der Lebensversicherungen: Panikmache oder echte Gefahr?“ unter der Leitung von Moderator Frank Plasberg (Screenhot). Mit auf den Zug der Schlechten-Meinungsmache gegen die LV sprang mit Sven Enger ein ehemaliger Versicherungsmanager und früherer Vorstand der ehemaligen Skandia Lebensversicherung. Angesichts der Niedrigzinspolitik der EZB hatte er dringend vor einem Crash der Lebensversicherungen gewarnt. (Anmerkung der Redaktion: Das Handeln von Sven Enger könnte auch als unverantwortlich angesehen werden, zumal er als ehemaliger Lebensversicherungs-Boss früher mit dem Verkauf von LV-Policen gutes Geld verdiente, und jetzt – ohne weiteren Job in der Branche – das für die Bevölkerung so notwendige und halbwegs sichere Produkt in den Dreck zu ziehen und so die Versicherten total zu verunsichern!).
Diskussionsstoff für das Polit-Talkmagazin gab auch die Kritik an den zum Teil bereits durchgeführten oder/und im Run-off befindlichen Lebensversicherungsbeständen. Das Podium bei „Hart aber Fair" war prominent besetzt. Vom GDV saß Dr. Peter Schwark, Mitglied der Geschäftsführung, unter den Diskutanten.
ARD-Moderator Frank Plasberg widmet seine Talk-Sendung „Hart aber fair“ der Zukunft der privaten Altersvorsorge. Aufhänger, neben den laufenden Gesprächen zur Regierungsbildung, war ein Buch des ehemaligen Versicherungsmanagers Sven Enger mit steilen Thesen. Das prägnante Plädoyer von Peter Schwark dazu: Weniger Panikmache und mehr Fakten.
„Herr Enger möchte ein Buch verkaufen“, sagte das Mitglied der GDV-Geschäftsführung, Peter Schwark. „Werbung zu machen ist legitim, nicht aber das bewusste Schüren vollkommen unbegründeter Ängste.“ Schwark vermisst klare Argumente, die die Thesen von Sven Enger belegen: „Bei genauer Lektüre des Buches ‚Arm, alt und abgezockt‘ finden sich an den entscheidenden Stellen wenig belegbare Fakten, dafür aber viele inhaltliche Fehler.“
So zitierte Schwark die Aussage Engere: „Mit ihren Anlagen erzielen die Unternehmen eine Rendite, die noch unter der liegt, die sie ihren Kunden auszahlen müssen.“ Und Schwarks Urteil: „Falsch. Richtig ist:
- Die laufenden Kapitalerträge der Lebensversicherer lagen im Jahr 2016 bei durchschnittlich 3,35 Prozent.
- Wegen der bereits in der Vergangenheit zurück gestellten Zinsreserven (die sogenannte Zinszusatzreserve, die Ende 2017 rund. 65 Mrd. Euro betrug) liegt die für die Kundenverträge aufzubringende Garantieverzinsung nur noch bei 2,1 Prozent.
- Da Versicherer auch die Kapitalpuffer verzinslich anlegen, benötigen sie lediglich eine Anlagerendite von 1,9 Prozent, um die garantierten Kundenansprüche zu erfüllen.
Laut Peter Schwark ist die Rendite selbst in der Neuanlage derzeit zu erwirtschaften, trotz des niedrigen Zinsniveaus.“
Auch die Aussage Engers: „In den kommenden Jahren stehen Millionen Verträge der Babyboomer zur Auszahlung an. Eine große Zahl steht dann vor der Auszahlung, ohne dass entsprechend viele Neubeitragszahler dazu kommen. Die Lebensversicherer sitzen selbst in der Demografiefalle.“ Zerlegte der GDV-Geschäftsführer als falsch. Richtig sei vielmehr – auf den Punkt gebracht:
- Demografieabhängig ist nur die Umlagefinanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Das System der Lebensversicherung beruht dagegen auf Kapitaldeckung. Die Leistungen werden planmäßig aufgebaut und bei Vertragsende unabhängig von der Zahl der Beitragszahler aus den vorhandenen Kapitalanlagen gedeckt.
- Verpflichtungen von 953 Milliarden Euro standen Ende des Jahres 2016 Kapitalanlagen in Höhe von 987 Mrd. Euro gegenüber.
Und auch die Aussage Engers: „Die Lebensversicherer waren bereits einmal in Liquiditätsnöten, weil viele der massenhaften Vertragsabschlüsse aus dem Jahre 2004 im Jahr 2016 fällig wurden“, widerlegte Peter Schwark.
Seinen Angaben zufolge ist vielmehr richtig, dass im Jahr 2016 Leistungsauszahlungen von 88,9 Milliarden Euro (entspricht einem Plus von 7,1 Prozent gegenüber 2015) den Beitragseinnahmen von 90,8 Milliarden Euro gegenüber standen. Außerdem sind dazu 30 Milliarden Euro Einnahmen aus laufenden Kapitalerträgen sowie planmäßig auslaufende Wertpapiere in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe gekommen.
„Statt der behaupteten Liquiditätsengpässe hatten Lebensversicherer 2016 einen Liquiditätsüberschuss und mussten per Saldo zusätzliche 35 Milliarden Euro am Kapitalmarkt investieren. Brutto einschließlich auslaufender Wertpapiere und Veräußerungen betrug die Neuanlage sogar 170 Milliarden Euro“, stellte Peter Schwark klar.
Während der ARD-Sendung „Hart aber fair“ kam auch zur Sprache, dass die Frankfurter Leben bereits 100.000 Verträge des Schweizer Versicherers Basler übernommen hat. Zuletzt habe unter anderem auch die Ankündigung der Generali, einen Verkauf des deutschen Bestandes durchführen zu wollen, Schlagzeilen. „Damit gehen eine erhebliche Verunsicherung der Versicherungsnehmer und ein Vertrauensverlust einher“, sagt Fachanwältin Dr. Petra Brockmann von Hahn Rechtsanwälte (hahn-rechtsanwaelte.de). Sie hinterfragt in diesem Zusammenhang: Handelt es sich tatsächlich um Panikmache? Oder was ist dran, an dem prophezeiten Crash?
Eine Antwort liefert die Juristin ebenfalls: Fakt ist, dass die Lebens- und Rentenversicherungen aufgrund der Niedrigzinsphase massive Probleme haben, die zugesagten Garantiezinsen und darüber hinausgehende Überschüsse zu erwirtschaften. Die Versicherungsgesellschaften müssen hohe Zinszusatzreserven für die Sicherstellung des Garantiezinses aufbauen, die für die laufende Gewinnverteilung nicht zur Verfügung stehen. Die Zinszusatzreserven beliefen sich kumuliert allein bis Ende 2016 auf rund 45 Milliarden Euro. Der vertraglich vereinbarte Garantiezins wird im Übrigen nur auf den Sparbeitrag gezahlt. Also kein Grund zu Panik!
Die Fachanwältin sagt aber dennoch: „Auch wenn kein Grund zur Panik besteht, ist es für Versicherungsnehmer doch ratsam, die bestehenden Verträge auf den Prüfstand zu stellen und sich über mögliche Handlungsoptionen beraten zu lassen.“
„Dabei wird immer wieder empfohlen, den Vertrag zu kündigen", konstatiert Fachanwältin Brockmann. Für den Versicherungsnehmer, der sich von seiner Lebens- oder Rentenversicherung trennen will, ist jedoch die Kündigung häufig der denkbar schlechteste Weg. Es wird in diesem Fall nur der Rückkaufswert ausgezahlt. „Eine echte Handlungsalternative ist beispielsweise der sogenannte Widerspruch. Dieser ist regelmäßig wirtschaftlich günstiger, da die Abschluss- und Verwaltungskosten nicht mit in Abzug gebracht werden", erläutert Petra Brockmann weiter. Vor der Ausübung des Widerspruchsrechts sei allerdings in jedem Fall eine juristische Bewertung durch einen Fachanwalt und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ratsam. Der Widerspruch hat demnach bestimmte Voraussetzungen und kann unter anderem dann noch erklärt werden, wenn die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist.
Grundsätzlich gilt: Auch wer bereits eine Kündigung ausgesprochen hat, kann den Widerspruch noch erklären. Es empfiehlt sich allerdings auch insofern eine juristische und wirtschaftliche Vorabprüfung.
Das Echo auf die Sendung „Hart aber fair“ hat aber nach Ansicht der Fachwelt dem Versicherungsnehmer, um dessen private Altersversorgung es ja schließlich geht, außer großer Verunsicherung nichts gebracht.
Anmerkung der Redaktion: Kennt jemand noch ein anderes Altersversorgungs-Modell, bei dem das Geld nicht durch Insolvenzen verloren geht und bei dem ganz automatisch auch noch die Hinterbliebenen bei vorzeitigem Tod des Versicherungsnehmers finanziell versorgt bleiben? (-el / www.bocquel-news.de)
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