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Kreditversicherer: Pleiten & Schäden steigen massiv

13. Dezember 2022 - Nahezu 700 Millionen Euro - mehr als 50 Prozent höhere Schäden im Vergleich zum Vorjahr - müssen die deutschen Warenkredit- und Kautionsversicherer in diesem Jahr verkraften. Auch in der Vertrauensschadenversicherung steigen die Schäden durch kriminelle Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen um 35 Prozent auf 217 Millionen Euro.

„Die Schäden sind massiv gestiegen“, sagte Dr. Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) am Dienstag im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz.

Dr. Langen zog Bilanz, wie sich das Kreditversicherungsgeschäft entwickelt hat. Während in den vergangenen Jahren ein bis zwei Krisen bewältigt werden mussten, handelt es sich derzeit um mehrere Krisen gleichzeitig, die miteinander in Wechselwirkung stehen, erläuterte Langen die aktuelle Situation.  So haben die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine einen starken Einfluss auf das Leben in Europa.

„Wir spüren die toxischen Effekte gleichzeitiger Krisen: Der Ukraine-Krieg, die hohe Inflation und die pandemiebedingt immer noch angespannten globalen Lieferketten führen dazu, dass das Wachstum in Deutschland schwächelt und die Zahlungsmoral sinkt. In Teilen der Wirtschaft deutet sich ein regelrechter Überlebenskampf entlang der Lieferketten an“, sagte der GDV-Experte, der im Geschäftsalltag bei der Atradius Kreditversicherung seit 2002 das Kreditversicherungsgeschäft in Deutschland, Mittel- und Osteuropa verantwortet. Schließlich seien deutsche Unternehmen 2022 mit deutlich höheren Zahlungsausfällen konfrontiert als in den Vorjahren, betonte Dr. Langen.

Energiepreise steigen ebenso wie die Kreditzinsen
Die Sicherheit der Energieversorgung sei wohl abhängig von einem milden Winter. Als Folge stiegen die Preise nicht nur für Energie auf breiter Front. Das betreffe auch die Kreditzinsen, die die Investitionen für den notwenigen Strukturwandel etwa zur Dekarbonisierung der Wirtschaft verteuerten. Durch den Wandel zur Elektromobilität sinke beispielsweise die Nachfrage der Autoindustrie nach Stahl, die dadurch Probleme bekomme. Steigende Finanzierungskosten führten zu einem immensen Druck in der ganzen Wertschöpfungskette.

Energieintensive Industrien wie Stahl oder Chemie seien hart und direkt von steigenden Preisen für Öl und Gas betroffen. Auch Teile der Bauindustrie litten zurzeit massiv, so sei die Zahl der Baugenehmigungen „steil gesunken“, so Langen. Zum einen stiegen die Baukosten massiv, zum anderen sei der Anstieg der Kreditzinsen eine weitere Ursache. Viele Aufträge würden storniert oder lägen auf Eis. So müssten sich Bauunternehmen umorientieren, beispielsweise vom Bau von Einfamilienhäusern hin zum Einbau von Solardächern, besseren Dämmungen oder staatlichen Infrastrukturaufträgen. Erhöhte Risiken seien in nahezu allen Branchen festzustellen.

Erheblich mehr Insolvenzen erwartet
15 bis 20 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen erwarten die Kreditversicherer für das kommende Jahr. Das wäre ein Anstieg von derzeit 14.000 auf über 16.000 Insolvenzen. Allerdings wollte der Kreditversicherungs-Experte hier nicht von einer Insolvenzwelle sprechen, vielmehr von einer Normalisierung, denn „wir kommen von einem historisch niedrigen Niveau“. So hätten staatliche Kredite Insolvenzen verhindert oder hinausgezögert. Insolvenzen seien kein Horror-Szenario, sondern gehörten zu einer Marktwirtschaft.

Weiterer Anstieg der Vertrauensschäden wahrscheinlich
Dr. Langen erwartet einen weiteren Anstieg von Vertrauensschäden durch kriminelle Mitarbeiter*innen. Da die stark steigenden Preise die privaten Haushalte massiv belasteten, werde der wirtschaftliche Druck zu einer höheren Wirtschaftskriminalität führen. Dazu komme das demnächst in Kraft tretende deutsche Hinweisgeberschutzgesetz, das den Schutz natürlicher Personen regelt, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die internen oder externen Meldestellen weitergeben („Whisteblower“). Hier sei zu erwarten, dass kurzfristig mehr Straftaten ans Licht kämen, die daher zu höheren Schäden führten.

Deckungssummen steigen
Mit 588 Milliarden Euro deckten die deutschen Kreditversicherer in diesem Jahr höhere Ausfallrisiken als je zuvor (plus 11 Prozent). Zum Deckungsvolumen der Warenkreditversicherung (510 Milliarden Euro) kommen weitere 78 Milliarden Euro aus Kautionsversicherungen, mit denen die Versicherer Bürgschaften und Garantien zur Verfügung stellen.

Risikomanagement unterentwickelt bei kleineren Unternehmen
Problematisch sei der Versicherungsschutz bei kleineren und mittleren Unternehmen. Viele dieser Entscheidungsträger sähen den Bedarf einer Kreditversicherung nicht, da das Risikomanagement dort in der Regel unterentwickelt sei. Zudem seien die handelnden Personen für die Versicherer schwer zu erreichen, erläuterte Langen.

Ein Hauptnutzen sei neben der Schadenregulierung die Gesamtheit der Informationen über das Marktumfeld, das die Kreditversicherer hätten. Die Versicherer könnten zu bestimmten Branchen und ihren Akteuren Informationen zusammenführen und dadurch ihre Kunden vor möglichen Zahlungsausfällen bestimmter Marktakteure warnen. (Autor Bernd Rudolf / www.bocquel-news.de

 

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