logo

Produkte und Profile

Kfz-Versicherung: Pricing verändert sich stärker

14. April 2014 - Das Pricing der Auto-Versicherungstarife hat sich stark verändert. Beim Future.Talk 3 / 2014 im Haus der Axa stellten Experten der Solution Providers die mit der Universität St. Gallen erarbeitete Studie „Pricing-Strategien in der Kfz-Versicherung 2014" vor.

Pricing-Strategien in der Kfz-Versicherung 2014„Die Disziplin des Pricings hat sich in den letzten Jahren von einer stark aktuariell dominierten Tätigkeit in eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Produktmanagern, dem Vertrieb, dem Marketing, dem Aktuariat und weiteren Abteilungen entwickelt", sagte Dr. Christoph Nützenadel von der Solution Providers Schweiz AG (www.solutionproviders.com). Er gehört ebenso wie Dr. Michael Hartmann, Associate Partner der Solution Providers Schweiz, zu den Autoren der Studie „Pricing-Strategien in der Kfz-Versicherung 2014" (Titelbild). In Zusammenarbeit mit dem Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen (I.VW-HSG) und seinem geschäftsführenden Direktor Professor Hato Schmeiser hatten die Experten die jüngsten „Pricing-Strategien" von Autoversicherern in Deutschland, der Schweiz und Österreich auf den Prüfstand gestellt.

Dabei machte Nützenadel deutlich, dass die Anforderungen an das Pricing zunehmend komplexer werden. Man müsse vermehrt neue Trends und Einflüsse berücksichtigt. Die Solution Providers zählen branchenweit zu den Pricing-Experten, weil man sich im Unternehmen nahe Zürich/Schweiz  seit beinahe zehn Jahren mit dem Thema Pricing befasst und dazu eigens das Kompetenzzentrum „Product and Pricing Management" aufgebaut hat.

AXA Nützenadel+Buberl„Die große Dynamik der letzten Jahre im Pricing - zum Beispiel durch das (Wieder-)Aufkommen der Telematik, den stärkeren Einfluss der Onlinekanäle und der Aggregatoren sowie durch regulatorische Einflüsse wie Unisex - hat uns dazu bewegt, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen (I.VW-HSG) eine neue Studie zum Thema Kfz-Pricing im DACH-Raum sowie als Ausnahme auch in Singapur durchzuführen", sagte Dr. Christoph Nützenadel - links im Bild - im Gespräch mit dem Axa-Deutschland-Chef Dr. Thomas Buberl (Foto: E. Bocquel). - DACH-Raum steht für die Länder D (= Deutschland), A (= Österreich) und CH (= Schweiz).

Drei-Ebenen-Modell des PricingsDie Experten der Solution Providers richteten ihre Studie als drei-Ebenen-Modell des Pricings (Pricing-Haus) aus und untersuchten alle drei Ebenen: das Ressourcenfundament, die Pricing-Bausteine und die strategische Ebene (siehe Abbildung und Quelle: Solution Providers). Danach wurde auf der strategischen Ebene zunächst untersucht, welche strategischen Zielsetzungen in den letzten Jahren umgesetzt wurden und welche zukünftigen Ziele im Vordergrund stehen.

In der strategischen Ebene - das zeigt die Pricing-Studie - sind die Erwartungen der befragten Manager bezüglich zukünftiger Prämien- und Rentabilitätsentwicklung eher positiv. Sie stehen im Gegensatz zu den in der Studie aufgezeigten Trends bezüglich Mobilität und Wettbewerbs-Veränderungen.

Dabei habe sich gezeigt, dass insbesondere in Deutschland ein klarer Fokus auf die Rentabilität gesetzt wurde, da dieser Markt nach wie vor einem äußerst harten Preiswettbewerb ausgesetzt ist. „Dieser deutliche Fokus auf die Rentabilität geht jedoch zu Lasten von Wachstum und Bestandserhaltung", sagte Nützenadel. Interessant sei daher, dass keiner der Marktplayer das Wachstum über Zusammenschlüsse oder Zukäufe zu kompensieren versuchte. Und: „Pricing und Produktentwicklung stehen immer in gegenseitiger Abhängigkeit."

Tatsächlich habe sich gezeigt, dass die Marktkonzentration in allen Ländern mehr oder weniger gleich geblieben sei. Im Ranking der Top-Ten-Gesellschaften hätten sich nur leichte Positionsveränderungen ergeben.

Die Solution Providers hatten die Studie neu erstellt, aber auf der Struktur der ersten Studie aus dem Jahr 2006 aufgesetzt, damit Vergleiche zur Marktsituation von 2006 möglich wurden. Insgesamt haben 47 Personen aus 31 Unternehmen im DACH-Bereich an der Studie teilgenommen. Es bestehe eine gleichmäßige Verteilung nach Ländern und Unternehmensgröße.

 Dr. Michael HartmannFür die Zukunft erwarten die Autoren der Studie daher vor allem für Deutschland eine Marktkonsolidierung, da insbesondere die kleineren Gesellschaften im chronisch unrentablen Kfz-Markt nur durch Quersubventionierungen überleben könnten. In Österreich und der Schweiz werde nicht mit weiteren Konsolidierungen gerechnet, da hier die Top-Ten-Gesellschaften bereits über Marktanteile von 86 Prozent respektive 98 Prozent verfügen. „Da die Eintrittshürden in den Kfz-Markt relativ gering sind, stellt sich vielmehr die Frage, ob weitere Marktplayer hinzukommen, um sich ein Stück vom sehr profitablen Kuchen abzuschneiden", sagte Dr. Michael Hartmann (Foto: Zink/Uni St. Gallen). Diese Feststellung stütz sich den Angaben zufolge auf mehrere Markteintritte, die in den vergangenen Jahren erfolgten (2009: Sympany, CH; 2009: MUKI, AT; 2012: iDirect24/QBE, CH).

Pricing-Bausteine - gemeinsam mit Aktuaren gestalten
Nach einer Periode, in der stark in die Erweiterung der aktuariellen Fähigkeiten investiert wurde, steht in den nächsten Jahren der Fokus auf den Ausbau des Competitive Pricings. („Denken Sie zu erst immer an den Aktuar!" Die Aktuare entscheiden letztendlich immer den Geschäftserfolg.) Am weitesten vorangetrieben worden sei in den letzten Jahren die versicherungstechnische Bedarfs-Tarifierung. Dieser aus der Innensicht im Unternehmen gestaltete Teil des Pricings könne aber langfristig nicht ausreichen, um die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Die Erwartung, dass Onlinekanäle und Aggregatoren zukünftig noch mehr an Bedeutung gewinnen (Stichwort: Digital Natives und Digitalisierung) und damit Transparenz und Vergleichbarkeit der Produkte und Preise steigen. Das leiten die Autoren davon ab, dass fast alle Studienteilnehmer Bedarf in der Weiterentwicklung des Competitive Pricings sehen, gemeint sind damit marktspezifische Zu- und Abschlägen.

Zusammenspiel von Aktuariat, Vertrieb und Marketing
Der Adaption der Modelle zur dynamischeren Verteilung der Kosten aus Vertrieb und Administration, die unter dem Begriff Loading zusammengefasst werden, komme vorläufig noch keine allzu starke Bedeutung bei der Weiterentwicklung zu. „Da das Pricing mittlerweile eine interdisziplinäre Funktion geworden ist, das ein Zusammenspiel von Aktuariat, Vertrieb und Marketing erforderlich macht, besteht ein großer Weiterentwicklungsbedarf bei Kundenzu- und -abschlägen sowie den Kontingenten zu Vertriebsrabatten", betonte Nützenadel.

Bei Solution Providers habe die Erfahrung gezeigt, dass einfache Kundenwertmodelle nicht mehr genügen, um Kundenzu- oder -abschläge zu begründen. Vielmehr müssten ausgereiftere Modelle herangezogen werden, wie sie etwa im Behavioural Pricing angewendet werden. Hier würden die Verkaufsprozess-Steuerung sowie Zu- oder Abschläge auf dem jeweiligen Verkaufsfall basieren, wobei eine allgemeine Kunden-Typologie berücksichtigt werden könnte.

Veränderte Ressourcen - verändertes Pricing
Die Anforderungen an das Pricing haben sich stark verändert. Die Autoren vermerkten, dass neue Rollen und Fähigkeiten zum Beispiel in der Form eines Pricing-Aktuars oder eines Produkt-Parametrierers entstanden. „Neben vielen anderen Gründen, führen diese Rollen dazu, dass das Produkt- und Pricing-Management der gesamten Organisation überdacht und Pricing-Prozesse angepasst werden müssen, um weiterhin «State-of-the-Art» zu sein", sagte Nützenadel. Nur dadurch könne eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden.

Deutliche Unterschiede bei Tarifüberprüfung und -anpassung
In der Studie zeigen sich diesbezüglich beispielsweise deutliche Unterschiede zur Fähigkeit der Tarifüberprüfung und -anpassung in der Form von Aufwand (Personen-Tage) und Zeit. Die Unterschiede lassen sich den Angaben zufolge sowohl länder- als auch größenspezifisch herleiten. Sie zeigen demnach teilweise deutlichen Handlungsbedarf auf, wenn die Gesellschaften nicht Opfer der Konsolidierungswelle werden wollen, wie dies in der Abbildung unter «strategische Ebene» angeführt wurde.

Als Resümee sehen die Autoren der Studie, dass sich auch Veränderungen in der Datenbasis abzeichnen, die dem Pricing zugrunde liegen. „Die versicherungstechnische Tarifierung konnte bislang primär aus den eigenen historischen Schadendaten abgeleitet werden", sagte Nützenadel.

Für die neuen strategischen Stoßrichtungen Competitive Pricing und Kundenzu- und -abschläge würde diese Datenbasis aber nicht mehr ausreichen. Hierfür müsste man zukünftig auch auf externe Marktdaten zugreifen. Dafür müssten bestehende IT-Systeme webfähig gemacht werden. Zusätzlich müssten in Zukunft auch externe Datenbanken etwa für das Merkmal „Bonität", geocodierte Daten oder Daten aus den Onboard-Units der Telematikboxen eingebunden werden.

Telematik wird die Regeln verändern
Neue technische Möglichkeiten, wie etwa die IT-Elemente Telematik und eCall das Autofahren revolutionieren sollen, werden, so ist man sich in der Fachwelt sicher, die Regeln - auch die Pricing-Regeln der Versicherer - verändern. Als Gründe dafür werden aufgeführt:

  • Regulatorische Veränderung durch paneuropäischen eCall;
  • Autoindustrie als erster wichtiger Empfänger von Informationen;
  • Technologiefortschritt bei Geräten für Wartung und Betrieb.

„Wer den Zugang zum Kunden hat, der gewinnt", lautet die Devise. Der Zusatznutzen decke die Mehrkosten für die Onboard-Unit (in Fahrzeugen eingebautes Funkgerät, das Fahrzeugdaten - zum Beispiel Kennzeichen und Standort - an einen Transponder weitergibt.

In der Entwicklung der Marktbearbeitung sehen die Autoren ebenfalls Verschiebungen, wie auch die nachfolgende Grafik deutlich macht. Leicht zunehmen werde beispielsweise die Wechselbereitschaft des Kunden- hin zu einem anderen Auto-Versicherer.

Pricing-Strategien in der Kfz-Versicherung 2014

    Quelle: Empirischer Teil der Studie „Pricing-Strategien in der Kfz-Versicherung 2014".

Die Studie der Solution Providers mit einzelnen Schwerpunkten kann online unter http://www.ivw.unisg.ch/Studienprsentation eingesehen werden. Auch die beiden Autoren Dr. Christoph Nützenadel und Dr. Michael Hartmann stehen für persönliche Gespräche zur Verfügung. (eb-db / www.bocquel-news.de)

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.


Link zum Artikel: http://www.bocquel-news.de/Kfz-Versicherung-Pricing-verändert-sich-stärker.8063.php