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Konzepte und Kriterien

Kein konkreter Konsens in der Kostendiskussion

30. Mai 2018 - Deutliche und nicht immer zustimmende Worte in Bezug auf Kosten und Provisionen sowie IDD, LVRG und auch InsurTechs ließ BVK-Präsident Michael Heinz während der Hauptversammlung 2018 des größten Vermittlerverbandes am Freitag verlauten. Prominente Gäste waren EU-Kommissar Oettinger und Prof. Max Otte.

„Das Problem ist, dass sich die Politik darauf eingeschossen hat, dass die Provision Teufelszeug ist“, sagte Michael Heinz; Präsident des BVK Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (www.bvk.de) als er im Pressegespräch bei der BVK Hauptversammlung einzelne Knackpunkte des Lebensversicherungs-Reformgesetzes (LVRG) kritisierte. Die bilanzielle Anrechenbarkeit der Provisions-zahlungen durch Versicherer wurde begrenzt. Jetzt hätten die Vermittler ihren Teil zur Kostensenkung beigetragen. Es sei nun an den Versicherern hier in Sachen Kosten-senkung den Rotstift an eigenen Positionen anzusetzen. Entsprechend habe sich bereits Versicherungs-Exekutivdirektor Frank Grund von der BaFin geäußert.

Für Heinz wird die Kostendiskussion in der Lebensversicherung zu einseitig geführt. Während die Vermittlerschaft ihren Teil geleistet habe, müssten nun die Versicherungsgesellschaften ihren Teil beisteuern.

Man müsse allerdings auch bedenken, dass niemand in der Branche Schuld an der Niedrigzinssituation - dem eigentlichen Dilemma – trage. Demnächst werde sich der Finanzausschuss des Bundestags mit der Evaluierung des Lebensversicherungsreformgesetzes beschäftigen, das der Gesetzgeber 2014 auf den Weg gebracht hatte, um unter anderem eine Verringerung der Abschlusskosten in der Lebensversicherung herbeizuführen. Die bisherigen Ergebnisse sind aus Sicht der Politiker unzureichend, so dass hier ein Provisionsdeckel im Gespräch sei.

Nach LVRG I warten auf LVRG II
Mit dem LVRG I hat die Regierung die bilanzielle Anrechenbarkeit der Provision auf 2,5 Prozent beschränkt, um die Abschlusskosten zu senken. Jetzt erwartet man das „LVRG II“, das vom Finanzausschuss im Detail spätestens im Juni veröffentlicht werde. BaFin-Exekutivdirekor Grund schlug nun vor, höhere Provisionen nur bei nachgewiesener Beratungsqualität zu erlauben. Man spricht inzwischen vom „atmenden Deckel“, den der BVK-Präsident für diskutabel hält.

Eigentlich läge die Situation jedoch durch die Niedrigzinsen im Argen, für die die Branche zu Unrecht haftbar gemacht werde. Wegen der Niedrigzinsen haben es die Gesellschaften immer schwerer, auskömmliche Renditen an den Kapitalmärkten zu erzielen, um den Zinszusagen aus der Vergangenheit gerecht zu werden. Das LVRG im Jahr 2014 sollte aus Sicht des Gesetzgebers Erleichterung schaffen. Auch deshalb werden die Versicherten seit dem an den Bewertungsreserven beteiligt.

BVK-Präsident Heinz wiederholte im Gespräch mit den Journalisten, dass der Vermittlerverband sich für einen gelebten Verbraucherschutz, Besonnenheit bei der anstehenden Evaluierung des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG), gleiche Wettbewerbsbedingungen online wie offline und für eine Wertschätzung der Beratung ausspreche. Dazu verabschiedeten die BVK-Delegierten am vergangenen Donnerstag in interner Sitzung in Berlin einstimmig den Leitantrag „IDD - Gelebter Verbraucherschutz durch professionelle Beratung und Betreuung".

Demnach begrüßt der BVK, dass im Zuge der Umsetzung der EU‑Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD viele seiner Forderungen vom Gesetzgeber aufgegriffen wurden und sieht sich in vielen Punkten bestätigt. Dies betreffe beispielsweise den Grundsatz „Kein Vertrieb ohne Beratung", die gesetzliche Verankerung des Provisionsabgabe-Verbotes und die Bestätigung der Provision und Courtage als Leitvergütung.

Die IDD-Richtlinie, die unter anderem umfangreiche Weiterbildungspflichten vorsieht, ist inzwischen in der Vermittlerschaft angekommen. Man sehe sich hier mit der Brancheninitiative „gut beraten“ ausreichend vorbereitet.

Kritik an zunehmender Bürokratisierung
„Bei der noch zu beschließenden Versicherungsvermittlungs-Verordnung fordern wir jedoch vom Gesetzgeber, mit Augenmaß vorzugehen", mahnte der BVK-Präsident. „Denn die neuen gesetzlichen Pflichten binden schon erheblich unsere unternehmerischen Kapazitäten, und der bürokratische Aufwand wächst von Jahr zu Jahr. Auch die Evaluierung des LVRG sollte nicht noch zu größerer Belastung unseres Berufsstandes führen, da wir bereits in den letzten Jahren deutliche Einschnitte in der Vergütung erfahren haben."

Gleiche Wettbewerbsbedingungen
Mihael Heinz betonte außerdem, dass sich der BVK ganz im Sinne des Verbraucherschutzes auch für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen stationärem und Onlinevertrieb einsetze. Der BVK werde weiterhin seine satzungsgemäße Aufgabe wahrnehmen, den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Dem hätte auch die erfolgreiche BVK-Klage gegen das Internetvergleichsportal Check24 gedient, weswegen das Unternehmen bei Beratungs- und Informationspflichten nachbessern musste.

BVK fördert Marktpotenziale der Digitalisierung und Normierung
Thematisiert wurde auch die Digitalisierung. Der BVK will demnach die Potenziale der Digitalisierung noch stärker für Vermittler nutzen, insbesondere durch ein standardisiertes Datenmanagement und vermittlerfreundliche Datenschnittstellen.

„Durch unsere Mitgliedschaft bei Single Sign-On e. V. arbeiten wir schon viele Jahre daran, Maklern einen einheitlichen Zugang zu den Extranets der Versicherer zu ermöglichen“, informiert BVK-Präsident Michael H. Heinz. „BVK-Vizepräsident Andreas Vollmer ist sogar am 15. Mai zum Vorsitzenden des Vereins gewählt worden und inzwischen haben sich namhafte Versicherer dem Verein angeschlossen und erleichtern den rund 18.000 teilnehmenden Vermittlern durch eine einheitliche Authentifizierung die tägliche Arbeit enorm.“

BVK-Vizepräsident Andreas Vollmer ergänzt: „Auch im technischen Bereich des Datenaustauschs und der IT-Kommunikation ist bei den Versicherern dank des Brancheninstituts Prozessoptimierung (BiPRO) in den letzten Monaten die Erkenntnis gereift, dass eine einheitliche Prozess- und Datensprache erheblich mit Effizienzgewinnen verbunden ist.

Dies trifft jetzt nicht nur auf die Kommunikation zwischen Versicherern und Maklern zu, sondern zunehmend auch auf den Ausschließlichkeitsvertrieb.

Denn IT-Systeme lassen sich für alle Vertriebswege auf Basis von BiPRO-Normen wesentlich kostengünstiger entwickeln, da markteinheitliche Normen für den Datenaustausch verwendet werden können.“

 

Der BVK wünscht sich jedoch eine noch tatkräftigere Umsetzung der Versicherungswirtschaft der BiPRO-Normen. „Hier stehen wir leider erst am Anfang“, gibt Vollmer zu bedenken.

„Noch längst nicht alle Unternehmen haben die strategische Bedeutung der technischen Normierung verstanden.“

Für Makler gilt schon heute: „Prozess schlägt Produkt“, das heißt, ein Makler arbeitet – insbesondere im Retail-Geschäft – nur dann mit einem Versicherer zusammen, wenn die Prozessabläufe technisch modern und reibungslos gestaltet sind. Der Vertrieb benötigt wieder mehr Zeit für die direkte Kundenbetreuung als das in den letzten Jahren der Fall war.

„Wir haben uns zu viel mit Fragen des Daten- und Dokumentenaustauschs befasst. BiPRO beschleunigt dies, sodass wir mehr Zeit für die Beratung von Kunden gewinnen werden“, sagt Vollmer.

DIN-Norm für Finanzanalyse
Dagegen steht die Normierung von Beratungsstandards nach der DIN-Norm 77230 auf festem Fundament. Das Regelwerk für eine am Kundenbedarf ausgerichtete Finanzanalyse arbeitete eine breite Kooperation von Vermittlerverbänden, Versicherern, Banken und Verbraucherschützern aus.

„Hier ist der Entwurf zwischen allen Beteiligten im DIN-Normenausschuss abgestimmt“, informiert BVK-Vizepräsident Vollmer, der für den BVK im Gremium mitarbeitet. „Zum Jahresende wird die neue DIN-Norm für die standardisierte Finanzanalyse von privaten Haushalten daher in Kraft treten. Alle Marktteilnehmer könnten dann ihren Kunden eine neutrale Einschätzung ihrer finanziellen Situation und ihres Absicherungsbedarfs geben.“

Der BVK verbindet mit der Einführung der DIN-Norm 77230 für die Finanzanalyse eine Erhöhung der Beratungsqualität und eine deutliche Professionalisierung der Finanzberatung. Das ist auch ganz im Sinne der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD, wonach Kunden im bestmöglichen Interesse zu beraten sind.

Im öffentlichen Teil der BVK-Hauptversammlung gingen die Teilnehmer mit zwei Persönlichkeiten bildlich auf Weltreise. Der deutsch-US-amerikanischer Ökonom und Börsenprofessor Max Otte, der 2003 das IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH (www.privatinvestor.de) gründete, nahm die Zuhörer auf eine währungspolitische Weltreise mit. „Die Risiken steigen.

Warum ich ab jetzt viel vorsichtiger werde“, überschrieb er seinen Vortrag. Geld ist öffentliches Gut. Seinen Berechnungen zufolge verlieren die Bundesbürger jährlich zwischen 80 und 100 Milliarden Euro durch die Null-Zinsen-Politik. Und die Risiken steigen. Laut Prof. Otte sind sie so hoch wie seit dem Jahr 2008 nicht mehr. „Das System könnte die nächste Krise generieren. Es könnte bald zu einer neuen Verweisung kommen“, prognostizierte Otte abschließend.

Wirtschaftspolitische Weltreise mit EU-Kommissar Oettinger
Aus Brüssel war Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für Haushalt und Personal, angereist. In seiner geschliffenen Politikerrede führte er den anderen BVK-Gästen die Schwächen und Stärken Europas vor Augen. Damit Europa nicht Gefahr laufe, strategisch übernommen zu werden, forderte der EU-Kommissar größere europäische Souveränität und weniger Abhängigkeit von den USA und China. Alles in allem ließ er eine wirtschaftspolitische Weltreise Revue passieren. (-el / Fotos E. Bocquel / www.bocquel-news.de)

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