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Konzepte und Kriterien

Kehrt Ruhe in die PKV ein - Ruhe vor dem Sturm?

17. Dezember 2015 - „Die Krankenversicherer müssen ihr Geschäftsmodell überarbeiten, und gerade jetzt ist die Zeit für wichtige interne Weichenstellungen“, sagt Stefan Bause von Towers Watson. Daten aus dem jüngsten Vertriebswege-Survey seien alarmierend. Wie fortschrittlich kann die PKV sein?

Die Ruhe vor dem Sturm? Gefühlt sei etwas Ruhe in die PKV-Branche eingekehrt, heißt es. Die Politik hat das Thema Gesundheitspolitik und insbesondere den PKV-Verband (www.pkv.de) mit seinen Privaten Krankenversicherern im Jahr 2015 quasi ausgeklammert, stellten die Marktbeobachter von Towers Watson (www.towerswatson.com) jetzt fest.

Kurzfristig sind demnach aus gesetzlicher Richtung weder zusätzliche Belastungen noch sinnvolle Weiterentwicklungen zu erwarten. Und trotzdem mangelt es der Branche nicht an Herausforderungen, was auch der jüngste Vertriebswege-Survey der Towers-Watson-Spezialisten zeigt.

Demnach ist das Neugeschäft in der PKV 2014 erneut um 10 Prozent gesunken. Unisex-Tarife und die gleichzeitige Senkung des Rechnungszinses haben den Angaben zufolge die Beiträge sowohl für Männer als auch für Frauen deutlich ansteigen lassen. „Damit ist das früher wichtige Verkaufsargument eines Beitragsvorteils gegenüber der GKV de facto verschwunden“, sagt ein Insider. Zugleich würden Ansätze für Produktinnovationen fehlen, die das Neugeschäft beflügeln könnten.

Die Ausgaben steigen
Die Towers-Watson-Experten konstatieren, dass der Ausgabenanstieg je Versichertem in Deutschland von 2010 bis 2014 etwa 15 Prozent betrug. Das erzeugte Beitragssteigerungen für viele Privatversicherte, die deutlich über den Lohnsteigerungen liegen dürften.

Das Niedrigzinsumfeld wird zum Problem
„Was in der Lebensversicherung schon stärker sichtbar ist, wird auch die PKV auf breiter Front treffen“, heißt es bei Towers Watson. Es werde stärkere Rechnungszinsabsenkungen geben als bisher. Das dürfte dann auch zum Problem für ältere Bestandskunden werden, die mit spürbaren Beitragsanpassungen rechnen müssten. Für jüngere Versicherte fehlen dagegen laut Marktforschern Zinsgewinne, die bisher zum Aufbau von individuellen Reserven für das Alter angespart worden sind.

Optimale Weichenstellung - in vielen kleinen Schritten
In erster Linie müssten sich die PKV-Unternehmen nach Meinung der Vertriebswege-Survey-Experten fragen, wie sie die notwendigen Beitragsanpassungen für Bestandskunden in einem erträglichen Rahmen halten können. Ein Blick auf das kränkelnde Neugeschäft zeige, dass sie potenziellen Neukunden bislang kein attraktives und zukunftssicheres Versicherungsprodukt zu bieten haben. An beiden Punkten lasse sich jedoch arbeiten.

1. Kapitalanlagestrategien im Niedrigzinsumfeld
Laut Towers Watson wird sich eine Senkung des Rechnungszinses mittelfristig bei allen Krankenversicherern ergeben – je nach bestehender Kapitalanlage und Neuanlagevolumen wird dies bei einigen früher und stärker der Fall sein als bei anderen. Diese Entwicklung lässt sich nur mit mittel- und langfristigen Kapitalanlagestrategien beeinflussen: Die ideale Gewichtung von Aktien? Alternative Investments? Oder Kapitalanlagen in Infrastruktur?

Um solche Überlegungen fundiert analysieren zu können, sind detaillierte Asset-Liability-Management (ALM) -Berechnungen notwendig. Diese Ansätze sind in der Lebensversicherung – nicht aber in der Krankenversicherung – schon lange Standard. Aber: Immer mehr Unternehmen haben sich in den letzten Jahren intensiv mit ALM-Berechnungen beschäftigt und sind bereits in der Lage, obige Fragestellungen für sich zu bewerten.

2. Neugeschäft – Transparenz über Qualität und Stabilität
Der jüngste Vertriebswege-Survey zeigt darüber hinaus, das bis auf wenige Ausnahmen insbesondere das Neugeschäft in der Vollversicherung bei fast allen Gesellschaften eingebrochen ist. Transparenz und die Abgrenzung von der breiten Masse werden immer wichtiger, um Neukunden zu gewinnen. Im Fokus einer transparenten Kommunikation sollten die Beitragsstabilität in der PKV sowie die Qualität ihrer Leistungen stehen. Dies mache aber auch angepasste Vertriebsansätze notwendig, heißt es. Möglichkeiten, etwa die konsequente Ausrichtung auf eine spezielle Zielgruppe oder die stärkere Ausrichtung auf Zusatzversicherungen, sind vorhanden – der Vertrieb müsse nur dementsprechend gesteuert werden.

3. Einheitliches Leistungsmanagement
Es mag gute Gründe geben, warum in einzelnen Tarifen oder im Kulanzfall Zahlungen geleistet werden, die tariflich gar nicht zugesichert sind, heiß es bei Towers Watson. Dennoch sollte genau analysiert und abgewogen werden, was dabei noch im Sinne des Versichertenkollektivs ist. Insbesondere für Gesellschaften mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Tarifwerken sei ein einheitliches Leistungsmanagement schwierig, aber wichtig.

Stefan Bause (Foto), der als Director bei der internationalen Unternehmensberatung Towers Watson in Köln die Beratungsaktivitäten für deutsche Krankenversicherer leitet, legt in der Endbetrachtung des Surveys der Vertriebswege in der PKV den Finger in die Wunde.

Es besteht demnach unmittelbarer Handlungsbedarf. In diesem Zusammenhang sei s emminent wichtig, dss die Leistungsabteilungen müssten regelmäßig prüfen, ob das aktuelle Vorgehen in allen Tarifen richtig ist und dann eine Anpassung an die gesamte Strategie des Unternehmens vornehmen.

Nur so könnten sie „die optimale Regulierung“ ermitteln und die Kosten im Sinne aller Versicherten gering halten. „Der nächste Sturm in der PKV kommt bestimmt – wie gut ist die Branche darauf vorbereitet?“ (-el / www.bocquel-news.de)

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