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Konzepte und Kriterien

Ist Provisionsdeckelung nun beschlossene Sache?

31. Oktober 2011 - Die Provisionen der Versicherungsvermittler sind zweifach unter Beschuss geraten: Am Donnerstag beschloss der Bundestag eine Provisionsdeckelung; außerdem schlägt das „Provisionsabgabe-Verbot"-Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichts hohe Wellen.

Finanzausschuss BUNDESTAG Um Fehlberatungen durch Versicherungsvermittler einzudämmen, hat der Bundestag (www.bundestag.de) vergangen Woche beschlossen, die Provisionen der Versicherer zu deckeln. Wie es heißt, hat der Finanzausschuss des Bundestages sich bereits über neue Regeln geeinigt. In der Konsequenz heißt das, dass Versicherer künftig Vermittler, Beratern und Maklern nicht mehr so hohe Provisionen zahlen dürfen. Zudem sollen die Zahlungen zeitlich weiter gestreckt werden.

Stein des Anstoßes war zuletzt die Tatsache, dass Vermittler von privaten Krankenversicherungen (PKV) angeblich bis zu 18 Monatsbeiträgen für den Verkauf oder die Umdeckung einer Krankenversicherungs-Police erhalten haben sollen. Dem soll jetzt ein Riegel vorgeschoben werden.

Doch nicht nur die Provision für die Vermittlung privater Krankenversicherungs-Tarife soll gedeckelt werden, sondern auch im Vertrieb von Lebensversicherungs-Policen ändert sich etwas. Hier werde eine Stornohaftung eingeführt, heißt es.

Klaus-Peter Flosbach Der Bundestags-Abgeordnete Klaus-Peter Flosbach (Foto) führte in der Bundestagsdebatte um die Begrenzung von Provisionen in der privaten Krankenversicherung das Wort. Sein Statement am Rande der Sitzung: "Ich denke, das war einer der wichtigsten Schritte, um einen sauberen Markt für die Vermittlung von privaten Krankenversicherungen zu erreichen, und die Versicherungs-Branche ist uns dankbar, dass wir in den Markt eingegriffen und diesen Missbrauch beseitigt haben."

Auf maximal neun Monatsbeiträge begrenzt wird die Provision für die Vermittlung einer privaten Krankenversicherung. Realität wird der Bundestags-Beschluss am 1. April 2012. Errechnet wurde dies aus der Maßgabe, dass private Krankenversicherer künftig nur noch maximal 3,3 Prozent der Bruttobeitragssumme eines vermittelten Vertrags als Provision zahlen dürfen.

Auch die so genannten Nebenabreden der Vermittler stehen jetzt am Pranger. Werden Versicherungsvertretern geldwerte Vorteile gewährt, wird deren Wert künftig auf den zulässigen Höchstbetrag angerechnet.

Neben der Provisions-Deckelung hat der Bundestag die Verlängerung der Stornohaftung auf fünf Jahre abgesegnet. Von der fünfjährigen Stornohaftungszeit versprechen sich viele einen drastischen Rückgang der mitunter gern praktizierten Umdeckungen. Der Wechsel eines Versicherungsnehmers zu einer anderen Assekuranz galt für manche Vermittler als lukrativer Nebenjob, weil sie dann erneut Provision kassieren konnten.

Das betrifft auch die Provisionen der Lebensversicherer. Bisher erlagen Vermittler gern einmal dem Anreiz, Kunden in den ersten Jahren des Versicherungsverhältnisses einen Vertragswechsel vorzuschlagen. Mit einem neuen LV-Vertrag kassierten sie erneut eine Vermittlungs-Provisionen. Das soll nun durch eine so genannte Stornohaftung ausgegrenzt werden. Kündigt ein Versicherungsnehmer seinen noch nicht lange laufenden LV-Vertrag, muss der Vermittler einen Teil der Provision an den Versicherer zurückzahlen.

Stimmt der Bundestag der Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts in dieser Woche zu, soll das Gesetz zum 1. April 2012 in Kraft treten. Den Versicherungsunternehmen werde so genügend Zeit gewährt, die Vermittler-Verträge anzupassen.

Volker Leienbach „Die Vorschläge zur Provisions-Begrenzung sind nicht ausgereift", sagt Volker Leienbach (Foto), Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (www.pkv.de). Der Entwurf enthalte noch viele Unklarheiten und Abgrenzungsprobleme. Leienbach: „Der Verband der Privaten Krankenversicherung begrüßt die Absicht des Gesetzgebers, eine Begrenzung der Vermittlerprovisionen zu schaffen, um Übertreibungen wirksam zu verhindern. Eine Regulierung durch die Branche selbst ist aus kartellrechtlichen Gründen nicht möglich. Alle Beteiligten sehen aber, dass man im Interesse des Verbraucherschutzes Übertreibungen vermeiden muss. Dies gilt vor allem für Fehlanreize - beispielsweise bei den so genannten Umdeckungen, soweit der Unternehmenswechsel nicht im Interesse des Versicherten erfolgt."

Die PKV unterstütze daher die vorgeschlagene Stornohaftungszeit von 60 Monaten. Diese Regelung würde zu einer spürbaren Minderung der Abschlusskosten führen und der Praxis der „Umdeckungen" durch Vermittler wirksam begegnen.

Die darüber hinaus vorliegenden Vorschläge zu einer gesetzlichen Deckelung der Provisionshöhe sind laut Leienbach allerdings nicht ausgereift. Der Verbandsdirektor spricht von zahlreiche Unklarheiten und Unstimmigkeiten. „Der vorliegende Gesetzgebungs-Vorschlag unterscheidet sich beträchtlich vom geltenden versicherungsrechtlichen Regelwerk. Er wird zu zahlreichen Abgrenzungs-Problemen führen", sagt Volker Leienbach.

Der Gesetzgeber müsse beispielsweise sicherstellen, dass die Regulierung der Provision keine wettbewerbsverzerrende Wirkung entfalte. Die Regeln müssten im Hinblick auf die verschiedenen Vertriebswege wettbewerbsneutral sein. Besonders wichtig sei, dass im Interesse der Versicherten angesichts der im Grundsatz lebenslangen Absicherung in der PKV die fortdauernde persönliche Betreuung der Versicherten durch die Vermittler nicht beeinträchtigt werde. „Daher ist sicherzustellen, dass die für die Bestandspflege gezahlten Vergütungen nicht unter die Begrenzung der Abschlusskosten fallen", sagt Volker Leienbach.

Schlicht unmöglich ist eine kurzfristige Umsetzung zum 1. Januar 2012. Die Regelungen greifen in bestehende Verträge ein und erfordern deren Anpassung, wobei eine Vielzahl von Vermittlungsvereinbarungen betroffen ist. Weil die Abschlusskosten nach der Kalkulationsverordnung zu den maßgeblichen Größen für die Beitragskalkulation zählen, müssten überdies auch die Beiträge neu kalkuliert werden. Bis zum 1. Januar 2012 ist das alles objektiv nicht möglich.

Bei dieser extrem komplexen Gesetzesmaterie muss gelten: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Sinnvollerweise sollte das Inkrafttreten parallel zur ohnehin bevorstehenden Umsetzung des Unisex-Urteils des EuGH zum Dezember 2012 erfolgen. Dann hätte der Gesetzgeber auch genügend Zeit für eine seriöse Beratung und handwerklich saubere Umsetzung der neuen Regeln, damit sie nicht ihr Ziel verfehlen und nicht ungewollt neue Risiken und Nebenwirkungen auslösen. Eine nicht ausgereifte, allzu kurzfristige Neuregelung könnte ins Leere laufen oder über das Ziel hinausschießen. Der PKV-Verband begrüßt grundsätzlich das mit der Gesetzesinitiative verfolgte Regelungsziel, fordert aber substanzielle Nachbesserungen sowie eine gründliche Beratung, die bei einem Inkrafttreten schon zum 1. Januar 2012 seriös nicht möglich ist."

Michael Heinz Noch vor dem Bekanntwerden des Beschlusses des Finanzausschusses hatte sich der Präsident des BVK Bundesverbands der Deutschen Versicherungskaufleute (www.bvk.de), Michael Heinz (Foto), während eines Pressegesprächs auf der 15. DKM in Dortmund negativ zu möglichen gesetzlichen Regelungen zu Provisions-Abgaben geäußert. „Wir lassen doch eine Branche nicht diskriminieren, nur weil es einige schwarze Schafe gibt", sagte er und kündigt an, dass der BVK das nicht unwidersprochen hinnehmen werde ("Notfalls gerichtlich gegen Provisionsdeckelung").

Was die Provisionsabgabe eines Vermittlers an seinen Kunden betrifft, hat das Verwaltungsgericht Frankfurt (www.vg-frankfurt.justiz.hessen.de) mit dem Urteil Az. 9 K 105/11.F entschieden, das bisher hoch gehaltene Provisionsabgabe-Verbot aufzuheben ("Jetzt ist Schluss mit dem Provisionsabgabe-Verbot"). Auch dieses Urteil wurde mit gemischten Gefühlen Jörg von Fürstenwerth aufgenommen. Zu dem Urteil hat auch der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de) seine Meinung geäußert. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg von Fürstenwerth (Foto rechts) betonte, dass der GDV für die Beibehaltung des bestehenden Verbots plädiere.

"Provisionsabgabeverbot besteht aus gutem Grund"
„Das bestehende Provisionsabgabeverbot ist vom Verwaltungsgericht Frankfurt nicht ‘gekippt', sondern in einem einzelnen Bußgeldverfahren für zu unbestimmt erklärt worden", sagt Jörg von Fürstenwerth. Es sei noch gar nicht sicher, ob nicht Revision eingelegt werde. Eine nächsthöhere Instanz könnte das bisher nicht rechtskräftige Urteil nochmals mit anderer Auslegung fällen. Der GDV spreche sich „nachdrücklich" für die Beibehaltung des bestehenden Provisionsabgabe-Verbots aus. „Das Provisionsabgabeverbot besteht aus gutem Grund: Es schützt Vermittler und Kunden vor Auseinandersetzungen über Fragen jenseits der bedarfsorientierten Beratung", betonte von Fürstenwerth weiter. (eb / www.bocquel-news.de)

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