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Große Enttäuschung und nicht generationengerecht

28. November 2016 - Geht es nach der am Donnerstag vorgestellten Rentenreform wird der Steuerzahler nun noch mit einem „Demografie-Zuschuss“ zusätzlich zur Kasse gebeten. Aber zur dringend notwendigen Weiterentwicklung der Riester-Rente wurde nichts gesagt. Alle Vorschläge reichen nicht  zur Armutsbekämpfung aus.

„Das Gegenteil einer generationengerechten Rentenpolitik”, nennt GDV-Präsident Alexander Erdland das von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgestellte Rentenpaket. Damit würden vor allem neue Finanzquellen für die Rentenversicherung erschlossen. Erdland: „Das ist der Einstieg in den Rentenwahlkampf.“

Demnach ist das vorgelegte Rentenkonzept eine große Enttäuschung und das Gegenteil einer generationengerechten Rentenpolitik, heißt es beim GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Nachdem schon der letzte Wahlkampf um Mütterrente und Rente mit 63 Gesamtkosten von 160 Milliarden Euro allein bis 2030 verursacht hat, würden jetzt den Beitragszahlern bis zum Jahr 2045 noch weitere, hunderte von Milliarden schwere Zusatzbelastungen drohen, so die Expertenkritik aus der privaten Versicherungswirtschaft.

„Es ist sicher vernünftig, dass der Koalitionsgipfel Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente beschlossen hat. Deren Leistungen sind häufig nicht ausreichend, um die Betroffenen vor Armut zu bewahren. Dass das Betriebsrentenstärkungs-Gesetz nun bald ins parlamentarische Verfahren geht, ist trotz einiger Kritik im Detail ebenso richtig. Und die lange erwartete Ost-West-Angleichung der Renten soll zwischen 2018 und 2025 erfolgen und aus Steuermitteln finanziert werden. Soweit die Einigkeit“, kommentiert Erdland die Ergebnisse der vergangenen Woche.

Doch da wo man sich nicht einigen konnte, habe nun Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles den Rentenwahlkampf eingeläutet: Das erste Gebot steht nun mit 46 Prozent Rentenniveau für das Jahr 2045 im Schaufenster. Da die Vorschläge zu verbindlichen Haltelinien bei Rentenniveau und Beitragssatz de facto von den Beitragszahlern nicht finanzierbar seien, sollen die Steuerzahler so durch einen „Demografiezuschuss“ zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Auch die geplante Versicherungspflicht für Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung hat laut Alexander Erdland vor allem das Ziel, der Rentenversicherung kurzfristig neue Finanzquellen zu erschließen. „Dies hat nur vordergründig etwas mit Armutsbekämpfung zu tun.“ Zusätzliche Versicherte für die Umlage zu gewinnen und sie so gleichzeitig der kapitalgedeckten Vorsorge zu entziehen, verschlechtert die Nachhaltigkeit des Gesamtsystems.

Weiterentwicklung der Riester-Rente fehlt
In diesem Zusammenhang mahnt der GDV-Präsident, dass die „Weiterentwicklung der Riester-Rente fehlt”. Durch den seit 2001 gedeckelten Höchstbeitrag (beim Riester-Vertrag) von 2.100 Euro stoßen immer mehr Kunden an diese Grenze, so dass die Riester-Rente ihre vorgesehene Funktion, das Schließen der Rentenlücken, nicht mehr voll erfüllen kann.“

Erst kürzlich hörte man beim GDV noch ganz andere Worte: Da hieß es, dass die Rentenreformen viel besser als ihr Ruf wären. Zusammenfassend sagte Alexander Erdland noch vor nicht einmal vier Wochen: Die Rentenreformen der Jahrtausendwende erfüllen bisher weitestgehend die in sie gesetzten Erwartungen: Der Anstieg der Rentenbeiträge bis 2040 kann gebremst werden und fällt um 6 Prozentpunkte geringer aus als ohne Reformen. Dadurch sinkt zwar das Rentenniveau um etwa 8 Prozentpunkte, aber diese Lücke könne durch die Riester-Rente und betriebliche Altersvorsorge geschlossen werden.

Demnach erreichte die Riester-Rente das anvisierte Versorgungsziel selbst bei anhaltend niedrigen Zinsen, wie aus einer Untersuchung der Prognos AG (www.prognos.com) im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft hervorgeht. „Die geförderte Altersvorsorge kann Rentenlücke schließen“, heißt es. Die Riester-Rente und die Befreiung der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) von Sozialabgaben sowie die nachgelagerte Besteuerung wurden den Angaben zufolge darum eingeführt, um die durch diese Reform entstehende Rentenlücke zu schließen.

Die Prognos-Studie (zum Vergrößern bitte anklicken) zeigt, dass dieses Ziel auch bei niedrigen Zinsen erreicht werden kann. Während ein Rentner mit 47 Beitragsjahren infolge der Riester-Reform 2040 voraussichtlich 189 Euro weniger Rente bekommt, erhält er aus einer voll besparten Riester-Rente eine monatliche Leistung von 306 Euro – oder 294 Euro aus einer vergleichbaren Betriebsrente. „Die durch die Riester-Reform von 2001 entstehende Rentenlücke wird durch die geförderte Altersvorsorge erfolgreich geschlossen“, stellt GDV-Präsident Alexander Erdland fest.

Weitere Reformen haben allerdings seither dazu geführt, dass das Versorgungsniveau stärker sinkt. „Die Riester-Rente kann diese zusätzlichen Lücken nicht immer schließen“, stellt Oliver Ehrentraut, Leiter Volkswirtschaft der Prognos AG fest. Das liegt in erster Linie an den zusätzlichen Belastungen durch die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors 2004. Die Riester-Rente fängt zwar auch die Wirkung dieser Reform für die Versicherten überwiegend auf. „Vor allem der „Riester-Deckel“, also die nominale Fixierung der steuerlichen Förderung auf einen Höchstbetrag von 2.100 Euro, führt schon bald dazu, dass auch Normalverdiener ihre Verträge nicht mehr im notwendigen Umfang besparen können“, so Ehrentraut.

23,9 Prozent der arbeitenden Bevölkerung besitzen neben der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) keine weitere Altersvorsorge. „Um diese Menschen zu erreichen, brauchen wir passgenaue Maßnahmen“, sagt Alexander Erdland. „Der geplante Freibetrag in der Grundsicherung und der Zuschuss für Geringverdiener in der bAV gehen daher genau in die richtige Richtung.“

Auch Verbesserungen für Normalverdiener sinnvoll
Auch mit Blick auf die Durchschnittsverdiener gibt es verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten. „Hier geht es nicht um reiche Leute, sondern um Menschen mit einem Jahreseinkommen von 36.000 Euro“, so Erdland. „Der geplanten Anhebung der Riester-Förderung um 11 Euro sollten sowohl bei der Zulage als auch bei den Höchstbeiträgen weitere Schritte folgen“, empfiehlt er. So könne man die Einkommensentwicklung der letzten 15 Jahre nachholen – und sicherstellen, dass die Riester-Rente ihre Aufgabe auch künftig erfüllt. Doch dazu wurde Ende vergangener Woche im vorgelegten Rentenkonzept nichts gesagt. (-el / www.bocquel-news.de)

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