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Gothaer kehrt zu HGB zurück und spart Millionen

17. Mai 2018 - Der Gothaer Konzern kommt mit seiner Kombination aus Wachstum und Kostenersparnis gut voran. Der Einbruch im Lebensversicherungsgeschäft kann 2018 überwunden werden. Der Kurs wird begleitet von einem Kulturwandel quer durchs Unternehmen hin zu einer agileren Arbeitsweise, um die digitale Zukunft zu meistern.

Die Gothaer-Gruppe (www.gothaer.de) hat „2017 ein herausragendes Jahr“ gehabt, freute sich Vorstandsvorsitzender Dr. Karsten Eichmann anlässlich der Bilanzvorstellung in Köln Anfang dieser Woche. Die Kölner sind auf Kurs.

Den neuen Wachstums-Sparkurs haben sie 2015 eingeschlagen. Bis auf die Gothaer Lebensversicherung AG, die im Berichtsjahr 3,9 Prozent des Umsatzes (auf 1,3 Milliarden Euro) eingebüßt hat, sind alle Segmente gewachsen. - Im Einzelnen: Gothaer Allgemeine Versicherung AG (+1,6 Prozent auf 2,19 Milliarden Euro) und die Gothaer Krankenversicherung AG (+3,4 Prozent auf 939 Millionen Euro) haben das Leben-Minus wettgemacht. Insgesamt hielt sich der Konzern mit +0,3 Prozent auf 4,42 Milliarden Euro Beitragseinnahmen daher recht stabil. Der Konzerngewinn verbesserte sich um 5,6 Prozent auf 165 Millionen Euro.

Eiopa beäugt deutsche Solva-Quoten
„Das Geld bleibt als VVaG bei uns im Haus“, versicherte Eichmann, der damit das Eigenkapital weiter stärkt. Dabei können sich die Solvency-II-Quoten der Kölner sehen lassen: 930 Prozent bei der Gothaer-Kranken, 325 Prozent bei der Gothaer Leben, 202 Prozent in Komposit und insgesamt 257 Prozent in der Gruppe – allesamt gesteigert. Offenbar ist den Kölnern das Vorgehen der europäischen Aufsicht Eiopa (www.eiopa.europa.eu) nicht geheuer, die sich laut Eichmann wegen der hohen Solvenz-Quoten „ausgerechnet in Deutschland“ schon frage, wie das denn sein könne. Deshalb gebe es dort bereits Überlegungen „das anzupassen“.

Im deutschen Markt belegt die Gothaer eine Position unter den zehn größten Anbietern. Der Bekanntheitsgrad der Marke rangiere auf Platz sechs, hieß es. Platz fünf ist das Ziel. Nach der Fußball-Weltmeisterschaft soll ein neuer TV-Werbespot gezeigt werden. Außerdem verstärkt die Gothaer ihren Vertrieb mittels Kooperationen – etliche davon in Richtung Digitalisierung.

Veränderungen auch auf Führungsebene
 „Die Digitalisierung wird weiter unsere Agenda dominieren“ sagte Eichmann. Gleichwohl habe er „bis dato kein FinTech gesehen, das signifikante Marktanteile abräumt“. Die Gothaer geht daher den Weg der Integration. Es gebe viele tolle Entwicklungen, „die auch in unsere Welt gut reinpassen, aber als mittelständisches Versicherungsunternehmen ist unser Hauptanspruch, selbst die Innovationskraft zu entwickeln“.

Am Podium standen die Gothaer Vorstände während der Bilanz-Pressekonferenz Rede und Antwort (im Foto v.l.n.r.) Harald Epple, Oliver Schoeller, Michael Kurtenbach, Dr. Christopher Lohmann, Dr. Karten Eichmann (Vors.) und Konzern-Pressesprecherin Martina Faßbender. Dabei ging es auch um die Veränderung der Prozesse, Methoden und der Organisation, die auch die Integration der IT mit sich bringt – von der Linien- zur Netzwerkorganisation.

Solch eine grundlegende Veränderung kann kein Traditionsversicherer einfach beschließen und verordnen. Deshalb hat die Gothaer bei der Unternehmenskultur angesetzt.

Allerdings macht offenbar nicht jeder mit: Innerhalb von drei Jahren seien 80 Prozent der Führungspositionen und 75 Prozent auf der Bereichsleiterebene neu besetzt worden, sagte Eichmann. Er ist jedoch zuversichtlich, dass sich das neue Wir-Gefühl einstellen werde.

Gegen harten Provisionsdeckel
Der Vertrieb gehört für Eichmann auch zum ‚Wir‘ dazu. Zwar setzt die Gothaer zur Hälfte auf Kooperationen. Doch „der persönliche Vertrieb hat Zukunft“, hieß es. Eichmann sprach sich auch klar gegen einen harten Provisionsdeckel aus. „Das sehen wir als kontraproduktiv an“, ergänzte er vor dem Hintergrund drohender Altersarmut. Vorstand Michael Kurtenbach erklärte: „Ein Provisionsdeckel würde Spuren hinterlassen.“

Ein anderes Politikum ist die Zinszusatzreserve. Hier hofft die gesamte Branche auf Erleichterung. Die Politik hat zwei Möglichkeiten: Entweder auf dem Verordnungswege (das ginge relativ schnell) oder im Rahmen des Lebensversicherungsreformgesetzes, quasi als LVRG II. Letzteres würde allerdings länger dauern. „Jeder Lebensversicherer wäre froh, wenn die Korridorlösung käme“, räumte Kurtenbach ein. Aber: „Wir gehen zurzeit davon aus, dass sie dieses Jahr nicht mehr kommt.“ Das wäre vor allem für die Kunden schade, denn die Gothaer-Leben hätte dann mehrere Hundert Millionen Euro mehr zu verteilen.

Der Versicherungsverein (Gothaer Versicherungsbank VVaG) spart laut Harald Epple dafür an anderer Stelle – wenn auch weniger an Euro, dafür aber an Komplexität: Die Gothaer kehrt demnach zur deutschen HGB-Bilanzierung zurück. Der nächste IFRS-Standard-17 hätte Umstellungskosten in zweistelliger Millionen-Euro-Höhe beschert. Die Gothaer hatte 2002 den internationalen Bilanzierungsstandard IFRS eingeführt „unter der Annahme, dass es einen Gleichlauf mit Solvency II gebe“, erläuterte Finanzvorstand Harald Epple, „aber Solvency II hat sich anders entwickelt, deshalb brauchen wir’s nicht mehr.“ Klarer Vorteil des Vereins. (rl / Fotos Rita Lansch / www.bocquel-news.de)

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