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Gericht: Vermeintliche Falschberatung abgewehrt

24. Januar 2019 - Beratungsfehler können Versicherungsvertreter auch Jahre später noch teuer zu stehen kommen. Vor dem Landgericht Magdeburg war ein Verfahren anhängig, bei dem eine Versicherungsnehmerin auf Fehlberatung klagte. Den Verlauf des Rechtsstreits und das Ergebnis schildert die Kanzlei Jöhnke & Reichlow.

Bei der Menge an Regularien die Versicherungsvertreter heutzutage beachten müssen, sind Falsch-Beratungen nicht gänzlich auszuschließen. Vor dem Landgericht Magdeburg kam es zu einem Verfahren gegen einen Vertreter, weil er die Versicherungsnehmerin vermeintlich nicht korrekt beraten habe. Den Sachverhalt des Prozesses vor dem Landgericht Magdeburg (Aktenzeichen: 11 O 1647/17) schildert Rechtsanwalt Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichlow (www.reichlow-joehnke.de) so: Zum Sachverhalt vor dem Landgericht Magdeburg wurde mitgeteilt, dass es sich um einen Wechsel einer privaten Krankenversicherung ging. Demnach habe der Untervertreter eines Versicherungsvertreters nach telefonischer Vereinbarung ein Beratungsgespräch mit der späteren Versicherungsnehmerin geführt. Der Untervertreter soll die Versicherungsnehmerin dabei von den Vorteilen eines Wechsels ihrer privaten Krankenversicherung überzeugt haben.

Verlauf des Beratungsgesprächs
Im Rahmen dieses Beratungsgespräches erklärte die spätere Versicherungsnehmerin, dass sie bereits Vorerkrankungen hatte. Sie gab dabei eine sogenannte Glutenunverträglichkeit und eine Vorsorgeuntersuchung bei einer Frauenärztin an. Entsprechende Vorerkrankungen wurden auch im Versicherungsantrag vermerkt. Die Versicherungsnehmerin kündigte ihre bis dahin bestehende private Krankenversicherung, nachdem der neue Krankenversicherer die Annahme des Versicherungsantrages erklärt hatte.

Die Versicherungsnehmerin reichte fortan regelmäßig die Rechnungen ihrer behandelnden Ärzte beim neuen Versicherer ein. Hieraufhin stellt der neue Krankenversicherer jedoch fest, dass mutmaßlich weitere Vorerkrankungen nicht im Versicherungsantrag angegeben waren und erklärte daraufhin die Anfechtung des Krankenversicherungsvertrages, hilfsweise den Rücktritt wegen Anzeigepflichtverletzungen. Im Folgenden musste sich die Versicherungsnehmerin gesetzlich krankenversichern.

Die Versicherungsnehmerin wollte nun nicht den Untervertreter, sondern den ihm übergeordneten Versicherungsvertreter wegen einer angeblich fehlerhaften Beratung des Untervertreters in die Haftung nehmen. Die Versicherungsnehmerin behauptet dabei, den Untervertreter im Rahmen des Beratungsgespräches über sämtliche Vorerkrankungen ordnungsgemäß aufgeklärt zu haben. Insbesondere seien ihrerseits nicht nur eine Glutenunverträglichkeit und eine Vorsorgeuntersuchung bei einer Frauenärztin, sondern auch die Vorerkrankungen, welche schlussendlich zur Anfechtung des Versicherungsvertrages geführt haben, offengelegt worden.

Die Haftung des Versicherungsvertreters
Bei Gericht wurde wieder einmal deutlich: Ein Versicherungsvertreter haftet grundsätzlich bei Vermittlung des Versicherungsvertrages für Beratungsfehler. Dieser unterliegt nämlich der Beratungspflicht nach § 61 Absatz1 Seite 1 VVG. Er hat den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und zu beraten. Zudem hat er über den Inhalt des von ihm angebotenen Versicherungsschutzes zu beraten. Verletzt der Versicherungsvertreter seine Beratungspflichten und entsteht dem Versicherungsnehmer hierdurch ein Schaden, so hat der Versicherungsnehmer gemäß Paragraph (§) 63 VVG einen Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsvertreter.

Die Entscheidung des LG Magdeburg
Das Landgericht Magdeburg entschied mit Urteil vom 11. September 2018 nun explizit, dass der Versicherungsnehmerin in dem vorliegenden Fall gegenüber dem Versicherungsvertreter kein Schadensersatzanspruch aus § 63 VVG zusteht. Das Gericht entschied sich gegen eine Haftung des Versicherungsvertreters.

Die Richter stellten zunächst klar, dass die Versicherungsnehmerin hier keinen Versicherungsmakler im Sinne von § 59 Absatz 3 VVG in Anspruch genommen hatte. Der Beklagte war vielmehr als gebundener Versicherungsvertreter nach § 34d Absatz 7 GewO tätig, denn der Beklagte erbrachte seine Tätigkeit ausschließlich im Auftrag der Krankenversicherung. Die rechtliche Stellung der Beteiligten als Versicherungsvertreter wurde insbesondere dadurch ersichtlich, dass zuvor telefonisch bei der Versicherungsnehmerin angefragt wurde, ob diese an einem Beratungsgespräch zu einer privaten Krankenversicherung interessiert sei. Diese Art der Geschäftsanbahnung spreche gegen den Abschluss eines Maklervertrages, so das Landgericht Magdeburg. Es wurde damit deutlich dargestellt, dass der beklagte Versicherungsvertreter seine Tätigkeit im Auftrag des Versicherers und eben nicht im Auftrag des Versicherungsnehmers erbringen würde.

Keine Passiv-Legitimation des Versicherungsvertreters
Das LG Magdeburg verneinte die Passiv-Legitimation des Beklagten als Versicherungsvertreter gemäß § 59 Absatz 2 VVG und wies die Klage bereits vor diesem Hintergrund ab. Gegen die Passiv-Legitimation des Versicherungsvertreters sprach, dass die Haftung nach § 63 VVG nur den Versicherungsvermittler vor Ort trifft. Nur dieser kann schließlich die Erforderlichkeit zur Befragung und Beratung einschätzen.

Im Rahmen von Vertretungsketten trifft den jeweiligen „Obervermittler“ lediglich die Verpflichtung, die Beratungspflicht in der Kette weiterzugeben. Der Untervertreter des Versicherungsvertreters hatte sich entsprechend auch bei der Versicherten als Handelsvertreter gemäß § 84 HGB vorgestellt. Anspruchsgegner der Versicherungsnehmerin für eine etwaige Fehlberatung wäre daher der Untervertreter selbst, nicht jedoch der diesem übergeordnete und hier verklagte Versicherungsvertreter.

Kein Beratungsfehler
Nach Auffassung des Landgerichts Magdeburg war dem Versicherungsvertreter auch kein Beratungsfehler anzulasten. Die Versicherungsnehmerin war nach den Ergebnissen der durchgeführten Beweisaufnahme vor Abschluss des privaten Krankenversicherungsvertrages darüber belehrt worden, dass sie im Antrag auf Versicherungsabschluss sämtliche Vorerkrankungen vollständig und wahrheitsgemäß angeben müsse.

Auch der Antrag auf Abschluss der privaten Krankenversicherung bei dem Versicherungsunternehmen enthält die Belehrung zur Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Angabe von Vorerkrankungen. Der Versicherungsnehmerin musste laut Ansicht der Richter im Folgenden daher auch bewusst gewesen sein, dass sie gegenüber der Krankenversicherung Vorerkrankungen verschwieg.

Fazit der Kanzlei Jöhnke & Reichlow
Es wird nach Ansicht der Rechtsanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichlow erneut deutlich, dass Versicherungsvertreter in ihrer Beratungspraxis besonders auf eine Aufklärung des Versicherungsnehmers über dessen Anzeigepflichten achten müssen. Dies müsse auch entsprechend in der Beratungsdokumentation festgehalten werden. Das Urteil des LG Magdeburg zeigt erneut, wie wichtig es ist, im Haftungsfall durch Vorlage umfassender Beratungsdokumente die stattgefundene Beratungssituation belegen zu können. (-ver / www.bocquel-newSeitede)

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