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Konzepte und Kriterien

Für Kunden teurere Tarife und niedrigere Auszahlung

31. Januar 2013 - Mit Unisex-Tarifen und der Niedrigzinsphase begründen Lebensversicherer laut Öko-Test geringere LV-Vertragsablaufleitungen für die Kunden, die zudem jetzt höhere Beiträge bezahlen. Das kritisiert auch der Bund der Versicherten und warnt vor Missbrauch.

UNISEXDabei fahre die LV-Branche weiter gute Gewinne ein. Deutschlands Lebensversicherer klagen bitter über die Niedrigzinsphase, heißt es. Unisex - und kein Ende der Diskussion, obwohl die Versicherer verpflichtet sind, seit dem 21. Dezember 2012 ihr Neugeschäft als Unisex-Tarife anzubieten. Besonders die Lebensversicherer machen ihrer großen Verärgerung in Sachen Unisex-Policen weiterhin Luft. Der Zeitpunkt des großen Jammerns der Lebensversicherer über die Niedrigzinsphase ist aber laut einer Veröffentlichung im Verbrauchermagazin Öko-Test (www.oekotest.de) nicht zufällig. Die Branche habe vielmehr im Auge, dass in wenigen Tagen ein neues Gesetz beraten werden soll, das auch in bestehende LV-Versicherungsverträge eingreifen könnte - und das zulasten der Versicherten, heißt es.

Würde man der Versicherungs-Branche Glauben schenken - so steht es in Öko-Test, bestünde die Gefahr, dass einzelne Lebensversicherer durch die anhaltende Niedrigzinspolitik in eine finanzielle Schieflage kommen. Demnach könnten sie ihre Zusagen gegenüber den Versicherten womöglich nicht mehr einhalten, wenn sich der Trend fortsetzt. Diese Meldung werde derzeit in den Medien verbreitet, weil Ende Januar in Berlin ein Vermittlungsausschuss anstehe, in dem über einschneidende Kürzungen bei bestehenden Verträgen der Versicherungskunden entschieden werden soll.

50-prozentige Beteiligung der Kunden an Bewertungsreserven könnte fallen
Dabei könnte dann unter anderem eine Entscheidung gefällt werden, ob die 50-prozentige Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven zusammengestrichen werden kann, wenn die Zinsen weiter niedrig bleiben. Bewertungsreserven - so heißt es als Erklärung in Öko-Test weiter - sind die Differenz zwischen den Buch- und Marktwerten der Kapitalanlagen, welche die Versicherer mit den Beiträgen der Kunden erworben haben. Dieses Geld wird erst bei Vertragsbeendigung ausgezahlt. Das neue Gesetz könnte für die LV-Kunden teuer werden.

5 Prozent mehr bezahlen
Laut Berechnungen der Zeitschrift Öko-Test müssen ein Mann und eine Frau nach Einführung der Unisex-Tarife jeweils durchschnittlich 200 Euro Prämie im Jahr für eine Risiko-Lebensversicherung bezahlen, wenn sie Nichtraucher sind. Zuvor waren es 155 Euro für Frauen und 219 Euro für Männer. Insgesamt müsste ein Paar heute 5 Prozent mehr bezahlen.

Gesetzesänderung könnte Ablaufleistung auf bis zu 8.200 Euro kürzen
Die Autoren des Öko-Test-Artikels verweisen auf Verträge, die ihnen vorliegen, bei denen Kunden allein infolge dieser Gesetzesänderung auf bis zu 8.200 Euro der Ablaufleistungen verzichten müssten. Auch insgesamt gehe es um viel Geld. Die 70 von Öko-Test untersuchten Versicherer hatten den Angaben zufolge schon 2011 rund 40,9 Milliarden Euro an Bewertungsreserven in den Büchern, Tendenz steigend. Denn infolge der anhaltenden Niedrigzinsphase würden die Reserven wachsen.

„Zwar sind die Klagen der Versicherungs-Branche laut, doch eine Notlage der Versicherer ist noch lange nicht zu erkennen", heißt es weiter. Das zeige die neue Analyse im Öko-Test-Heft. In der Redaktion des Verbrauchermagazins habe man einen Blick in die Bilanzen der deutschen Lebensversicherungs-Unternehmen geworfen und dabei vor allem die Ertragslage und die Stabilität der Unternehmen geprüft. Dabei habe sich gezeigt, dass die Gesellschaften nach wie vor Gewinne erwirtschaften. Und auch die Garantiezinsen könne die Branche noch locker finanzieren.

Zinseinnahmen noch deutlich über den Garantiezinsen
Laut Öko-Test betrug die Nettoverzinsung, die die Versicherer mit ihren Kapitalanlagen erzielten, im Jahr 2011 bei den 70 untersuchten Unternehmen im Schnitt 3,97 Prozent. Damit würden die Zinseinnahmen noch deutlich über den Garantiezinsen von durchschnittlich 3,3 Prozent liegen. Auch die Stabilitäts-Zahlen würden beweisen, dass die Unternehmen fast durchweg solide dastehen. Demnach liegt die durchschnittliche Solvabilitäts-Quote bei 180,6 Prozent. Das heißt, dass die Unternehmen 1,8 mal so viel Eigenmittel haben, wie von der BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de) verlangt wird.

Weitere 43,5 Milliarden Euro noch nicht ausgeschüttet
Zudem verfüge die Branche nicht nur über hohe Bewertungsreserven, sondern auch über bereits erzielte, aber noch nicht ausgeschüttete Gewinne. Den Angaben zufolge schlummern hier insgesamt weitere 43,5 Milliarden Euro, die eigentlich den Kunden zustehen würden. „Die Branche möchte jedoch mit Hilfe des Gesetzgebers einen Großteil davon als Eigenkapitalersatz missbrauchen", schreibt Öko-Test.

Dabei zeige die Öko-Test-Analyse, dass die Lebens- und Rentenversicherer ohnehin schon seit Jahren immer weniger von den insgesamt erwirtschafteten Überschüssen an ihre Kunden ausschütten würden. Das liege angeblich an der schwierigen Kapitalmarktlage. „Ihren Aktionären schustert die Branche jedoch die Gewinne gerne zu. Deren Anteil am Kuchen hat sich seit dem Jahr 2002 fast verdoppelt", schreiben die Öko-Autoren.

BDV LogoUnsinnige Hilfen für die Versicherungs-Branche?
Hierzu meldet sich auch der Bund der Versicherten (www.bundderversicherten.de) zu Wort. Der Vermittlungsausschuss berate „über unsinnige Hilfen für die Versicherungs-Branche", sagt Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten. „Genau, wie wir vermutet haben, besteht für derart massive Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Kundenansprüche aber überhaupt keine Notwendigkeit. Das belegt die aktuelle Untersuchung von Öko-Test", fügt Kleinlein hinzu. Er fordert den Bundesrat auf, dass Gesetz endgültig zu stoppen. „Sonst werden bereits zugewiesene Überschüsse als Eigenmittel missbraucht und stehen nicht für Zusatzleistungen für die Kunden zur Verfügung. Altersvorsorge mit Versicherungen wird dann noch unrentabler."

Strittige Gesetz in letzter Sekunde stoppen
Nur der Bundesrat könnte das strittige Gesetz in letzter Sekunde noch stoppen. Schon im November habe der Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition das Gesetz verabschiedet, das den Lebens- und Rentenversicherern erlaubt soll, einen Teil der für die Kunden reservierten Überschüsse für sich zu behalten beziehungsweise als Eigenmittelersatz zu missbrauchen. (eb / www.bocquel-news.de)

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