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Konzepte und Kriterien

Freie Ärzteschaft wettert gegen Bürgerversicherung

15. Juli 2013 - Mit einer Plakat-Offensive steigt der Verband Freie Ärzteschaft in die öffentliche Auseinandersetzung gegen die Bürgerversicherung ein. In den Wartezimmern der 2.000 Verbandsmitglieder prangen nun Plakate. Eine eigene Website zeigt das Pro & Contra auf.

BÜRGERVERSICHERUNG Mit Plakaten in den Wartezimmern der Arztpraxen und mit der Webseite www.keine-buergerversicherung.de greift der Verband Freie Ärzteschaft (www.freie-aerzteschaft.de) offensiv in die kontroverse Diskussion um den Fortbestand des dualen Versicherungssystems in Deutschland mit privaten Krankenversicherungen (PKV) und gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ein. Denn die Parteien der aktuellen politischen Opposition wollen bei einem Wahlsieg in September alles mit der Einführung einer Bürgerversicherung vereinheitlichen. Der Ärzteverband will mit seiner Kampagne den Bürgern die Augen öffnen. Für die internetaffinen jüngeren Leute hat die Freie Ärzteschaft eine eigene Website geschaltet. Mit einem Klick auf www.keine-buergerversicherung.de gibt es ausreichend Lesestoff und treffende Argumente, weshalb das duale System im Gesundheitswesen hierzulande nicht aufgegeben werden dürfe.

Duales Versicherungssystem
Deutschland hat ein funktionierendes duales Versicherungssystem, das aus gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und aus der privaten Krankenversicherung (PKV) besteht. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung sind Mitglieder der GKV, auf die PKV entfällt ein Anteil von rund 10 Prozent.

 

Zu den etwa 70 Millionen GKV-Versicherten gehören fast 9 Millionen freiwillig Versicherte und 18 Millionen Rentner. Die Beiträge der GKV-Versicherten orientieren sich ausschließlich am Einkommen, die Beitragshöhe hat keinen Einfluss auf Leistungsanspruch und -spektrum.

 

Die PKV zählt rund 9 Millionen Versicherte, die eine Krankenvollversicherung in Anspruch nehmen. Fast die Hälfte (42 Prozent) sind Beamte oder Pensionäre. Hinzu kommen Selbständige (15,7 Prozent), Arbeitnehmer, die über der Versicherungspflichtgrenze der GKV liegen und deshalb zwischen beiden Systemen wählen dürfen (11,6 Prozent), Rentner (7,5 Prozent) und andere Nicht-Erwerbstätige wie Kinder oder Studenten (23 Prozent).

Patienten erster und zweiter Klasse - diese Ungerechtigkeit solle es mit der Bürgerversicherung nicht mehr geben, versprechen ihre Protagonisten. Doch was zunächst gut klingt, dürfte sich als großer Reinfall entpuppen, heißt es nicht nur in Kreisen des Verbandes Freie Ärzteschaft, sondern bei den meisten Medizinern. "Langes Warten auf einen Arzttermin, noch weniger Zeit für das Arzt-Patienten-Gespräch und immer mehr Zuzahlungen für die Behandlungen werden das Ergebnis der Bürgerversicherung sein", warnt Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ). "Eine solche Einheitsversicherung wäre der Beginn einer wahrhaftigen Zwei-Klassen-Medizin. Wer es sich leisten kann, kauft sich zur staatlichen Sparmedizin eben private Medizin dazu. So sieht es in Ländern mit einer Einheitsversicherung wie etwa in Großbritannien aus."

Wieland Dietrich "Wenn wie in der Bürgerversicherung vorgesehen die private Krankenversicherung abgeschafft wird, lässt sich die ambulante Medizin hierzulande nicht im bisherigen Umfang halten", sagt Wieland Dietrich (Foto). Denn viele Ärzte könnten nur dank der Einnahmen aus der PKV ihre Praxis samt Personal und medizinischen Geräten finanzieren - davon profitierten alle Patienten. Die Bürgerversicherung würde dann vielen Praxen den Todesstoß versetzen. Außerdem propagierten die "Bürgerversicherer" wie Professor Karl Lauterbach, Gesundheitsökonom und Kandidat fürs Gesundheitsministerium im Schattenkabinett von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, eine Planwirtschaft mit Polikliniken nach dem Muster der ehemaligen DDR. "Dies geschieht vermutlich auch im Interesse der Gesundheitskonzerne, würde zusätzlich die Existenz freier Arztpraxen bedrohen und den Ärztemangel verschärfen."

Der FÄ-Chef betont, dass die ambulante medizinische Versorgung bereits heute erheblich unterfinanziert sei. Von den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung würden nur 15 Prozent in den Arztpraxen landen - dagegen aber 25 Prozent in der Bürokratie. Besonders die sogenannten Grundversorger unter den Haus- und Fachärzten würden wegen der niedrigen Pauschalhonorare der Kassen längst nicht mehr kostendeckend arbeiten.

"Die Bürgerversicherung löst aber diese Probleme nicht. Sie ist nicht nachhaltig, weil sie keine Rücklagen bildet - mit dem medizinisch-technischen Fortschritt und der Alterung der Gesellschaft werden die Kosten des Gesundheitswesens künftig aber steigen. Und sie schürt Sozialneid." Das könne für das gesellschaftliche Klima in Deutschland nicht gut sein, meint Wieland Dietrich. Er und die anderen Mitglieder des Verbands Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) arbeiten zielorientiert für eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt. Der FÄ wurde 2004 gegründet und zählt heute vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. (eb / www.bocquel-news.de)

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