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Namen und Nachrichten

Ewig grüßt das Murmeltier … auch bei den Renten

25. April 2023 - Das vergangene Jahrzehnt - für Deutschland golden? Wieder einmal ging es beim diesjährigen MCC-Kongress um die Finanzierbarkeit der Rentenversicherung hierzulande. Es gab unterschiedliche Blickwinkel darauf, ob und wie sich künftig die Beschäftigung, die Beitragssätze zur Rentenversicherung und das Rentenniveau entwickeln werden.

Das vergangene Jahrzehnt sei für Deutschland ein goldenes Jahrzehnt gewesen, meint Professor Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institute und ehemaliger Berater der Bundesregierung, beim MCC-Kongress „Zukunftsmarkt 2023 Altersvorsorge“ (www.mcc-seminare.de), heute Dienstag, in Berlin. Die Wirtschaft habe mit exportorientiertem Wachstum toll floriert. Der freie Welthandel sei aber mittlerweile von den Großmächten USA und China torpediert worden. Für die industrielle Beschäftigung in Deutschland sehe es daher nicht gut aus. Deutsche Unternehmen werden sich wohl auch durch Subventionen wie in den USA neue Standorte im Ausland suchen. Dazu komme das demografische Problem mit immer mehr Alten und viel weniger Geburten.

Damit ist das Problem gemeint, dass die so genannten Babyboomer (Jahrgänge 1959 bis 1969) von der Erwerbstätigkeit in den kommenden Jahren in die Rente wechseln werden. Der Altenquotient (Anzahl der 20- bis unter 67-Jährige zu den über 67-Jährigen) werde in den nächsten Jahren immer weiter steigen – von heute knapp über 30 Prozent auf knapp 45 Prozent im Jahr 2040. Damit werden das Produktionspotenzial und das Arbeitsvolumen sinken.

Allerdings – so betonte Prof. Rürup - gab es ab 2015 eine „demografische Pause“ durch die Zuwanderung von Arbeitskräften. Diese werde aber den Trend nicht herumdrehen können, denn es seien vier Millionen zusätzliche Erwerbstätige nötig, um die Lücke der in Rente gehenden Babyboomer zu schließen. Mit ihren Familien müssten also etwa sieben Millionen Menschen einwandern. Das würde schon an den fehlenden Wohnungen scheitern, so der Präsident des Handelsblatt Research Institute.

Einige Länder hätten bereits das Renteneintrittsalter an das Lebensalter gekoppelt. Rürup wörtlich dazu: „Es liegt nahe, das zu machen.“ Doch glaube er es nicht. Denn diese unpopuläre Maßnahme werde wohl an den Wählern scheitern. So seien schon heute über 50 Prozent der Wähler über 53 Jahre. Das demografische Problem werde seiner Meinung nach in dieser Legislaturperiode von der Bundesregierung nicht mehr angepackt werden.

Rentenabsenkung nicht legitimiert
Das Rentensystem in Deutschland ist nicht sehr üppig“, erklärte Dr. Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium. Er bekomme Bürgerpost von Menschen, die sich darüber beschweren, dass sie keinen Inflationsausgleich bekämen. Dies sei aber nicht machbar, da die Renten sich nicht besser entwickeln könnten als die Löhne. Das Rentensystem sei stabil und durch das Umlageverfahren sei es eng verkoppelt mit der volkswirtschaftlichen Entwicklung. Eine Absenkung des Sicherungsniveaus sei nicht legitimiert, deshalb müsse es stabilisiert werden.

Zur Diskussion eines späteren Renteneintrittsalters meinte der Staatssekretär: Bis 2031 nehme die immer weiter fortschreitende Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sowieso schneller zu als das zu erwartende Lebensalter. Während im Jahr 2000 nur etwa 20 Prozent der über 60-Jährigen in Beschäftigung waren, seien es heute über 60 Prozent. Es gehe also vielmehr darum, die tatsächliche Beschäftigung zu erhöhen.

Berührungsängste bei der Kapitaldeckung
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) müsse möglichst flächendeckend ausgerollt werden, denn die Riester-Rente habe das Vertrauen verspielt. Mit dem Sozialpartnermodell würden sich die Tarifparteien noch schwertun, es gebe erst zwei Umsetzungen. Man habe Berührungsängste mit der Kapitaldeckung und es gebe keine Nominalgarantie der eingezahlten Beiträge mehr. Und doch hätten die freien Berufe wie Ärzte und Rechtsanwälte Interesse an dem Modell, da auch sie unter dem Fachkräftemangel bei Arzthelferinnen oder Rechtsanwaltsgehilfinnen litten.

Wenig rosig sah dagegen Professor Dr. Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum die Zukunft der GRV. So werde sich die Altersstruktur der Bevölkerung bis 2035 stark und dauerhaft verschieben, erklärte das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Positiv sei aber, dass die Erwerbslosigkeit seit 2000 stark gesunken sei und die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren stark gestiegen sei – mit günstigen Effekten für die Rentenfinanzen. Aber die Bevölkerungsentwicklung verlangsame insgesamt das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.

Der Rentenpolitik stünden schwierige Zeiten bevor, so Werding. Der Wissenschaftler berechnete langfristige Szenarien mit den Haltelinien 48 Prozent Rentenhöhe (Höhe der Altersbezüge eines Rentners, der 45 Jahre lang immer zum Durchschnittslohn gearbeitet hat, im Verhältnis zum aktuellen Durchschnittslohn) und 20 Prozent Beitragssatz zur GRV. Ergebnis: Die Haltelinien für das Sicherungsniveau sind auf Dauer nicht finanzierbar – weder aus Beiträgen noch aus zusätzlichen Bundesmitteln. Dazu kommt: Stark steigende Beitragssätze gefährden Beschäftigung und Wachstum. Auch das geplante „Generationenkapital“ der Bundesregierung könne das Problem nicht lösen.

Und doch stellte der Hochschullehrer einige Lösungsansätze zur Diskussion. Keine einzige Stellschraube alleine könne die Effekte der Alterung ausgleichen. Positiv sei eine Zuwanderung von Fachkräften und deren schnelle Integration in die Beschäftigung. Und doch müsse die Regelaltersgrenze ab 2031 angehoben werden. Der Anstieg der Rentenausgaben müsse gedämpft werden, eventuell über einen stärkeren Nachhaltigkeitsfaktor. Schließlich müsse die ergänzende Kapitaldeckung gestärkt werden. (Bernd Rudolf; Text und Fotos/Screenshots / www.bocquel-news.de)

 

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