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Erste Sozialpartnermodelle nicht vor 2020 zu erwarten

22. Februar 2018 - Die Akteure des mit Spannung erwarteten Sozialpartnermodells lassen sich Zeit. Ihre Vorstellungen stehen noch weitgehend im Nebel. So der Tenor einer bAV-Tagung in Berlin. Demgegenüber sind sich alle einig, dass eine Rentenreform in der nächsten Legislaturperiode dringend geboten ist.

Das Betriebsrentenstärkungs-Gesetz (BRSG) hat im Kern den Weg für Sozialpartnermodelle (SPM) geebnet. Doch die Akteure lassen sich weiter Zeit. Auf der diesjährigen mcc-Tagung zum Zukunftsmarkt Altersvorsorge 2018 (www.zukunftsmarkt-altersvorsorge.info) ließen sich die politischen Parteien in ihre rentenpolitischen Karten schauen – die Anbieter eher weniger. Beim SPM „ist schon noch viel dichter Nebel“, kommentierte Moderator Dr. Thomas Jasper, Leiter Retirement Europe von Willis Towers Watson (www.willistowerswatson.com/de-DE) die aktuelle Situation. Sein Haus hatte daher eine Umfrage durchgeführt, um den Nebel ein wenig zu lichten.

Die Ergebnisse belegen, dass mit dem SPM durchaus bestehende Rentenlücken verkleinert werden können. Wie stark, das hängt vor allem von der erzielten Rendite und dem Grad der Freiwilligkeit ab. So sei mit Opting-out-Modellen erreichbar, dass die bisherige Quote von 40 Prozent der Arbeitnehmer mit betrieblicher Altersversorgung (bAV) um 14 Prozentpunkte auf 54 Prozent Teilhabe an der bAV gesteigert werden könne. „Zwang ist also nicht nötig. Sanfter Zwang tut es auch“, resümierte Jasper. Die derzeitige Lohnersatz-Quote der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) liegt bei 38 Prozent, wie Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutsche Rentenversicherung aufzeigte. Diese Ersatzrate könnte mit dem SPM bei einer Rendite von 3 bis 5 Prozent um 12 bis 19 Prozentpunkte verbessert werden, schätzt Willis Towers Watson (WTW).

Nicht vor 2020 am Markt
70 Prozent der Befragten denken, dass auch nicht-tarifgebundene Unternehmen dem SPM beitreten werden. Davon ist aktuell aber noch nichts in Sicht. Im Gegenteil, es wird nach Einschätzung der Fachleute wohl noch bis mindestens 2020 dauern, bis erste Modelle am Markt verfügbar sein werden. Dem pflichteten die meisten Tagungsteilnehmer bei. Der Arbeitgeberverband Südwestmetall (www.suedwestmetall.de) ist einer der ersten Beteiligten, die sich entsprechend geäußert haben. Gut Ding will Weile haben, könnte man optimistisch kommentieren.

Inwieweit Arbeitnehmer sich schlussendlich für den Abschluss einer SPM-Rente entscheiden werden, ist nicht zuletzt auch eine Frage der Kommunikation. Das Produkt und seine Förderung sind komplex. Komplexität steht einer Verbreitung grundsätzlich im Wege, meinte Japer. Hinzu kommt für die Branche aber noch der allgemeine Vertrauensverlust in die Lebensversicherung. Dieser wird nach Ansicht vieler Fachleute durch Run-off-Meldungen noch verstärkt. Prof. Dr. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Instituts, zeigte sich schon ob des Begriffs beunruhigt. Dr. Peter Schwarck vom GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft wies darauf hin, dass dies auch nicht der Begrifflichkeit des Verbandes entspreche. Konsolidierung sei vielmehr der gebotene Begriff.

Nachhaltiges Vertrauensproblem
„Fakt ist ein Vertrauensproblem“, konstatierte auch Klaus Morgenstern vom DIA Deutschen Institut für Altersvorsorge (www.dia-vorsorge.de). Sein Institut hat auch eine Umfrage gemacht und zwar zur Einstellung der Menschen gegenüber der Altersvorsorge. Das ernüchternde Ergebnis ist seinen Angaben zufolge eine große Unsicherheit in der Bevölkerung. Die sei so schnell auch nicht verflogen. Mehr als die Hälfte sehen das Vertrauen in die Lebensversicherung demnach nachhaltig geschwächt. „Das Produkt ist beschädigt“, so Morgenstern.

Ein weiteres Dilemma ist die Riester-Rente. Sie ist mehr als schlechtgeredet worden. So berichtete. Matthias Urbach aus der Redaktion Finanztip (www.finanztip.de), dass man sich habe rechtfertigen müssen, weil die Analysten nicht in den negativen Kanon eingestimmt haben. Und der Vater der gleichnamigen Rente, der ehemalige Arbeitsminister Walter Riester, erinnerte am Abend der Veranstaltung daran, ein Obligatorium gewollt zu haben. Damit vermochte er sich allerdings nicht durchzusetzen. Und es ist nun mal logisch, wie Prof. Rürup ausführte, dass ein so komplexes Produkt, wenn nicht Pflicht, dann aktiv beraten und verkauft werden müsse und das koste. Die Kosten gingen zu Lasten der Rendite und die geringen Zinsen tun ein Übriges zum schlechten Ruf der Riester-Rente dazu.

Aus diesen Fehlern haben die Väter der Deutschland-Rente gelernt. Es gehe schließlich darum, die Folge zu geringer Kompensation der Einschnitte bei der GRV zu bekämpfen und das ist zunehmende Altersarmut. Die belaste die öffentlichen Haushalte, so die Motivation des hessischen Finanzministers Dr. Thomas Schäfer.

Thomas Schäfer zeigte sich als Freund von Opting-out-Modellen. Damit hätten Großbritannien, Neuseeland und die Vereinigten Staaten gute Erfahrungen gemacht. Der Vorteil sei eine geringe Verwaltungskostenbelastung. Das zahle sich auch für Arbeitgeber aus, die damit keinen Anstieg der Lohnnebenkosten zu befürchten hätten. Wichtig sei neben den geringen Kosten, dass die Kapitalanlage insbesondere jungen Leuten ermögliche, verstärkt in Aktien zu gehen. Von Garantien hält er wenig. Die seien nur unnötig teuer. Walter Riester hingegen ließ keinen Zweifel daran, dass das Beste an der Deutschland-Rente ihr Name sei. Sein Argument, selbst wenn man mit Hilfe von Opting-out die Teilnahme-Quote von 5 auf 20 Prozent würde steigern können, wie andere Länder zeigten, so sei reiche doch selbst dies nicht aus. (rl / Fotos Rita Lansch / www.bocquel-news.de)

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