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ESG-Report: Ist die Assekuranz „fit for ESG“?

16. Februar 2021 - Der erste ESG-Report des Ratinghauses Franke und Bornberg untersucht den Status quo in Sachen „Environmental Social Governance“ bei Erstversicherern. Hier werden Handlungsoptionen für mehr Transparenz über die Nachhaltigkeit aufgezeigt. Am 10. März 2021 tritt in Deutschland dafür eine Offenlegungspflicht in Kraft.

Nachhaltigkeit ist kein kurzlebiger Trend. ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) gewinnen an Bedeutung – auch in der Versicherungswirtschaft. Und während der Klima-Wandel deutlich schneller voranschreitet als prognostiziert, soll nachhaltiges Wirtschaften oberste Priorität werden. Regulatorische Vorgaben der Europäischen Union treiben die Entwicklung voran (Kasten).

Auf der Suche nach Antworten hat das Analysehaus Franke und Bornberg (www.franke-bornberg.de) im Sommer 2020 alle Erstversicherer in Deutschland zum Stand der Umsetzung von ESG-Kriterien befragt. 23 Versicherer, vom kleinen Spartenversicherer bis hin zum global tätigen Konzern, haben an der Befragung teilgenommen.

Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg und einer der Initiatoren des ESG-Reports, erläutert die Beweggründe für die aufwendige Untersuchung: „Nachhaltigkeit wird zur Überlebensfrage. Immer mehr Menschen erkennen die Notwendigkeit zum Handeln – nicht irgendwann, sondern jetzt! Wir bei Franke und Bornberg wollen unseren Teil zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen.

Aus Überzeugung, und weil wir es können.“ Zudem stehe Nachhaltigkeit der Versicherungswirtschaft gut zu Gesicht. Sie könne einen wichtigen und glaubwürdigen Beitrag zur Zukunftssicherung leisten und gleichzeitig beim Image Punkte gutmachen.

Nachhaltigkeit werblich nutzen – aber ohne Green Washing
Nachhaltigkeit wird von dem einen oder anderen Versicherer auch werblich genutzt. Solange kein Green Washing betrieben wird, ist eine faktenbasierte Vermarktung per se keine schlechte Idee. Einige Antworten zur Umfrage und – deutlich häufiger – die Nachhaltigkeitsberichte enthalten jedoch nach Frankes Ansicht werbliche Passagen, die keinerlei relevanten Inhalt zum Thema Nachhaltigkeit beitragen. Ohne verbindliche Vorgaben zur Ermittlung und Quantifizierung von ESG-Daten sind der Aussagekraft von Bewertungen auf Basis von Nachhaltigkeitsberichten deshalb enge Grenzen gesetzt.

Berichtsstandards: Transparenz ist entscheidend
Zum Thema Nachhaltigkeit haben sich bereits Berichtsstandards etabliert. 67,7 Prozent der betrachteten Versicherer (Umfrage und Nachhaltigkeitsberichte) berichten nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) oder der Global Reporting Initiative (GRI). Der DNK wurde 2010 entwickelt. Er gibt 20 Kriterien für die Berichterstattung vor. Es gilt das Prinzip „comply or explain“: Die Unternehmen berichten nach den vorgegebenen Kriterien (comply) oder erklären, warum sie eben dies nicht tun (explain). Die Kriterien entfalten laut Michael Franke also keine rechtliche Bindungswirkung.

Ökologie ist wahrscheinlich der Aspekt, der den meisten Menschen beim Thema Nachhaltigkeit als erstes in den Sinn kommt. Neben dem Verbrauch von Papier, Wasser und Strom bestimmen auch Energieeffizienz, anfallender Abfall sowie Dienstreisen den ökologischen Fußabdruck eines Unternehmens. Bei der Auswertung der Rückmeldungen an Franke und Bornberg zeigte sich: Bislang fehlen einheitliche Berichtstandards und Bezugsgrößen für Verbrauchswerte und Abfall, wie das Beispiel Papierverbrauch zeigt.

So erfassen einige Gesellschaften in ihren Antworten unter „Papierverbrauch“ nur das Druckpapier, während ein anderes Unternehmen sogar detailliert den Verbrauch der unterschiedlichen Arten von Hygienepapier auflistet. In den Nachhaltigkeitsberichten tritt die Uneinheitlichkeit noch deutlicher zu Tage: Hier reicht die Spannweite von „keine Angabe“ bis hin zu „10.161 Tonnen Gesamtpapierverbrauch“ ohne Angabe weiterer Bezugsgrößen.

Ein ähnliches uneinheitliches Bild zeigt sich beim Wasserverbrauch. Auch hier ist die Spreizung beträchtlich. Der Minimalwert beträgt 4,92 Kubikmeter pro Vollzeitmitarbeiter (FTE) und Jahr, das Maximum immerhin 24,45 Kubikmeter. In den Nachhaltigkeitsberichten, die Franke und Bornberg untersuchte, ist die Spannweite ebenfalls enorm, und einige Angaben entziehen sich einer Plausibilitätsprüfung. Ob Papier, Wasser, Energie, Abfall oder Dienstreisen – der ESG-Report listet zahlreiche Detailwerte auf, liefert aber angesichts fehlender Standards keine Bewertung oder Rangfolge.

Diversität: Wie vielfältig ist die Versicherungsbranche?
Nachhaltiges Handeln kennt auch soziale und gesellschaftliche Facetten. Für den ESG-Report hat Franke und Bornberg unter anderem nach der Geschlechterverteilung in Vorstand und Aufsichtsrat gefragt. Auch wenn die Hälfte der Welt weiblich ist – in den befragten Unternehmen bekleideten Frauen noch nicht ein-mal jeden zehnten Vorstandsposten. Im Aufsichtsrat sieht es etwas besser aus, aber von Parität sind auch die Aufsichtsgremien noch meilenweit entfernt.

Der ESG-Report von Franke und Bornberg liefert einen neutralen Marktüberblick zum Thema Nachhaltigkeit in der Assekuranz. Die Rückmeldungen der Umfrageteilnehmer repräsentieren mehr als 50 Prozent des Erstversicherungsmarktes in Deutschland. Unter Einbezug der ausgewerteten Nachhaltigkeitsberichte deckt die Studie rund 80 Prozent des Marktes ab. Damit gewährt diese Studie tiefe Einblicke in das aktuelle Geschehen.

„Die hohe Beteiligung zeigt: Viele Versicherer haben erkannt, welch immensen Beitrag sie zu mehr Nachhaltigkeit leisten können. Sie werden sich ihrer Steuerungsmöglichkeiten zunehmend bewusst und stellen sich ihrer Verantwortung“, fasst Franke seine Eindrücke zusammen. Die Offenheit der teilnehmenden Versicherer erlaube es, positive Aspekte ebenso wie auch Verbesserungspotentiale klar zu benennen. Das Engagement der teilnehmenden Versicherer zeige, dass zumindest bei diesen Gesellschaften das Thema Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert genieße.

ESG-Kriterien noch zu unterschiedlich bemessen
Laut Michael Franke sind die Informationen für ein Gesamtbild, die mithilfe der Umfrage und der Nachhaltigkeitsberichte erhoben wurden, jedoch bislang zu unterschiedlich.

Eine einmalige Abfrage zu Nachhaltigkeitskriterien liefert zudem nur den Status quo; sie wird der jeweiligen Entwicklung und den dahinterstehenden Anstrengungen nicht gerecht. Sondereffekte können nur bei der Betrachtung längerer Zeiträume angemessen gewürdigt werden.

Franke und Bornberg wird auch in Zukunft Nachhaltigkeitsdaten erheben, um Trends aufzuspüren und die weitere Entwicklung zu verfolgen. Ein Ratingverfahren, das den Qualitätsstandards von Franke und Bornberg gerecht wird, steht erst am Ende dieser Entwicklung. (-el / Grafik Franke & Bornberg / www.bocquel-news.de)

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