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Disziplin im Underwriting bleibt das oberste Gebot

10. September 2019 - „2019 stellt sich die Entwicklung der Preise spürbar erfreulicher dar als noch vor einem Jahr“, heißt es bei der Hannover Rück, die gestern die internationale Presse in Monte Carlo um sich scharte. Der seit April agierende Vorstandsvorsitzende, Jean-Jacques Henchoz, sieht nur verhaltene Erholungseffekte.

Seit Sonntag ist das kleine Fürstentum Monaco an der an der Côte d’Azur für Rückversicherer „der Nabel der Welt. Das Geschäft der Rückversicherer zieht wieder an, sagen Beobachter der Branche. Aber auch insbesondere in der Erstversicherung ist demnach auf breiterer Front eine leichte Verbesserung zu erkennen, die sich in Teilen auch im Rückversicherungsgeschäft niederschlägt. „Dennoch sind diese Erholungseffekte noch verhalten“, sagte der Vorstandsvorsitzende Jean-Jacques Henchoz der Hannover Rück / Hannover Re (www.hannoverre.com) am Montag in Monte Carlo. Die Versicherungsbranche sei nach wie vor herausgefordert von Überkapazitäten und historisch niedrigen Zinsen.

„Über die vergangenen Monate konnten wir erste flächendeckende Preisanhebungen erzielen", sagte Henchoz. „Die wieder gesunkenen Zinsen und die hohen Belastungen aus Großschäden unterstreichen die Notwendigkeit für verbesserte Preise und Konditionen in den Erneuerungen im kommenden Jahr. Angesichts des nach wie vor herausfordernden Marktumfelds werden wir auch weiterhin die Preis- und Risikoangemessenheit sehr genau prüfen und Profitabilität vor Wachstum stellen."

Der Ratenrückgang bis zum Jahr 2017 hat sich laut Jean-Jacques Henchoz in den technischen Ergebnissen der gesamten Branche niedergeschlagen. Dazu kommen erneut erhebliche Großschäden des Jahres 2018 und Nachreservierungen für Vorjahresschäden. Darüber hinaus mache sich das mittlerweile wieder historisch niedrige Zinsniveau in den Erträgen aus Kapitalanlagen bemerkbar.

Es wird demnach ersichtlich, dass mittlerweile auch im Erstversicherungsmarkt die Zeichnungsdisziplin zunimmt, um unprofitable Portefeuilles zu sanieren. Dies schlägt sich laut Ausführungen des Chefs der Hannover-Rück in steigenden Preisen auch für die Erstversicherung nieder, wovon gerade die proportionale Rückversicherung profitiert.

Allerdings sei der Wettbewerb im Rückversicherungsmarkt unverändert intensiv und nach wie vor von Überkapazitäten geprägt. Da die Profitabilität der Branche unter zunehmendem Druck steht, bleibt technische Disziplin im Underwriting weiterhin oberstes Gebot.

Risikoadäquates Bild
Bei den Erneuerungsrunden im laufenden Jahr konnte die Hannover Re bereits teilweise höhere Preise erzielen. Insbesondere in schadenbelasteten Programmen oder Regionen waren demnach deutliche Preissteigerungen zu verzeichnen. Und: Bei schadenfreien Deckungen haben sich die Raten tendenziell stabilisiert, in Teilen sogar erhöht. Insgesamt zeigte sich das Bild risikoadäquat.

Im Einzelnen erwartet die Hannover Rück für die Vertragserneuerungsrunde zum 1. Januar 2020 folgende Entwicklungen in Europa: In Deutschland geht die Hannover Rück im Markt für Schaden-Unfall-Erstversicherung für 2019 von einem weiteren Beitragswachstum aus. Treiber sind Ratenanpassungen in der Sachsparte.

In der Sachversicherung zeigt sich bei den volumenstärksten Sparten Wohngebäude und Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft weiterhin ein überdurchschnittliches Beitragswachstum, welches dem erforderlichen und anhaltenden Sanierungsbedarf Rechnung trägt. Zudem zeigen sich vermehrt höhere Selbstbehalte oder auch Einschränkungen des Deckungsumfanges beziehungsweise Erweiterungen gegen Mehrbeitrag. Auf der Schadenseite zeichnet sich eine leichte Verbesserung ab. Dies ist vor allem bedingt durch nunmehr innerhalb der Erwartungen liegende Naturkatastrophenschäden in der Wohngebäudeversicherung sowie durch geringere Großschäden in der Feuerversicherung. Gleichwohl werden beide Teilsparten in diesem Jahr kein positives versicherungstechnisches Ergebnis ausweisen, sodass weiterhin Sanierungsbedarf besteht. Daher erwartet die Hannover Rück, dass weitere Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung umgesetzt werden.

Kfz-Versicherung: Eintrübung der Ergebnissituation
In der Kraftfahrtversicherung wird von einer Eintrübung der Ergebnissituation ausgegangen, da mit stagnierenden Durchschnittsbeiträgen bei gleichzeitig höheren Ersatzteil- und Reparaturkosten zu rechnen ist.

In Großbritannien und Irland ist bei Erstversicherern eine Marktverhärtung zu beobachten. Lloyd's of London verfolgte bei den meisten Syndikaten sowie für ausgewählte Geschäftsbereiche einen restriktiveren Ansatz. Dies wiederum führte bei einigen Deckungen zu einer Verknappung des Angebots. Hieraus ergibt sich ein über alle Sparten steigendes Ratenniveau. Der Markt für das Motor-Geschäft war in Erwartung einer Anpassung der Ogden-Rate von leichten Preisreduktionen gekennzeichnet. Deren jüngste Anpassung auf minus 0,25 Prozent entspricht einer geringeren Änderung als von Marktteilnehmern erwartet. Bedingt durch die vorweggenommenen Ratenreduzierungen geht die Hannover Rück nun aber von leichten Ratenerhöhungen für die kommende Erneuerungssaison aus.

In der Sach-Rückversicherung in Großbritannien und Irland zeigt sich der Markt weitestgehend stabil. Aufgrund ihrer guten Geschäftsbeziehungen mit langjährigen Kunden kann die Hannover Rück ihre Marktposition verteidigen. Auch die anderen Sparten sind von einem stabilen Preisniveau bei im Wesentlichen gleichbleibenden Konditionen gekennzeichnet.

In Frankreich ist im Erstversicherungsgeschäft weiterhin ein leichtes Wachstum zu beobachten, sowohl im Privatkunden- als auch im Firmenkundengeschäft. Das Marktumfeld bleibt von intensivem Wettbewerb gekennzeichnet, was Druck auf die allgemeine Profitabilität zur Folge hat. Die Hannover Rück profitiert dank ihrer führenden Rolle in der Bauhaftpflichtversicherung weiter von der Erholung dieses Sektors.

In Zentral- und Osteuropa liegen die Wachstumsraten im Erstversicherungsgeschäft kontinuierlich über dem gesamteuropäischen Durchschnitt. Im Rückversicherungsgeschäft prägen nach wie vor Überkapazitäten den Markt. Somit bleiben diese Märkte wettbewerbsintensiv, insbesondere in den Sparten Kraftfahrt und Feuer-Industrie, zumal im ersten Halbjahr keine außergewöhnlichen Großschäden sowie Naturkatastrophen verzeichnet wurden. Die Rückversicherungspreise sind im Großen und Ganzen auf risikoadäquatem Niveau.

Naturkatastrophengeschäft: immense Schäden weltweit in vielen Regionen
Das Naturkatastrophengeschäft wurde zwei Jahre in Folge von immensen Schäden in vielen Regionen weltweit belastet, die auch negative Wirkungen in den Bilanzen von Rückversicherern und den Anbietern von Verbriefungen von Katastrophenrisiken zeigen. Dies führte im Sach-Katastrophengeschäft insgesamt zu Erhöhungen der Preise, getrieben durch die schadenbelasteten Programme, bei denen die Ratensteigerungen aber erneut unter den Erwartungen blieben. Auch wenn einige Anbieter von Rückversicherungsdeckungen ihre Kapazitäten reduziert haben, ist das Angebot noch immer größer als die Nachfrage. Jüngste Naturkatastrophen wie Hurrikan „Dorian“ werden dazu führen, dass Rückversicherer auf weitere Ratenerhöhungen drängen.

Naturkatastrophenrisiken in Europa
Für die europäischen Märkte der Naturkatastrophenrisiken erwartet die Hannover Rück folgende Entwicklungen: „In den europäischen Rückversicherungsmärkten hat der Preisdruck an Intensität verloren. In Kontinentaleuropa und Osteuropa lässt sich jedoch durch selektives Underwriting und private Zeichnungen margenträchtiges Geschäft generieren. Es gibt derzeit keinen Hinweis auf eine grundsätzliche Änderung, jedoch dürfte das steigende Risikobewusstsein der Rückversicherer einen weiteren Prämienabrieb verhindern, wenn nicht sogar leichte Ratenerhöhungen herbeiführen.

Spezialgebiet Transportversicherung
Der Transportmarkt war laut Hannover-Re-Darstellung im Jahr 2018 von zwei größeren Schadenereignissen gekennzeichnet. Zum einen entwickelte sich der Taifun „Jebi" zu einem signifikanten Schaden für den japanischen Transportmarkt. Zum anderen waren Erstversicherer, insbesondere aus dem Lloyd's-Markt, vom Brand der Megayacht „Sassi“ betroffen. Die beiden Ereignisse stabilisierten weitgehend das Marktumfeld und führten dazu, dass bei der japanischen Erneuerungsrunde zum April 2019 deutliche Preisanstiege erzielt werden konnten.

Der Transportmarkt war von einer stärkeren Einflussnahme durch Lloyd's geprägt. In der Folge wurden für mehrere Sparten Wachstumsgrenzen und teilweise auch ein Rückgang der Zeichnungskapazität von Lloyd's durchgesetzt. Dies führte zu einer deutlichen Verhärtung der Erstversicherungsbedingungen. Insbesondere bei Warenversicherungen und im Yacht-Kaskogeschäft waren diese Effekte spürbar.

Tendenz zu leicht ansteigende Schaden-Quoten
In der Kredit- und Kautionsversicherung sowie im Bereich der politischen Risiken sind im Vergleich zu den Vorjahren leicht ansteigende Schaden-Quoten zu verzeichnen. Die Schadenentwicklung ist demnach durch einen moderaten Anstieg der Schadenfrequenz auf immer noch gutem Niveau und eher stabile Schadensummen im Einzelfall gekennzeichnet. Die in den Vorjahren erhöhte Schadenlast in den Schwellenländern ist weiter rückläufig, bleibt allerdings im Mehrjahresvergleich noch erhöht. Angesichts dessen sollten die Preise in der Erst- und Rückversicherung stabil bleiben; die Nachfrage nach Rückversicherungsdeckungen im Bereich Kredit, Kaution und politische Risiken zeigt sich stabil bis leicht steigend.

Quo vadis landwirtschaftliche Versicherung?
Im Bereich der landwirtschaftlichen Versicherung führt der steigende Bedarf an Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln sowie die Zunahme von extremen Wetterereignissen insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu einer höheren Nachfrage nach Erst- und Rückversicherungslösungen.

So hat die Hannover Rück 2019 bisher fünf Katastrophenanleihen für amerikanische Kunden im Gesamtvolumen von rund 1,1 Milliarden US-Dollar (entspricht 0,99 Milliarden Euro) in den Kapitalmarkt begleitet. Insgesamt sollte die Nachfrage in den nächsten Jahren moderat steigen. Darüber hinaus investiert die Hannover Rück selbst in Katastrophenanleihen und nutzt somit alle Möglichkeiten des ILS-Markts.

„Schnelle Entscheidungswege und Flexibilität wie auch die Nähe zum Markt sind Wettbewerbsvorteile, die unsere Kunden schätzen", sagte Jean-Jacques Henchoz mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr. „Insbesondere in den Schwellenländern liegt noch viel Potenzial hinsichtlich der Versicherbarkeit von Risiken sowie mittel- und langfristigen Wachstums." Angesichts der bisherigen Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr sieht sich die Hannover Rück auf gutem Weg, ihre Ziele für das Jahr 2019 zu erreichen.

Hannover Re erwartet für 2019 weiterhin 1,1 Milliarden Euro Gewinn
Für das Gesamtgeschäft erwartet das Unternehmen auf Basis konstanter Währungskurse unverändert einen Anstieg der Bruttoprämie im einstelligen Prozentbereich sowie einen Nachsteuergewinn in der Größenordnung von 1,1 Milliarden Euro. Zusätzlich wird ein Einmaleffekt aus einer Beteiligung in Höhe von 100 Millionen Euro das Ergebnis positiv beeinflussen. Voraussetzung für das Erreichen des Gewinnziels ist demnach, dass die Großschadenbelastung nicht wesentlich den Erwartungswert von 875 Millionen Euro übersteigt und es zu keinen unvorhergesehenen negativen Entwicklungen an den Kapitalmärkten kommt. (-el / www.bocquel-news.de)

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