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Die Branche braucht jetzt neue ganzheitliche Ansätze

26. Oktober 2017 - In der Versicherungsbranche knirscht es. Neue Technologien gibt es zwar, doch sie werden nicht ausreichend umgesetzt. Bei der SimCorp Fachtagung für Versicherungen diskutierten Experten und zeigten neue Wege auf – meist aber mit dem Blick in Glaskugel, weil auch noch auf der Suche zum Königsweg waren.

„Zeiten des Umbruchs bedeuten immer auch die Chance, neue Strukturen zu schaffen, wo historisch gewachsene Lösungen in einem Unternehmen sich als nicht mehr zukunftsfähig erweisen“, sagte Ralf Schmücker, als Sprecher der Geschäftsführung von SimCorp Central Europe, als er gestern die 16. SimCorp Fachtagung für Versicherungen in Köln eröffnete. Schmücker, der für die Märkte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und dem deutschsprachigen Luxemburg zuständig ist, forderte die Branche auf, den vielfältigen Herausforderungen mit ganz-heitlichen Ansätzen zu begegnen.

Dies gelte insbesondere für die IT-Systeme, mit denen Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke ihre Kapitalanlagen verwalten und steuern.

Wie Schmücker betonte, stellt das Asset-Liability-Management, also das Abstimmen des verfügbaren Kapitals und seiner Erträge auf die zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Versicherten, in Zeiten unverändert niedriger Zinsen und weiter wachsender regulatorischer Anforderungen höchste Anforderungen an die Vermögensverwaltung. Umfassende und integrierte Asset-Management-Systeme wie SimCorp Dimension leisten hierbei wertvolle Hilfe und stellen deshalb einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Dies belegt die stetig wachsende Kundenzahl von SimCorp. Unter anderem gehört seit dem vergangenen Jahr die italienische Generali (www.generali.com) zum Kreis der SimCorp-Neukunden. So erwachsen aus den aktuellen Herausforderungen Chancen für die Zukunft.

Nachdem bereits der Tagungsmoderator, Herbert Fromme, in einem ersten Redebeitrag zum Thema „Glanz und Elend der Digitalisierung“ in seiner gewohnten Art die Versicherungsbranche in diesen Zeiten mit schlechten Noten bedachte, sagte auch Schmücker, dass sich die Versicherungsunternehmen in vielen Bereichen umstellen müssten. Die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD und die Kapitalanlageforderungen nach Solvency II würden die Branche nicht nur stark belasten, sondern übten einen ebenso hohem Einfluss auf die Geschäftsgebaren aus wie Fragen des Datenschutzes. Über die Niedrigzinspolitik der Notenbanken hinaus müssten Versicherer mit langfristigen ökonomischen Trends wie der sich öffnenden Wohlstandsschere umgehen.

E-Commerce und Omnikanalvertrieb veränderten die Branche nachhaltig. Zugleich forderten Online-Riesen wie Google und Amazon auf der einen Seite und kleine InsurTech-Startups auf der anderen Seite die traditionellen Versicherungsunternehmen heraus. Hinzu kämen ein erhöhtes Kostenbewusstsein und wachsende Transparenzanforderungen der Politik zugunsten der Kunden.

Unter der Moderation von Herbert Fromme, Versicherungskorrespondent der Süddeutschen Zeitung und Herausgeber des Versicherungsmonitors, wurden die verschiedenen Aspekte all dieser Entwicklungen auf der SimCorp Fachtagung von namhaften Referenten vor rund hundert Fach- und Führungskräften der Branche beleuchtet:

Thomas Heinatz, Senior Principal Financial Services bei der Accenture GmbH (www.accenture.com), warf einen Blick hinter die Kulissen der Blockchain-Technologie. Angesichts der rasanten Entwicklungen in diesem Bereich erwartet er, dass sich auch die Versicherungsbranche auf Grund des disruptiven Potenzials von Blockchain zunehmend damit befassen werde.

Potenzielle Effizienzgewinne durch Blockchain könne es sowohl bei der Administration von Versicherungsverträgen als auch bei der Wertpapierabwicklung im Kapitalbereich geben.

Allerdings müssten die Voraussetzungen für die Entwicklung einer entsprechenden Marktpraxis, die nötige Rechtssicher-heit und die Einhaltung von regulatorischen Rahmenbedingungen erst noch geschaffen werden. Ein wichtiger Punkt seien neue Geschäftsmodelle, um die notwendigen Investitionen in Blockchain-Infrastruktur zu rechtfertigen. Über konkrete Zahlen und Kosten, ein Unternehmen für die Blockchain-Technologie aufbringen müsste, wollte Heinatz nichts sagen. Seiner Empfehlung nach sollten die Versicherer aber bereits jetzt im Zuge der Entwicklung ihrer digitalen Agenda daran arbeiten.

SIMCORP_muenkel_thomas_COYA Klangvoll auch das Thema von Thomas Münkel, dem neuen Vorstandsvorsitzender der Coya AG (www.coya.de), dem digitalern Sachversicherer, der im Jahr 2018 den Geschäftsbetrieb aufzunehmen will. Münkel sprach über „InsurTechs: Revolution oder alter Wein in neuen Schläuchen“ und ging dabei der Frage nach, ob die Digitalisierung tatsächlich eine Revolution für die Versicherungsbranche bedeute. Entscheidend ist nach seiner Ansicht die individuelle Ansprache und Betreuung jedes einzelnen Kunden. Hier lägen die Versicherer traditionell bei der Erstansprache gegenüber anderen Branchen zurück, weil sie immer noch fast ausschließlich über Vermittler agierten.

„Versicherungen werden verkauft und nicht gekauft“, sagte Münkel vorwurfsvoll. Zudem seien die gewohnten Versicherungsangebote nicht wirklich auf den Einzelbedarf zugeschnitten. Die Digitalisierung, der Siegeszug der Laptops und Smartphones, die sprunghafte Leistungssteigerung bei Software, Datenverarbeitung und Datenübertragung führten jedoch zu dramatischen Änderungen und ungeahnten neuen Möglichkeiten.

Es müsse gelingen, diese Chance für eine Revolution in der Versicherungsbranche zu nutzen und nicht alten Wein in neue, diesmal digitale Schläuche zu gießen, denn zum ersten Mal werde es möglich, viele Kunden gleichzeitig mit vergleichsweise geringem Aufwand im Alltag zu begleiten und ihnen zu helfen, wann und wo sie es gerade brauchen – situativ, proaktiv und individualisiert. InsurTechs spielten dabei eine treibende Rolle, indem sie vor allem an der Kundenschnittstelle für Verbesserungen sorgten und gegenüber den etablierten Versicherungskonzernen bei der Geschwindigkeit im Vorteil seien.

Insgesamt ermögliche die Digitalisierung der gesamten Versicherungsbranche die Chance, sich völlig neu zu positionieren und von einem Produktanbieter mit Angeboten, "die keiner will, aber jeder braucht", zu einem gefragten Dienstleister nicht nur im Notfall zu werden.

Über die Produktwelt der Coya wollte Münkel keine präzise Auskunft geben, verriet aber, dass bekannte sei, dass „sein“ InsurTech offiziell Fachleute für Wohngebäude- und Hausratversicherungen suche.

Weitere qualifizierte Vorträge schlossen sich an, so von Jens Murmann von MSCI (www.msci.com), der Risk-Management-Ansätze für Versicherungen in Verbindung mit SimCorp Dimension vor stellte. Aßerdem befassten sich Martin Dürr von Faros Consulting (www.faros-consulting.de) und Dorothee Jahn von SimCorp mit alternativen Investments als Megatrend und Zukunftstreiber für Versicherungen.

Abschließend betrachtete Lars Heermann von Assekurata die Zinszusatzreserve (ZZR) aus Sicht einer Rating-Agentur (siehe auch bocquel-news 3. August 2017 Niedrigzinsumfeld sorgt auch 2017 sehr für Druck) und hinterfragt, ob die ZZR für die Versicherungsbranche Fluch oder Segen bedeutet. Mit der Zinszusatzreserve (ZZR) habe der Gesetzgeber ein hilfreiches Instrument zur langfristigen Bilanzvorsorge geschaffen, das jedoch die Ertragsströme der Lebensversicherer zusätzlich beansprucht. Änderungen in der Berechnungsmethodik seien dringend anraten. Doch man dürfe nicht vergessen, dass die ZZR ein elementar wichtiges Element zur Risikovorsorge sei „So notwendig und zweckmäßig sie ist, sollte aber die Dosierung im Auge behalten werden; hier ist der Gesetzgeber gefordert, die Dotierungsvorschriften zur ZZR zeitnah zu überarbeiten“, sagte Heermann und wiederholte damit eine Forderung an die Politik, die von der gesamten Branchemitgetragen wird. (-el / Fotos E. Bocquel / www.bocquel-news.de)

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