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Konzepte und Kriterien

Der neue Trend im Vertrieb ist „digital-persönlich“

19. Juni 2017 - In der Assekuranz wendet sich das Blatt allmählich von einer Margenorientierung hin zu einem stärkeren Fokus auf Marktanteile. Auch im operativen Bereich stehen die Zeichen klar auf Wachstum. Das bestätigt eine Simon-Kucher-Studie unter Versi-cherern in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Noch im Vorjahr lag der Schwerpunkt der Versicherer auf Margenorientierung. Nun zeichnet sich ein strategischer Kurswechsel ab: Rund 60 Prozent der Versicherungshäuser arbeiten aktuell an Markt- und Wachstumsstrategien und legen über alle Sparten hinweg einen stärkeren Fokus auf volumenorientierte Maßnahmen.

Das ist eines der zentralen Ergebnisse des Trendbarometers Assekuranz 2017, einer Kurzstudie der globalen Strategieberatung Simon-Kucher & Partners (www.simon-kucher.com). Die Studie ist mit über 150 Teilnehmern die größte Versicherungsstudie der Unternehmensberatung.

 

Priorisierung der strategischen Themen nicht zielführend
Die Studie zeigt auch, dass viele Versicherungshäuser nicht strategisch an die großen Themen wie Digitalisierung oder Multikanal herangehen. „Es stehen aktuell Einzelthemen wie Produktentwicklungen und Optimierung des Onlinekanals auf der Agenda", sagt Dr. Dirk Schmidt-Gallas, Member of the Board bei Simon-Kucher & Partners. „Anstatt vom Detail zur Strategie zu gehen, sollten die Unternehmen sich ein übergreifendes Ziel setzen und die konkrete Steuerung daraus ableiten."

Laut Schmidt-Gallas rüsten sich die Versicherungshäuser über alle Sparten hinweg zudem für den Kampf um den Kunden: Das Ziel, Marktanteile zu steigern, zeichnet sich in den operativen Maßnahmen deutlich ab. So arbeiten 81 Prozent der befragten Versicherer aktuell an der Neukundengewinnung. Zudem plant ein Großteil (73 Prozent) der Versicherungshäuser, die Verwaltungs- und Prozesskosten zu reduzieren. Auffällig ist in diesem Zusammenhang jedoch die fehlende Arbeit an Preisen.

„Die Einsparungen bei Verwaltung und Prozessen stellen tendenziell nur einen einmaligen Hebel auf die Marge dar. Um langfristig zu wachsen, sollten die Unternehmen Pricing als starken Hebel für die Zielsteuerung nutzen und zudem unterschiedliche Zahlungsbereitschaften von Kundensegmenten berücksichtigen", so Schmidt-Gallas.

Komposit-Versicherung: der Wachstumsmotor
Angesichts der angespannten und unsicheren Marktlage in der Lebens- und Krankenversicherung kommt der Komposit-Versicherung die Bedeutung des Wachstumsmotors zu. Die Analysten und Trendforscher sagen, dass in dieser Sparte ein noch stärkerer Fokus auf Markt- und Wachstumsstrategien zu sehen ist - als in der Branche insgesamt.

Das Wachstumsziel findet sich demnach auch in der operativen Umsetzung wieder: 84 Prozent der Komposit-Versicherer arbeiten aktuell an der Neukundengewinnung. Hohe Priorität haben auch Vertriebsthemen. „Es zeichnet sich eine Änderung der Verkaufslandschaft ab", sagt Stefanie Grunert, Director bei Simon-Kucher & Partners. „Wir sehen eine Entwicklung hin zum digital-persönlichen Vertrieb. Wird das Wissen der besten Verkäufer mit Erkenntnissen der Kaufpsychologie in einem digitalen Tool kombiniert, steigt das Potenzial des persönlichen Vertriebs um ein Vielfaches."

Lebensversicherung: Biometrie als Wachstumstreiber
Die Lebensversicherung steht mit Solvency II, dem Zinsumfeld sowie dem Digitalisierungsdruck weiterhin vor Herausforderungen, wenngleich auch die akuten Probleme durch Produktüberarbeitungen und -neukalkulationen angegangen wurden. Dadurch dreht der Wind von einem noch klaren Margenfokus im Jahr 2016 zu ausgewogeneren Zielsetzungen in Richtung eines margenorientierten Wachstums. Die meisten Häuser setzen auf das Thema „Biometrie" als Wachstumstreiber.

„Die Absicherung biometrischer Risiken ist das richtige Thema. Es hapert aber grundsätzlich nicht am Angebot, sondern am Verkauf. Entscheidend ist die übergeordnete Argumentation für das Lebensversicherungsangebot. In der Vergangenheit war das unter anderem ‚Partizipieren Sie am Kapitalmarkt‘, heute ist es ‚Schließen Sie Ihre Versorgungslücke‘. Das funktioniert aber nicht mehr. Es müsste lauten: ‚Sichern Sie Ihre biometrischen Risiken ab. ‘ Dafür braucht der Vertrieb Hilfe und das bringt uns wieder zum Thema der digitalen Verkaufsunterstützungen“, sagt Dr. Dirk Schmidt-Gallas dazu.

Krankenversicherung: Nachholbedarf in der Onlinestrategie
Nicht nur das niedrige Zinsumfeld und die richtungsweisende Bundestagswahl (Stichwort: „Bürgerversicherung") im kommenden September verunsichern vor allem die privaten Krankenversicherer, sondern auch die schwer einschätzbaren Chancen und Gefahren der Digitalisierung. So liegt ein klarer Fokus der aktuellen Arbeit auf dem Thema Onlinestrategie.

„Das ist eine sinnvolle Entwicklung. Viele Krankenversicherer haben in diesem Bereich noch deutlichen Nachholbedarf gegenüber den anderen Sparten", sagt Dr. Ingo Reinhardt, Senior Director bei Simon-Kucher & Partners. Viele Versicherer widmen sich zudem der Produktentwicklung. So geben 50 Prozent der Befragten des Trendbarometers Assekuranz 2017 an, momentan an Produktstrategien zu arbeiten. Auffällig ist dabei aber, dass die Mehrzahl der Befragten (rund 80 Prozent) das Thema Marketingstrategie erst im zweiten Schritt angehen will. „Bevor die Versicherer ein Produkt entwickeln, sollten sie sich zunächst Gedanken über dessen Vermarktung machen. Die Marketingstrategie sollte hier auf keinen Fall der Produktstrategie folgen", erklärt Reinhardt.

Thema Produktentwicklung nach der Bundestagswahl
Das Thema Produktentwicklung wird nach der Bundestagswahl sicher weiter an Fahrt gewinnen, wenn die Rahmenbedingungen für die nächsten Jahre abgesteckt sind. Der Erfolg der Krankenversicherer wird dann auch stark davon abhängen, wer jetzt seine Hausaufgaben macht und Vermarktungs- und Vertriebsfragen in die Produktentwicklung integriert. (-el/ www.bocquel-news.de)

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