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Der Pflege-Bahr fällt im neuesten Test „voll durch“

30. März 2015 - Die Zeitschrift Öko-Test analysierte in ihrer April-Ausgabe insgesamt 104 private Pflege-Zusatzversicherungen. Erschreckendes Ergebnis: der mit staatlicher Förderung auf den Weg gebrachte „Pflege-Bahr“ fällt laut Medienbericht „voll durch“ und die Pflegelücke wird größer.

Alle sprechen von der wichtigen und notwendigen Pflege-Versicherung. Und weil vielen Bundesbürgern dafür das nötige Kleingeld fehlt, zeigen sie immer größeres Interesse an Pflege-Tagegeldversicherungen. Im Verbrauchermagazin Öko-Test Ausgabe April 2015 (aktuelles Titelbild: Öko-Test) wurden insgesamt 104 private Pflege-Zusatzversicherungen auf den Prüfstand gestellt, darunter auch die Tarife, die als „Pflege-Bahr“ so konstruiert wurden, dass eine staatliche Förderung gewährt wird. Seit 2013 gibt es den Pflege-Bahr. Doch die geförderten Tarife sind laut Öko-Test (www.oekotest.de) viel zu teuer, während sie gleichzeitig die Lücken, die die gesetzliche Absicherung hinterlässt, in keiner Weise schließen können. Die Kritiker geben an, dass die Leistungshöhen vollkommen unzureichend sind du machen das an einem Beispiel fest: Demnach erhält ein 35-Jähriger für seine Zusatzabsicherung via „Pflege-Bahr“ den Mindesteigenbeitrag von 10 Euro im Monat in der Pflegestufe 1, das sind im besten Fall 240 Euro. Tritt die Pflegestufe 2 ein, erhält der 35-Jährige rund 530 Euro und in Pflegestufe 3 dann 1.200 Euro. „Diese Beträge sind weit von den Pflegelücken entfernt“, sagen die Fachleute übereinstimmend.

Derzeit sind rund 2,6 Millionen Bundesbürger auf die Hilfe anderer angewiesen. Schon für das Jahr 2020 prognostiziert das Statistische Bundesamt (www.destatis.de) 2,9 Millionen Pflegefälle; im Jahr 2030 sollen es hochgerechnet bereits 3,4 Millionen Betroffene sein. Für die Öko-Test steht fest: Ohne eine private Zusatzversicherung werden viele zum Sozialfall, denn die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung reichen nicht, die Pflegekosten zu decken.

Heute liegt laut Öko-Test die geschätzte Lücke - die regional sehr unterschiedliche ausfallen kann - je nach Pflegstufe und Art der Betreuung zwischen 350 und 2.100 Euro im Monat. Diese Prognose sei ausschlaggebend gewesen, die freiwillige private Vorsorge seit 2013 staatlich zu fördern. Der Pflege-Bahr - benannt nach dem ehemaligen FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr - wurde geboren. Gerade mal 5 Euro Zuschuss gibt es dafür - jeden Monat, aber auch nur für die, die eine entsprechende Pflege-Bahr-Police abgeschlossen haben.

Die Marktforscher bei Öko-Test sehen beim Pflege-Bahr jedoch auch ein wirkliches Plus: Bei den Bahr-Policen gibt es im Gegensatz zu ungeförderten Pflege-Tarifen keine Gesundheitsprüfung. Somit können Menschen mit schweren Vorerkrankungen in den Genuss einer Pflege-Zusatzversicherung kommen, indem sie einen Pflege-Bahr-Tarif abschließen – allerdings mit der Einschränkung, dass sie im Moment der Vertragsunterzeichnung noch keine Leistung aus der gesetzlichen Pflegeversicherung bezogen haben.

Im Gegenzug werde erst nach einer Wartezeit von fünf Jahren gezahlt, auch wenn die Pflegebedürftigkeit früher eintritt, heißt es in Öko-Test. „Weil wahrscheinlich überwiegend Kranke einen solchen Tarif abschließen, haben die Assekuranzen einen deutlichen Sicherheitszuschlag eingepreist“, sagt einer der Autoren des ökonomischen Magazins.

Allerdings habe dies wiederum zur Folge, dass deutlich weniger Menschen als geplant eine Pflege-Bahr-Versicherung abgeschlossen haben, wird gemutmaßt. Die Bundesregierung hatte den Angaben zufolge in der Gesetzesbegründung Mitte 2012 mit 1,5 Millionen Verträgen allein für das Jahr 2013 gerechnet. Bis Ende 2014 wurden aber erst 549.900 Verträge abgeschlossen, wie der Verband der Privaten Krankenversicherer (www.pkv.de) mitteilt.

Das würde weitere Probleme für die Versicherten nach sich ziehen, heißt es. "Die Gesamtzahl der abgeschlossenen Pflege-Bahr-Tarife ist nicht so hoch, dass man auch nur ansatzweise sicher sein könnte, dass hier ein Risikoausgleich zwischen guten und schlechten Risiken erfolgt", wird der Versicherungsmathematiker und PKV-Gutachter Peter Schramm (Foto: P. Schramm) zitiert. Ähnlich sieht es laut Öko-Test auch Jörg Werner vom Analysehaus KVpro (www.kvpro.de) aus Freiburg: "Da nun auch endlich Personen, die Vorerkrankungen aufweisen, chronisch krank sind und ein hohes Pflegerisiko haben, eine private Pflege-Zusatzversicherung abschließen können, steigt natürlich das Risiko, dass die Beiträge nach der fünfjährigen Wartezeit angepasst werden müssen."

Demnach würden Zweifel daran, dass die auf dem Markt angebotenen Tarife langfristig solide kalkuliert sind, sogar aus der Branche selbst kommen, heißt es. „Wir haben Schwierigkeiten uns vorzustellen, dass der Pflege-Bahr versicherungstechnisch nachhaltig kalkuliert ist", sagt der Continentale-Vorstand Christoph Helmich (Foto: Continentale). Selbst bietet das Unternehmen im Versicherungs-Verbund Die Continentale (www.continentale.de) daher keine Pflege-Bahr-Tarife an.

Die Analysten von Öko-Test rechnen nun vor, dass ab dem Jahr 2018, wenn Pflegebedürftige erstmalig Leistungen aus den Bahr-Tarifen erhalten könnten, zu deutlichen Beitragserhöhungen werde. Das dürfte bisher gesunde Versicherte veranlassen, in ungeförderte Angebote umzusteigen. Der Nachteil: Sie verlieren dabei ihre für das Alter angesparten Rücklagen. Kranke seien ohnehin doppelt gefangen. "Das Risiko der Unterkalkulation tragen aufgrund dieser Kunden- und wettbewerbsunfreundlichen Regelung damit allein die Versicherten", sagt Prof. Heinz Rothgang vom Bremer Zentrum für Sozialpolitik in seiner Begründung zur Abschaffung des Pflege-Bahrs.

Damit Eltern sich finanziell sorglos um die Pflege ihres Kindes kümmern
Als Basis der Öko-Test-Untersuchung hat das Softwarehaus KVpro insgesamt 312 Tarife verschiedener Gesellschaften durchforstet. Aufgrund der von Öko-Test vorgegebenen Mindestkriterien kamen 104 private Pflegegeld-Zusatztarife für Kinder und Erwachsene von insgesamt 24 Anbietern in den Test. Für ein einjähriges Kind sollte die Leistung für häusliche Pflege in der Pflegestufe 1 mindestens 900 Euro betragen, in Stufe 2 dann 1.800 und in der Stufe 3 schließlich 3.000 Euro. Für solche Ergebnisse aus der Berechnung sollte Eltern die Möglichkeit gegeben werden, den Job aufzugeben und sich finanziell sorglos um die Pflege ihres Kindes zu kümmern, heißt es in der April-Ausgabe von Öko-Test. (-el / www.bocquel-news.de)

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