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D&O-Versicherungsfall endet jetzt mit Vergleich

2. Mai 2013 - In einer Adhoc-Meldung teilt die Conergy AG, Hamburg, jetzt mit, dass sie mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern, Anlegerklägern sowie mit dem D&O-Versicherer AIG eine Vergleichsvereinbarung geschlossen hat. Welche Rolle spielt hier die Manager-Haftpflicht ?

VERGLEICHSelten ist öffentlich zu erfahren, dass ein Unternehmen bei der Auseinandersetzung mit seinen (ehemaligen) Vorständen oder Aufsichtsräten die D&O-Versicherung (Manager-Haftpflicht englisch: Directors' and Officers' Liability Insurance) eingeschaltet hat, um von ihren Chefs Schadenersatz einzufordern. Dies jedoch ist jetzt geschehen. In einer Adhoc-Nachricht teilt die börsennotierte Conergy AG (www.conergy.de) jetzt mit, dass sie mit ihren ehemaligen Vorstandsmitgliedern Hans-Martin Rüter, Albert Edelmann, Nikolaus Krane, Christian Langen, Heiko Piossek und Dr. Edmund Stassen sowie mit dem D&O-Versicherer AIG Europe Limited, Direktion für Deutschland (www.aig.de), eine Vergleichsvereinbarung geschlossen hat.

Aus dem Vergleich, mit dem die Auseinandersetzung über mögliche Schadensersatzansprüche den Angaben zufolge beendet wird, soll der Conergy AG eine Vergleichszahlung in Höhe von 6,315 Millionen Euro zufließen. Die Wirksamkeit dieser Vergleichsvereinbarung stehe unter dem Vorbehalt der Zustimmung der nächsten Hauptversammlung der Conergy AG, heißt es.

Weiterhin meldet die Conergy AG in diesem Zusammenhang von eingegangenen Vergleichsvereinbarungen mit den Parteien des Musterverfahrens betreffend die Gewinnwarnung vom Oktober 2007. Die Zahlungen an die Anlegerkläger sollen aus einem Teil der Vergleichszahlung an die Conergy AG beglichen werden. Hierzu wird ebenfalls mitgeteilt, dass die Wirksamkeit der Vergleichsvereinbarungen mit den Parteien des Musterverfahrens von der Wirksamkeit der Vergleichsvereinbarung mit den ehemaligen Vorstandsmitgliedern und dem D&O-Versicherer abhänge.

Die Rede ist von der D&O-Versicherung (abgeleitet von Directors' and Officers' Liability Insurance) auch Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung. Nahezu jedes größere - vor allem börsennotierte - Unternehmen hat für seine Führungsmannschaft eine solche D&O-Versicherung abgeschlossen.

 

Die klassische D&O-Versicherung hat für Außenstehende häufig etwas Mysteriöses - auch deshalb, weil sich die rund 30 bis 40 aktiven D&O-Versicherer im deutschen Markt wenig in die Karten gucken lassen. Selbst beim GDV Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de), wo akribisch Zahlenmaterial über alle Versicherungs-Sparten und -Arten gesammelt werden, ist zur D&O-Versicherung kaum etwas zu erfahren - zumindest nicht separat. Versicherungs- und Prämien-Volumen der Manager-Haftpflicht-Versicherung rangieren beim GDV unter der Sparte Haftpflicht und werden nicht extra ausgewiesen. Für Schaden- und Leistungs-Volumen gilt das ebenso.

 

Die D&O-Versicherung ist eine Spezialität im Bereich der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die ein Unternehmen für seine Organe und leitenden Angestellten abschließt. Es handelt sich dabei um eine Versicherung zugunsten Dritter, die der Art nach zu den Berufshaftpflichtversicherungen gezählt wird.

 

Die D&O-Versicherung bietet nur Schutz für die Organe und Top-Manager des Unternehmens, nicht aber für das Unternehmen selbst, welches eine D&O-Versicherung für seine Organe und Manager abschließt. Versicherungsschutz in Bezug auf von dritter Seite gegen das Unternehmen wegen Pflichtverletzungen ihrer Mitarbeiter erhobene Ansprüche bietet im Unterschied dazu eine sogenannte Errors&Omissions (E&O)- beziehungsweise Professional Indemnity (PI)-Deckung.

 

Der eigentliche Ursprung der D&O-Versicherung ist nach Experten-Meinung bei Lloyd's of London zu suchen; dessen ungeachtet herrscht die Meinung vor, dass in den USA der Ursprung dieses Versicherungskonstituts zu finden sei. Die erste D&O-Versicherung in Deutschland hat im Jahr 1986 die Tochtergesellschaft des US-Versicherers Chubb, die Chubb Insurance Company of Europe SE (www.chubb.com) mit ihren Deutschland-Direktionen, angeboten.

 

Bei der D&O-Versicherung ist Versicherungsnehmer eine juristische Person - das können sein ein Unternehmen in der Rechtsform einer AG oder GmbH oder GmbH & Co. KG, oder ein Verein, eine Stiftung, eine Körperschaft öffentlichen Rechts oder eine Genossenschaft, für die die versicherten Personen jeweils tätig sind.

 

Versicherte Personen, das heißt die Empfänger der Versicherungsleistungen im Schadenfall, sind die Mitglieder der Führungs- und Aufsichtsorgane der Versicherungsnehmerin sowie ihrer Tochterunternehmen: also Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte, Beiräte, Verwaltungsräte oder ähnliche Organe nach ausländischem Recht.

 

Vom Versicherungsschutz via D&O ausgeschlossen sind in der Regel wissentliche Pflichtverletzungen, Geldbußen und Geldstrafen, ebenso wie Entschädigungen mit Straf-Charakter. gelten Für Risiken mit USA-Bezug gelten Besonderheiten.

 

Was war bei der Conergy AG los?
Im August 2007 war öffentlich geworden, dass das Solarunternehmen Conergy 268 Millionen Euro Schadensersatz von ehemaligen Vorständen fordere. Die Conergy AG mit Niederlassungen in 13 Ländern in Europa, Nordamerika, Asien und Australien hatte damals nach einem kurzen wirtschaftlichen Höhenflug erklärt, dass man sich im Unternehmen auf seine ursprüngliche Stärke, den internationalen Vertrieb von Solarsystemen an Installateure und Großhändler, die weltweite Projektierung von Solarparks sowie das immer wichtiger werdende Servicegeschäft konzentrieren wolle.

 

Auslöser war, dass die Conergy AG Zeitungsberichten zufolge in den Jahren 2007 und 2008 in eine schwere Krise geraten war. Damals sprach man von einem Nettoverlust von insgesamt 450 Millionen Euro, der innerhalb von Jahresfrist entstanden war. Später - im Jahr 2009 - berichteten die Medien dann, dass der Verlust vor allem deswegen angefallen sei, weil „Bilanzierungsfehler aus der Vergangenheit bereinigt und zahlreiche neu gekaufte Tochtergesellschaften mit hohen Verlusten veräußert" werden mussten.

 

Die Conergy AG hatte damals auch gegen seinen Gründer und bis 2007 Vorstandsvorsitzenden, Hans-Martin Rüter, eine Zivilklage erhoben. Gleichzeitig war bekannt geworden, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft Anklage gegen sechs frühere Spitzenmanager der Conergy erhoben hatte. Gegenstand der Klage: Marktmanipulation, Insiderhandel und Bilanzfälschung.

 

Der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Ammer sowie Hans-Martin Rüter und Heiko Piossek wurden - den Berichten zufolge - beschuldigt, damals die existenzbedrohende Krise der Conergy verschleiert und im Wissen um die schlechte Lage eigene Aktien im Wert von 42 Millionen Euro verkauft zu haben. Ein halbes Jahr später sei die Schieflage des Konzerns öffentlich geworden und der Kurs der Aktie eingebrochen.

 

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Solarenergiekonzerns Conergy, Hans-Martin Rüter, und die anderen Beschuldigten hatten dann postwendend die Vorwürfe der Hamburger Staatsanwaltschaft gegen sie zurückgewiesen. „Es ist schlichtweg falsch, dass Vorstände oder Aufsichtsräte von falschen Bilanzansätzen gewusst haben sollen", hatte Rüter öffentlich erklärt. Er habe weder „manipuliert' noch Einfluss auf die angesprochenen Positionen der Bilanz genommen."

 

Im Unternehmen war - parallel zu den Anschuldigungen und der Ablösung des Top-Managements - die Eigentümerstruktur grundlegend geändert worden. Wie dazu mitgeteilt wird, hatten Gläubiger in einem komplexen Verfahren auf 40 Prozent ihrer Ansprüche verzichtet und die verbliebenen Forderungen in Eigenkapital umgewandelt.

 

Über die Auseinandersetzungen und die Beschuldigungen herrschte aber insgesamt Stillschweigen. Danach gab es von dem ursprünglichen Start-Up-Unternehmen Conergy nur noch Erfolgsmeldungen. Von dem „Schmutzige-Wäsche-Waschen" innerhalb der Führungsstrukturen mit Ehemaligen war - wie eigentlich meistens in solchen Fällen - nichts mehr zu hören. Bis jetzt, denn die Conergy AG meldete am späten Abend vor dem 1. Mai 2013, dass nun Vergleichsvereinbarung zwischen allen sich streitenden Parteien geschlossen wurden - auch mit dem D&O-Versicherer.

 

VERGLEICH WirtschaftSchätzungsweise 300 bis 500 Millionen Euro Prämienvolumen
Natürlich drängt sich die Frage nach den Kosten für eine D&O-Versicherung auf. Aber weder Einzel-Prämien noch eine Aussage zum Prämienvolumen der D&O hierzulande gibt es nicht - sondern nur Schätzungen. Weder die Versicherer noch die Unternehmen, die eine D&O-Police abschließen, geben hier konkrete Zahlen bekannt. Das D&O-Prämienvolumen in Deutschland wird von Experten auf 300 bis 500 Millionen Euro geschätzt, wobei die Prämien angesichts der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftslage heftig unter Druck kommen.

Spektakuläre D&O-Fälle
In der Mehrzahl der Fälle, in denen ein Unternehmen seine Führungsspitze eines Fehlverhalten bezichtigt und die D&O-Versicherung eingeschaltet wird, kommt es zu außergerichtlichen Vergleichen, so dass die Öffentlichkeit in der Regel nicht erfahren kann, welche Summen (neben oft erheblichen Abwehrkosten) reguliert werden. Ausnahmen sind Vergleiche, die unter Umständen bei börsennotierten Aktiengesellschaften einer Genehmigung durch die Hauptversammlung bedürfen. Spektakuläre Beispiele hierfür waren die Fälle Siemens (100 Millionen Euro) und Constantin Medien - vormals EM.TV (57,5 Millionen Euro). (eb / www.bocquel-news.de)

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