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Konzepte und Kriterien

Brisante Rezepte für die Managerhaftpflicht

21. Januar 2013 - Echte Innovationen sind in der Assekuranz eher selten. Umso neugieriger verfolgten die Teilnehmer der 15. Euroforum-Jahrestagung „Haftpflicht" in Hamburg die Präsentationen von zwei Produktneuheiten in der Königsdisziplin, der Managerhaftpflicht.

Die Haftpflichtversicherung als Absicherung im Industrie- und Gewerbe-Bereich stand Ende der vergangenen Woche im Fokus der 15. Euroforum-Jahrestagung „Haftpflicht" in Hamburg. Die Vielfältigkeit und die Facetten dieser Sparte bergen Sprengstoff, den die Experten der Branche in zahlreichen Fachvorträgen und zum Teil kontrovers geführten (Podiums-)Diskussionen zu entschärfen suchten.

Herbert FrommeImmer wieder neue Risiken im Haftpflicht-Versicherungsbereich
Seit mehr als vierzig Jahren tauchen immer wieder neue Risiken im Haftpflichtbereich auf. Erinnert sei hier nur an die Rückruf-Aktionen der Auto- und der Lebensmittelbranche sowie die erst in späteren Jahren dringlich gewordene Asbest-Problematik. Im Jahr 2012 schienen sich die Fronten zwischen der Industrie und den Versicherungsunternehmen in Sachen Haftpflicht zu verhärten. Steigende Prämien und immer umfangreichere Risikofelder inspirierten die Industrie dazu, neue Risiken eventuell selbst zu tragen. Die Reaktion der Versicherer folgte unmittelbar. Die Assekuranz will weiter verstärkt auf ihre Klientel zugehen, verlangt aber mehr Transparenz von ihren Industriekunden, weil sich ihnen mit mehr Informationen die Möglichkeit zu umfassenderen und vor allem passgenauen, kostenerträglichen Deckungslösungen für jeden einzelnen Kunden eröffne. Ob das alles nur eine Frage der Kommunikation sei, bezweifelte Versicherungsjournalist Herbert Fromme (Foto), der wie in den Vorjahren die Tagungsleitung der Euroforum-Jahrestagung „Haftpflicht" übernommen hatte.

Managerhaftpflicht-Policen, auch Directors and Officers Liability (D&O) genannt, schließen Unternehmen für ihre Führungskräfte ab. Sie sollen die Manager vor finanziellen Folgen von Pflichtverletzungen schützen.

Wie sieht der Risikodialog der Zukunft aus? Ist die industrielle Haftpflichtversicherung nur noch ein Flickenteppich, der nebenbei auch noch Löcher aufweist? Provokante Fragen für die Haftpflicht-Sparte, aus der bisher offiziell keine verbindlichen Zahlen zu den einzelnen Spezialitäten zu erfahren sind, was immer wieder in den Medien bemängelt wird. Die Entwicklung der D&O-Versicherung ("Manager-Haftpflicht") sorgt seit ihrem ersten Marktauftritt hierzulande durch die Chubb (www.chubb.com) vor mehr als 25 Jahren immer wieder für Aufsehen.

Deckungslösungen und Anpassungen
Durch neue Urteile werden hier neue Deckungslösungen geschaffen, Anpassungen vorgenommen und vor allem diskutiert. Der Markt insgesamt ist in Bewegung, besonders bei der D&O. Steht die D&O-Versicherung durch die aktuellen Rechtsentwicklungen an einem Scheideweg? Fragen und Unsicherheiten! So sorgten auch zwei Produktneuheiten im Bereich der Managerhaftpflicht-Versicherung in Hamburg für Gesprächsstoff. Zum einen wurde eine „persönliche Berufshaftpflicht-Versicherung" mit bereits erstem Markterfolg und großer Nachfrage präsentiert; zum anderem wurde eine sogenannte „Two Tier Trigger Policy", eine finanzielle Absicherung für spezifische Haftungsgefahren für Aufsichtsräte, vorgestellt, deren Markteintritt allerdings erst in den nächsten Tagen erfolgen soll.

Mark Wilhelm Fragen über Fragen bestehen aber derzeit und weiterhin zum klassischen Modell einer Managerhaftpflicht-Versicherung. Die Teilnehmer der Euroforum-Konferenz (www.euroforum.de) waren sich einig, dass die Suche nach Erfolgsrezepten noch nicht abgeschlossen sei. Unter anderem erschweren zu viele Ungenauigkeiten zu D&O-Klauseln zu Anfechtung sowie zu Kostenanrechnung und Strafzahlung einer stringenten Lösung. Und: „Die D&O-Versicherung ist geprägt von einem anspruchsvollen Einkäufermarkt, der den Versicherern alles abverlangt. Die Zusammenarbeit der Vertragsparteien gelingt nicht immer einvernehmlich", sagte Mark Wilhelm (Foto rechts). Der Fachanwalt für Versicherungsrecht - mit der Graduierung LL.M. (Master of Insurance Law) von der Düsseldorfer Kanzlei Wilhelm Rechtsanwälte (www.wilhelm-rae.de) - gab einen Überblick über die (un)praktische Rechtsentwicklung der D&O. Beispielsweise gibt es beim Thema „Anfechtungsverzicht" immer wieder Probleme, wenn eine D&O-Versicherung für jedes Organmitgliede in einem Unternehmen abgeschlossen werden soll. Das Fazit von Fachanwalt Wilhelm: Die versicherten Personen sollten jeweils in einzelnen voneinander unabhängigen Policen versichert werden. Eine denkbare Konstellation wäre hier eine Gruppenversicherung. Bei Anfechtung könnte den Versicherten die Option geboten werden, den Versicherungsschutz unabhängig vom Versicherungsnehmer aufrechtzuerhalten. Die Versicherten wären dann selbst zur Prämienzahlung verpflichtet.

Jörg ConradiSpannend wurde es beim Vortrag „Altes und Neues - Deckungen außerhalb der D&O", bei dem Jörg Conradi (Foto), Chef der erst vor eineinhalb Jahren gegründeten Allcura Versicherungs-AG (www.allcura-versicherung.de), neu und individuell angelegte Managerhaftpflicht-Versicherungen vorstellte. Die Allcura Versicherungs-AG versteht sich in diesem Segment bereits als Premiumanbieter für individuelle Lösungen der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Diese Versicherung wird nicht vom Unternehmen für seine Manager, sondern von einer Führungskraft für sich selbst abgeschlossen.

Conradi erinnerte daran, dass „altbewährte Deckungskonzepte" eine sogenannte Drittschadendeckung enthalten: „Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer sowie seinen Organen und Angestellten Versicherungsschutz für den Fall, dass diese wegen eines bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit begangenen Verstoßes von einem Dritten auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden haftpflichtig gemacht werden (Drittschaden)."

Was die Eigenschadendeckung betrifft, so sei sie ebenfalls Gegenstand aller Konzepte. Zitat Jörg Conradi: „Außerdem gewährt der Versicherer den Organen und Angestellten des Versicherungsnehmers Versicherungsschutz für den Fall, dass sie wegen eines bei Ausübung der versicherten Tätigkeit begangenen Verstoßes auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes für einen Vermögensschaden haftpflichtig gemacht werden, den der Versicherungsnehmer unmittelbar erlitten hat (Eigenschaden)." In allen Konzepten seien Organe und Angestellte über das Unternehmen versichert.

Fahrlässigkeit oder Haftpflichtigkeit
Es stelle sich aber die Frage nach Fahrlässigkeit oder Haftpflichtigkeit. Die Konzepte würden regelmäßig im Alltag modifiziert. Fazit: Fahrlässige Pflichtverletzung löst den Schadenersatz aus.

Jörg Conradi sprach dann über das „persönliche Interesse und die Deckung" von Top-Managern. Er sieht eine dringende Notwendigkeit, dass sie eine „persönliche Berufshaftpflichtversicherung" besitzen sollten. Der Allcura-Versicherungsvorstand weiß, wovon er spricht, denn er entwickelte gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Werner Brase und Christian Burger sowie dem Allcura-Expertenteam eine „Berufshaftpflicht für Unternehmensleiter". Bereits mehr als hundert entsprechende Verträge im Bestand sind Conradis Angaben zufolge Bestätigung genug ("Berufshaftpflicht für Unternehmensleiter").

Schadenmeldeprinzip und/oder Verstoßprinzip
Wie der Versicherungs-Manager aufzeigte, eigne sich die personenbezogene Berufshaftpflichtversicherung sowohl als Ergänzung neben einer bestehenden „Unternehmens-D&O", als auch für Führungskräfte, für die (hierarchisch) noch keine finanzielle Absicherung abgeschlossen würde. Anders als die D&O-Versicherung, die vom Unternehmen abgeschlossen und bezahlt wird und sich nach dem Schadenmeldeprinzip (claims-made) richtet, orientiert sich die persönliche Berufshaftpflichtversicherung laut Conradi nach dem Verstoßprinzip, also an dem in der Vermögensschaden-Haftpflicht üblichen Grundsatz, dass für die zeitliche Einordnung eines Schadenfalles der Zeitpunkt des angeblichen Fehlers maßgeblich ist.

Beim Komplex „Fahrlässigkeit oder Haftpflichtigkeit" müsse die Deckungserweiterung in der Eigenschadenkomponente hinterfragt werden. Auf die Inanspruchnahme einer Person komme es nicht an. Die pflichtverletzende Person habe weder einen Anspruch auf Abwehrschutz aus dem Vertrag noch, dass der Schaden überhaupt gemeldet werde. Die im Juristen-Jagon bezeichnete „Einrede der Verjährung" sei für den Versicherer in der Schadenregulierung abgeschnitten.

Persönliches Interesse eines Managers
Wie steht es um das persönliche Interesse eines Managers? Ist die persönliche Berufshaftpflichtversicherung für ihn Ergänzung oder Alternative? Ganz klar: Das Organmitglied ist jederzeit selbst Herr seiner eigenen Police, machte Conradi deutlich. Vorteil: Höhe und Qualität der Deckung kann den eigenen Bedürfnissen angepasst werden. Unterschiedliche Mandate in gesellschaftsrechtlich nicht verbundenen Rechtsträgern sind in einer Police möglich. Prämienzahler ist die versicherte Person.

„Deckung mit Nachhall"
„Durchlaufende Deckung mit Nachhall", nannte Jörg Conradi eine der vorteilhaften Besonderheiten der persönliche Berufshaftpflichtversicherung, denn sie wirke auch im Ruhestand und für die Erben, während Kosten (Prämien) nur in der aktiven Zeit des Betroffenen anfallen.

Das „subjektive Risiko Mensch"
Der Allcura-Versicherungschef brachte dann das „subjektive Risiko Mensch" ins Gespräch. Versichert sei das objektive Risiko in einer Organtätigkeit ... und das subjektive Risiko in der Person. Spielen dabei Bilanzzahlen eines Unternehmens eine Rolle? Hat die Ausbildung, Berufserfahrung oder Firmenzugehörigkeit Einfluss auf das Risiko? Ist die Anzahl der Mandate risikoerhöhend? Hat die Branche des Unternehmens oder die Rechtsform eine Auswirkung? Die Mehrheit der Teilnehmer der 15. Euroforum-Jahrestagung „Haftpflicht" befand, dass das „subjektive Risiko Mensch" eine immer bedeutendere Rolle spielen werde. (eb / www.bocquel-news.de)

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