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Belastet die Krise den Preispoker der Versicherer?

8. Oktober 2012 - Bühne frei zum alljährlichen Poker um Versicherungsprämien: Rückversicherer, Rückversicherungsmakler und Erstversicherer steigen die in Erneuerungsrunden ein. Aon Benfield macht klar, wie die Schuldenkrise und Solvency II die Branche in Schach halten.

Es ist nicht mehr lange hin bis zum Rückversicherer-Meeting in Baden-Baden vom 20. bis 25. Oktober. Dort bereiten sich Rück- und Erstversicherer - wie während des „Rendez-Vous de Septembre" vor vier Wochen in Monte Carlo - auf die Erneuerungsgespräche mit neuen Abschlüssen zu profitablen Prämien vor. Die Bezeichnung „Preispoker" liegt auf der Hand, zumal Baden-Baden und Monte Carlo auch für ihre Spielcasinos weltberühmt sind. Erstmals seit vielen Jahren verlagert sich der diesmal Schwerpunkt der Assekuranz-Gespräche, denn die Euro-Schuldenkrise und ihre Auswirkungen überlagern das anstehende Feilschen um steigende Preise. "Wir erleben eine voranschreitende Veränderung im System", sagt Jan-Oliver Thofern vom größten Rückversicherungsmakler weltweit Aon Benfield. Thofern ist als Vorsitzender und CEO bei Aon Benfield Deutschland (www.aon.de) verantwortlich für den gesamten deutschsprachigen Raum.

Der Manager glaubt zwar nicht, dass der augenblicklich noch schleichende wirtschaftliche Abschwung und die Staatsschuldenkrise die Rückversicherer und ihre Preispolitik jetzt unmittelbar hart unter Druck setzen, doch dürfe man nicht vergessen, dass die Kapitalanlagen der Rückversicherer ebenso wie die der Erstversicherer den Turbulenzen an den Kapitalmärkten nicht ewig standhalten könnten.

Jan-Oliver Thofern Kunden leiden unter Zinstal
„Unsere Kunden, die Erstversicherer, leiden stark durch das derzeit herrschende Zinstal", sagt Thofern im Gespräch mit den bocquel-news. Niemand könne wissen, wie lange das niedrige Zinsniveau andauert. Weil aber die Assekuranzen für ihre Lebensversicherungskunden eine bestimmte jährliche Verzinsung des Kapitals garantiert haben, müssen sie Wege finden, um zusätzliche Erträge zu erwirtschaften. Das wird an einem Kapitalmarkt mit einem Dauertief der Zinsen immer schwerer. Früher galten beispielsweise Staatsanleihen als sichere Anlage und wurden von den Versicherern bevorzugt gezeichnet. Das ist vorbei, denn Staatsanleihen werden derzeit längst als Risikopapiere eingestuft.

Schwarzmalerei ist laut Jan-Oliver Thofern (Foto) dennoch fehl am Platz. Noch hat die Assekuranz in ihrer Gesamtheit dem Druck vor allem in den Sachsparten, die das Geschäftsfeld von Thoferns Spezialisten bestimmen, standgehalten. Die Rückversicherer seien froh, dass 2011 als das schadenträchtigste und teuerste Jahr in der Assekuranz-Geschichte vorbei sei, und das laufende Geschäftsjahr 2012 sich bisher ohne größere Katastrophen zeige.

Zur Erinnerung: Das versicherte Schadenvolumen - insbesondere aus den Schäden infolge von Erdbeben, Stürmen und Überschwemmungen - betrug im vergangenen Jahr 105 Milliarden US-Dollar (circa 805 Milliarden Euro). „Eine derartige Häufung von Schadenereignissen wie im Jahr 2011 ist in der jüngeren Geschichte einzigartig." Besonders die Naturkatastrophen in Neuseeland (Erdbeben), Australien (Überschwemmungen nach tropischem Wirbelsturm) und Japan (Erdbeben und Tsunami) hätten erhebliche Belastungen für die Versicherungswirtschaft gebracht.

Schäden in Neuseeland nicht unterschätzen
Dabei dürften gerade die Schäden in Neuseeland nicht unterschätzt werden, sagte Thofern. Noch sei nicht klar, ob man dort die eingestürzten Häuser am selben Ort wieder aufbaue oder in eine andere Region ziehe. Die Kosten dazu müssten zum großen Teil aus den Töpfen der Rückversicherer kommen.

Den Rückversicherungsmaklern wie Aon Benfield, als weltweite Nummer 1 vor den Mitbewerbern Guy Carpenter und Willis Re, kommt im Geschäft um Kapazitäten, Deckungskapital und Preisbildung der Versicherungsprämien eine besondere Rolle zu. Sie agieren als Bindeglied zwischen ihren Kunden, den Assekuranz-Gesellschaften des Erstversicherungsmarktes, und den Rückversicherern. Die Aufgabestellung bei Aon lautet: Akzeptabler Risikotransfer durch Rückversicherungen, womit Aon Benfield den Erstversicherungs-Gesellschaften hilft, das hausinterne versicherungstechnische Risiko aufzuteilen, die eigene Zeichnungskapazität zu erweitern sowie Kapitalstärke und Rating zu verbessern.

Ganzheitliche Konzeption und Platzierung von Rückversicherungs-Portfolios
Thofern macht deutlich, dass der Service der Aon-Spezialisten die ganzheitliche Konzeption und Platzierung von Rückversicherungs-Portfolios inklusive des Schutzes einer Bilanz umfasse. „Am Anfang steht immer eine grundlegende Analyse der technischen und wirtschaftlichen Risiken unserer Kunden. (...) Unsere Beratungskompetenz umfasst alle Aspekte der traditionellen und nicht-traditionellen Versicherungs- und Rückversicherungs-Produkte einschließlich des Zugangs zu den Kapitalmärkten." Da ist jeder einzelne Spezialist gefragt, der aber nur durch die Zusammenarbeit und das Know-how anderer Unternehmens-Segmente der Aon Gruppe die Qualität biete, für die Aon weltweit steht.

600 Mitarbeitern in drei Unternehmens-Segmenten
Wie das in der Praxis funktioniert, wird in Hamburg, dem Sitz der Aon Deutschland Gesellschaften, deutlich. Hier sind drei Experten-Teams mit insgesamt rund 600 Mitarbeitern in drei Unternehmens-Segmenten tätig: Neben dem „Aon Benfield - Rückversicherungsmakler" sind hier auch Mitarbeiter des „Aon Risk Solutions - Technischer Versicherungsmakler" und „Aon Hewitt - Berater in Sachen Personal" ansässig. Darüber hinaus ist Aon mit mehr als 61.000 Mitarbeitern an 600 Standorten in mehr als 120 Ländern weltweit vertreten.

Was die Gespräche mit den Rückversicherern angeht, die in den kommenden Wochen in Baden-Baden in konkrete Preisverhandlungen münden sollen, sieht sich Thofern gut aufgestellt. Nach Aon-Benfield-Schätzungen ist genügend Kapazität vorhanden. Was die Reserven der Assekuranzen im ersten Halbjahr 2012 betrifft, sei sogar ein neuer Rekord zu nennen, denn die Reserven der Branche seien um 25 Milliarden auf 480 Milliarden US-Dollar (knapp 370 Milliarden Euro) geklettert.

Klare Linie nicht erkennbar
Eine klare Linie zeichne sich für den Trend der Prämienhöhen bei den Erneuerungsgesprächen nicht ab. In Monte Carlo im September, wo in früheren Jahren ziemlich bald deutlich wurde, wie es die Rückversicherer mit den Preisen halten, zeigte sich dieses Jahr wenig Konkretes. Man sprach darüber, dass die Erstversicherer aus Kostengründen jetzt eher ihre Selbstbehalte höher ansetzen, so dass sie bei gleichbleibenden Prämiensummen geringere Leistungen bei den Rückversicherern zeichnen.

Immer weniger direkte Geschäftsbeziehungen
In Deutschland würden direkte Geschäftsbeziehungen - zwischen Rück- und Erstversicherern ohne Rückversicherungsmakler - zunehmend in Frage gestellt, weil einige Rückversicherer verstärkt auf profitables Geschäfts setzen und ihre Leistung nicht um jeden Preis - auch bei langjährigen Kunden -durchsetzen können. Hiermit spricht Thofern vor allem die Geschäftsbeziehungen der großen Unternehmen an. Er sieht jetzt vor allem bei kleinen und mittelständischen Versicherern einen steigenden Bedarf für guten und bezahlbaren Rückversicherungsschutz. Der richtige Ansatz für Aon Benfield und diese Zielgruppe.

Die Kfz-Versicherungssparte spielt außerdem in Deutschland eine Sonderrolle. Hier würden die Marktteilnehmer nur zu gern einen Trend zu höheren Versicherungsprämien einläuten, zumal die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) der meisten Autoversicherer über 100 Prozent liegt und sie damit kaum Geld verdienen können. „Aber die Versicherer agieren sehr uneinheitlich", sagt Jan-Oliver Thofern. Es gebe eben doch immer wieder Anbieter, die über niedrigere Prämien höhere Marktanteile erzielen wollen. „So werden die Ausschläge allgemeiner Markttrends deutlich abgeschwächt", so der Deutschland-Chef von Aon Benfield.

Markführer für das Kfz-Geschäft
Ähnliches war auch beim Rückversicherer E+S (www.es-rueck.de) in Hannover zu hören. Die Hannover-Rück-Tochter E+S gilt im deutsprachigen Raum als unangefochtener Markführer für das Kfz-Geschäft und gehört wie andere große und kleine Rückversicherer zu den Partnern, bei denen Aon Benfield Deckungs-Kapazitäten für seine Kunden vermittelt.

Gesprächsstoff geht nicht aus
Mehr als der Preiskampf der Versicherer machen die Einführung von Solvency II mit veränderten Kapitalanforderungen an die Versicherungsunternehmen sowie die angeschobene Neustrukturierung der Finanz-Aufsicht der Assekuranz hierzulande zu schaffen. Neue Richtlinien, die von der EU-Kommission in Brüssel zuhauf eingestielt werden, binden große Kapazitäten an Arbeitskraft in den Versicherungsunternehmen. Jan-Oliver Thofern glaubt nicht, dass beispielsweise die neuen Kapitalregeln durch Solvency II in absehbarer Zeit in Kraft treten. Selbst die Fachwelt prognostiziert, dass Solvency II auf das Jahr 2014 verschoben werde. Das sei zu kurz gegriffen, sagt Thofern. Seiner Meinung nach werden die neuen Eigenkapitalanforderungen erst mit dem Ende der Schuldenkrise realisierbar sein. So bleibt den Assekuranzen und Maklern auch nach dem Rückversicherungs-Meeting immer noch genügend Gesprächsstoff. (eb / www.bocquel-news.de)

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