5. Februar 2025 - Das Risiko für Versicherer in vielen Facetten treibt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um. Beim Neujahrsempfang der Versicherer am Mittwoch in Frankfurt kamen die Risiken auf den Tisch. Das reichte vom Fachkräftemangel über Kreditrisiken bis zu den Ausfallrisiken. Einer der Gründe: die geopolitische Unsicherheit der Wirtschaft.
Julia Wiens, Exekutivdirektorin für den Bereich Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der BaFin (www.bafin.de), betonte während des Neujahrsempfangs, dass „das Risiko mit den Krediten derzeit teilweise oder vollständig ausfalle – Tendenz steigend“. Versicherer und Banken müssten sich den steigenden Ausfallrisiken stellen und sie mit Bedacht managen.
Die geopolitische Unsicherheit der Wirtschaft verursache eine der Problematiken. Laut Julia Wiens ist die Quote notleidender Kredite bei deutschen Kreditinstituten bereits seit dem dritten Quartal 2023 stark ansteige. Die Aufsichtsbehörde erwartet demnach, dass vor allem die problematischeren Kredite weiter steigen. Schuld sei unter anderen die schwache Konjunktur.
Und das zeige sich gleich in mehreren Bereichen, so Julia Wiens. Zum einen würde die steigende Zahl an Insolvenzen zu niedrigeren Prämieneinnahmen bei den Versicherungen führen. Zum anderen würden Versicherer Kredite an Unternehmen vergeben, die „zu einem nicht unerheblichen Anteil“ in alternative Kapitalanlagen investieren. Als Beispiel nannte die Exekutivdirektorin „Private Debt“. Investoren von Private Debt stellen demnach „Fremdkapital außerhalb des Kapitalmarkts“ bereit.
Branchenübergreifend habe diese illiquide Anlageform in den vergangenen Jahren an Popularität gewonnen. Allerdings machten Private-Debt-Investments deutscher Versicherer nach BaFin-Angaben Ende 2023 nur 4,7 Prozent der gesamten Kapitalanlagen aus, doch gebe es erhebliche Unterschiede bei den Unternehmen. Laut Julia Wiens machen dies „in der Spitze der Anteil bei rund 30 Prozent“ aus.
BaFin-Präsident Mark Branson stehen die deutschen Versicherer nach der Null- und Negativzinsphase wieder gestärkt da und sind im privaten Kreditgeschäft aktiv, zumal weil andere Anlagen wie Anleihen damals kaum Rendite abwarfen. „Das hat Versicherer in diese Richtung geschubst“, hatte Branson schon in der vergangenen Woche gesagt.
Risiko Kreditvergabe
„Deutsche Versicherer sehen im privaten Kreditgeschäft mit Unternehmen noch weitere Potenziale“, hieß es vergangenes Jahr in einer Umfrage des Bundesverbands Alternative Investments. Damals wollten rund 57 Prozent der Befragten mehr Geld in Private Debt stecken. Einige Versicherer würden außerdem planen, neu in das Geschäft einzusteigen.
Die BaFin habe die Sorge, dass deutsche Versicherer und auch Versorgungswerke mit den Risiken aus dem Kreditgeschäft „nicht angemessen umgehen“. Das Problem: Kommt es zu Kreditausfällen, gehen diese bei Lebensversicherungen zulasten der Kunden. Dagegen werde bei den Banken der eigene Gewinn gedrückt, so Mark Branson.
Auch Julia Wiens ist sich sicher: Wer in Private Debt investiert – egal ob direkt oder über Fonds –, sollte verstehen, welchen Unternehmen damit Fremdkapital zur Verfügung gestellt wird beziehungsweise welches Geschäftsmodell dahinterstehe. Deshalb werde die BaFin den Versicherern in diesem Jahr häufiger Fragen zu diesem Risikobereich stellen. So werde die Versicherungsaufsicht die Fokus darauf legen, wie Assekuranzen ihre Limit-Systeme ausgestalten und ob ihre Überwachungssysteme auch entsprechend funktionieren. Wichtig sei für die BaFin auch, wie Versicherer ihre strategische Vermögensverteilung herleiten. So werde auch geprüft, ob die Versicherer ausreichend Fachkräfte mit entsprechendem Know-how beschäftige.
Risiko Cyberangriffe
Aber Kreditausfälle seien nur einer der Risiko-Knackpunkte, Juia Wiens kam so auch auf steigende Risiken durch den technologischen Wandel zu sprechen. Sie nannte in diesem Zusammenhang auch Cyberangriffe. Versicherer und Banken – das habe die Vergangenheit gezeigt, dass dieser Sektor ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle sei, die beispielsweise auch aus politischen Gründen Schaden anrichten wollen,
Risiko KI Künstliche Intelligenz
Bekanntlich steigen Bedrohungen durch neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, die auch Cyberkriminellen inzwischen beherrschen, um hocheffiziente Angriffsmethoden und Schadcodes zu entwickeln. Deshalb müsse man ab sofort schlagkräftige Schutzmechanismen entwickeln und vor allem auch Daten langfristig sichern.
Risiko IT-Auslagerung
Julia Wiens sieht auch die IT-Auslagerungen der Versicherer kritisch. Die sich bei bestimmten externen Dienstleistern konzentrieren. Es bestehe die Gefahr, dass sich Versicherer von bestimmten Anbietern abhängig machen würden. Der Exekutivdirektorin sei es wichtig, dass die Versicherer wieder dauerhaft in ihre eigenen Systeme und IT-Sicherheit investieren.
Schließlich wollten die anwesenden Journalisten bei Neujahrsempfang auch wissen, was es Neues zum Insolvenzverfahrens des InsurTechs Elements gebe. Julia Wiens verwies auf die Verschwiegenheitspflichten ihrer Behörde. Und: Bei InsurTechs gelten für die BaFin dieselben Kriterien, wie sie sie bei allen Versicherern anlege. Wiens: „Wir verhalten uns wettbewerbsneutral. Wir machen keine lasche InsurTech-Regulierung, aber wir beschützen auch nicht die Versicherer vor den InsurTechs.“
Ganz klar stünden Start-ups stünden unter großem Druck, zumal sie mit extrem hohen Investitionskosten zu kämpfen hätten. So schreiben Start-ups meist über Jahre rote Zahlen, Außerdem besteht für sie die große Unsicherheit zu den folgenden Finanzierungsrunden. „Wir betrachten auch ihre Businesspläne nicht einfach ‚mit geschlossenen Augen“, machte Julia Wiens deutlich. Deshalb sei es unerlässlich, dass Start-ups von Anfang an über ausreichend Kapital verfügen, damit sie sich nicht nur von Finanzierungsrunden abhängig machen würden. (-el / www.bocquel-news.de)
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