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BU-Versicherung: Risikoprüfung neu gedacht

25. November 2022 - Eigene psychische Erkrankungen waren bisher ein Chancen-Killer, wenn man eine Berufs- oder Dienstunfähigkeitsversicherung abschließen wollte. Jetzt beabsichtigt die Bayerische offensichtlich eine veränderte Form der Risiko-Prüfung „anzudenken“. Noch Utopie - doch der richtige Schritt in die richtige Richtung.

Jährlich werden hierzulande nahezu 18 Millionen Bürger von einer psychischen Erkrankung getroffen. Immer öfter sind darunter auch jüngere Menschen. Gleichzeitig sind psychische Erkrankungen auch kein Tabu mehr. Die Akzeptanz steigt. Noch vor Jahrzehnten verheimlichte man eine Psychotherapie, der man sich unterzog. Mittlerweile wird man nicht mehr wegen einer entsprechenden Behandlung stigmatisiert.

Doch bei einer Risikoprüfung, die Versicherer beispielsweise für den Abschluss einer Berufs- oder Dienstunfähigkeitsversicherung verlangen, sieht es anders aus. Fast aussichtslos ist es beispielsweise, wenn ein gesetzlich Versicherter in die private Krankenversicherung wechseln möchte. Eine Psychotherapie stufen Versicherer als hohes Risiko ein, so werden viele Interessente einfach abgelehnt.

Nicht besser sieht es beim Thema Arbeitskraftabsicherung aus. Wer eine Berufsunfähigkeits-Versicherung (BU) abschließen möchte, obwohl er eine psychotherapeutische Behandlung erhalten hatte, ist fast chancenlos.

„Bei vielen BU-Versicherern führt eine angegebene F-Diagnose häufig zu einer Ablehnung oder einem Leistungsausschluss – selbst, wenn diese nur zum Zwecke einer kurzzeitigen Krankschreibung oder Bewilligung einer Mutter-Kind-Kur getroffen wurde“, erklärt Versicherungsmakler Gerd Kemnitz, der online das bu-portal24.de verantwortet, im Gespräch mit dem Branchendienst procontra.

Martin Gräfer, Vorstand der Bayerischen, sieht die Haken und Ösen für das Zustandekommen eines BU-Vertrages ebenfalls kritisch. „Es kommt vor, dass Menschen, die in Therapie waren oder sind, diese wichtige Versicherung gar nicht mehr bekommen, denn sie werden häufig bei der Risikoprüfung der Versicherer aussortiert, fallen durch das Raster der Wunschprofile“, kritisierte in einem Beitrag auf Linkedin. Laut Martin Gräfer plant die Bayerische, den Prozess zur Antragsprüfung umzustellen, um „im besten Fall den Zugang zu dieser existenziellen Vorsorge anbieten können“.

Bei der Bayerischen fallen eigenen Angaben zufolge jährlich durchschnittlich zwischen 30 und 40 Prozent Leistungsfälle aufgrund psychische Erkrankungen an. „Aktuell erleben wir sehr oft, dass sowohl auf Seiten der Interessenten als auch der Vermittlerinnen und Vermittler eine Scheu vor der Voranfrage besteht, wenn in der Vergangenheit eine Therapie gemacht wurde“, erklärt das Unternehmen auf procontra-Nachfrage. Nicht immer sei eine Psychotherapie negativ für ein pauschales Abschlusskriterium.

Allerdings stellen Makler die Voranfragen stets anonymisiert, auch um im Falle einer Ablehnung bei weiteren Versicherern nachzufragen. Sobald jedoch ein richtiger Antrag gestellt wird, in dem der Name des Kunden genannt wird, muss eine Ablehnung auch beim nächsten Versicherer angegeben werden – mit entsprechend schlechteren Erfolgsaussichten auf den Abschluss einer Police.

Die Bayerische plant nun, in Zukunft die individuelle Situation des Antragstellers unter Mitwirkung einer psychologischen Fachkraft differenzierter betrachten: „Alle Personen, die in die Prüfung und Kommunikation der individuellen Fälle eingebunden sind, müssen sich noch intensiver als bisher mit der Materie auseinandersetzen“, heißt es von Unternehmensseite.

Das heißt aber nicht, dass alle Risikoprüfer auch zur psychologischen Fachkraft ausgebildet werden müssten. Man könnte sie jedoch künftig mit dem Fokus auf seelische Krankheitsbilder coachen. Sicher könnten sie die Beschwerden und Vorerkrankungen eines BU-Antragsstellers – und die damit verbundenen - Risiken besser einschätzen.

Begrüßenswert ist es allemal, wenn Versicherer veränderte Wege wagen, um Berufstätigen den Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Versicherung zu ermöglichen, sagt Versicherungsmakler Kemnitz. „Die Bayerische will aber das ausdrücklich nur Neukundinnen und Neukunden anbieten, ein Gespräch mit einem Therapeuten zu führen. Wenn der Interessent wirklich erst Kunde werden muss, also einen verbindlichen Antrag stellen und dabei der Nutzung des Hinweis- und Informationssystems zustimmen muss, dürfte diese Vorgehensweise – zumindest in der Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern – nicht klappen.“ Deswegen sieht Kemnitz die Durchsetzung des angedachten Coachings für Risikoprüfer in der Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern problematisch. (-el / www.bocquel-news.de)

 

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