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Namen und Nachrichten

Auf digitalem Weg den Kunden ins Zentrum stellen

26. November 2015 - Eine Branche, die auch attraktiv für die Digital Natives ist“, wünscht GDV-Präsident Alexander Erdland. Beim Versiche-rungstag 2015 sprach er von den Chancen durch die Digitalisierung – auch für die Vermittler: „Persönliches Verantwortungs-bewusstsein und Empathie kann der Computer nicht ersetzen.“

Ideenflieger nennt Google-Manager Frederik Pferdt die Papierfliger, die gestern das Plenum beim Versicherungstag 2015 in Berlin in die Lüfte des Veransaltungssaales steigen ließen. Eifrig dabei auch der Vorsitzende der GDV-Haupt-geschäftsführung, Jörg von Fürstenwerth (erste Reihe zweiter von rechts), während die IBM-Chefin von Deutschland, Martina Koederitz (Vordergrund links), noch eine Schneise für ihren Ideenflieger sucht. (Foto: GDV / Christian Lübke

Eine Branche macht mobil: Die Versicherer forcieren die Digitalisierung in ihren Unternehmen, doch noch triften zu viele Maßnahmen – wenn nicht auseinander so doch meist nebeneinander und zu wenig miteinander. Gestern, Mittwoch, in Berlin sollte der Versicherungstag 2015 die Branche ein Stück weit auf Linie trimmen. Das jedenfalls hatte ein Großteil der Teilnehmer erwartet. Anmerkung der Redaktion: Würde ich als Chronist gefragt, bliebe es bei einem kurzen Statement: Kaum Neues, viele Allgemeinplätze und irgendwie auch ein bisschen Kindergeburtstag. Der Bericht des Veranstalters, GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (www.gdv.de), folgt hier ohne (meinen) Kommentar.

GDV-Präsident Alexander Erdland (Foto) verdeutlichte in einem ersten Statement, dass die digitale Transformation das Geschäftsmodell der Versicherer verändere. Gleichzeitig hätten die Assekuranzen es mit aufgeklärteren, anspruchsvolleren Kunden zu tun. Deshalb müssten sie noch stärker in den Mittelpunkt rücken. Der GDV-Präsident forderte die Versicherer auf, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. „Wir versichern heute durch die Digitalisierung Risiken, die erst durch die Digitalisierung erst entstanden sind“, sagte Erdland mit Blick auf Cyber-Versicherungen und Telematik-Tarife. - Die Branche sollte sich seiner Meinung nach in Sachen Dienstleistungen und Produkte noch stärker an den Bedürfnissen der Verbraucher auszurichten. „Wir müssen noch viel radikaler als früher vom Kunden her denken“, mahnte Erdland. Sie seien selbstbewusster, informierter und anspruchsvoller geworden.

Der GDV-Präsident sieht die Branche in vielerlei Hinsicht gefordert. Schließlich brach Erdland auch eine Lanze für „den Versicherungsvermittler“. Er hält ihn und das persönliche Gespräch mit dem Kunden auch in Zukunft für unverzichtbar: „Persönliches Verantwortungsbewusstsein und Empathie kann der Computer nicht ersetzen.“ Man erlebe ein neues Miteinander mit der Politik, den Vertrieben und den Kunden.

Alexander Erdland sprach auch den Datenschutz an: „Macht der Datenschutz in der digitalen Welt noch Sinn?“ fragte er. Auf jeden Fall würden sich auch der Verbraucherschutz und die Verbraucherschutzorganisationen, die selbst ernannten Verbraucherdatenschützer, einem Wandel unterziehen. Datenschutz ohne Versicherer sei nicht vorstellbar. „Hier stehen wir zum Dialog zur Verfügung.“

Um die Chancen der Digitalisierung nutzen zu können, hält der GDV-Präsident auch einen Wandel in der Unternehmenskultur für nötig: „Wir brauchen mehr Eigeninitiative, Kreativität und Teamarbeit.“ Dabei gehe es nicht nur um mehr Innovationen, sondern auch darum, neue Mitarbeiter zu finden. „Wir müssen eine Branche sein, die attraktiv ist für die Digital Natives.“

Günther Oettinger (Foto), EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft, zählte zu den angekündigten, hochkarätigen Gästen und Rednern. Seiner Meinung nach müssten die Versicherer die Herausforderungen der digitalen Revolution annehmen und sich nicht nur mit den Folgen der Niedrigzinsphase befassen. „In den nächsten fünf Jahren wird mehr passieren als in den vergangenen fünf Jahrzehnten“, prophezeite er. Wer sich nicht darauf vorbereite, sehe schweren Zeiten entgegen. Als mahnendes Beispiel nannte er die Medienbranche, die von der Digitalisierung überrollt worden sei. „Wir reden heute immer von Industrie 4.0. Doch es geht um Wirtschaft 4.0 und dazu gehören eben auch die Versicherer“, sagte Oettinger.

Oettinger: „Lassen Sie niemanden zwischen sich und den Kunden.“
Die Branche müsse deshalb neue Lösungen anbieten, wie es beispielsweise bereits in einer vernetzten Industrie, beim sogenannten Smart Home oder beim autonome Fahren schon Wege zur Realität gebe. Auch Oettinger richtete an die Versicherer den eindringlichen Rat, den Direktkontakt zu den Kunden nicht zu verlieren. „Lassen sie niemanden zwischen sich und den Kunden.“ Die Digitalisierung werfe jedoch auch neue Fragen auf, die erst noch gelöst werden müssten. Das gelte etwa für die Frage nach der Datenhoheit. Oettinger rief die Branche auf, sich an der Diskussion über ein neues Datennutzungsrecht zu beteiligen.

Kreativität und Innovationskultur für eine digitale Gesellschaft der Zukunft
Frederik G. Pferdt hatte anschließend seinen Auftritt. Als einer der Kreativ-Köpfe des Google-Managements kam er aus den USA und ermunterte die Versicherer getreu seines Mottos, eine Kultur zu schaffen, die mehr Innovationen zulasse. „Kreativität lässt sich nicht verordnen. Dafür braucht es Offenheit und Optimismus.“

Freude kam auf, als der Google-Manager die Zuhörer – hauptsächlich Vorstände und Leitende der Versicherungsgesellschaften hierzulande sowie Experten branchennaher Wissenschaften – aufforderte, im Hier und Jetzt eigenhändig Papierflieger zu falten, sie mit einem Wunsch zu beschriften und in der Menge fliegen zu lassen. Als seine so bezeichneten Ideenflieger auf kurzen Flugbahnen über den Zuhörer wider zum Fußboden schwebten, meldeten sich auf Twitter einige Tagungsteilnehmer. (Anmerkung der Redaktion: Schließlich ging es um eine Veranstaltung, in der auch Social Media als digitales Medium eingebunden war).

Frederik G. Pferdt forderte seine Zuhörer auf, die Frage „Was wäre – wenn …“ in unterschiedlicher Betonung mit bisher irrealen Wünschen zu verknüpfen. Pferdt: „Aus den wildesten Ideen können die größten Erfolge werden.“ Max Schrems, Autor und Datenschutzexperte, der später auch an der Podiumsdiskussion teilnahm, twitterte unterdessen das nebenstehende Foto (Abbildung am oberen Rand mit Frederik G. Pferdt). Dazu muss man wissen, dass Schrems eben jener junge Student aus Österreich ist, der gegen das soziale Netzwerk Facebook und dessen Umgang mit Daten seiner mehr als eine Milliarde aktiver Nutzer geklagt hatte. Jetzt im Oktober entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Nutzerdaten auf Servern in den USA nicht ausreichend sicher sind. Deshalb darf Facebook künftig keine User-Daten mehr von seiner Zentrale in Dublin in die USA übermitteln.

Als die Ideenflieger schließlich zu Boden gegangen waren, sagte Pferdt: „Sie haben hier einen Beitrag und eine kleine Vision für den aktiven Optimismus geschaffen!“ An die Adresse der Führungskräfte sagte er: „Bleiben Sie achtsam und lernbereit.“ Optimismus bleibe der Wegbereiter für Innovationen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion beteiligten sich Staatssekretär Gerd Billen (Foto rechts im Bild) aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz sowie die Vorsitzende der Geschäftsführung der IBM Deutschland GmbH, Martina Koederitz, und LVM-Vorstandsmitglied Werner Schmidt (Foto links im Bild), der auch Vorsitzender des GDV-Ausschusses Betriebswirtschaft und Informationstechnologie, ist. In der Diskussion ging es schwerpunktmäßig um Datenschutz und Digitalisierung. LVM-Vorstand Schmidt merkte treffend an, dass die Versicherer von je her Daten sammeln – selbstredend auch die ihrer Kunden. Der Unterschied zu anderen – wie etwa Facebook & Co.: Die Versicherer sammeln und nutzen die Daten der Kunden „nur für unser eigenes internes Geschäftsmodell“. Auf keinen Fall würde man die Daten verkaufen. Gern Billen resümierte: „Wir brauchen Leitplanken.“ Es gehe nicht um die Frage „Datenschutz ja oder nein, sondern welche Deals werden fair gestaltet“. (-el / Fotos: GDV + E. Bocquel / www.bocquel-news.de)

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