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Konzepte und Kriterien

Auf die Zinskurve kommt es an

18. März 2013 - Solvency II kommt später - zum Glück für die Versicherer. Denn mit der Zinskurve in der ursprünglich beabsichtigten Form wären viele Lebensversicherer schon in Nöten. Der Zeitaufschub sollte für eine Verbesserung der Risikosteuerung genutzt werden.

Michael Klüttgens Diese Meinung vertritt Michael Klüttgens (Foto), Direktor im Bereich Risk Consulting und Software bei der Unternehmensberatung Towers Watson (www.towerswatson.com). Zwar komme Solvency II nun vermutlich erst 2017 zum Einsatz, aber dennoch: Ungelöst bleibe vor allem die Frage nach der anzusetzenden Zinskurve, welche den mit Abstand wichtigsten Parameter in der Risikobewertung darstellt. Dieses technisches Detail könne ungeahnte Auswirkungen auf die Risikoeinschätzung der Versicherer haben. Je niedriger die Zinskurve, desto höher die bilanziellen Belastungen.

Hätte man die ursprünglich vorgesehene Wahl der Zinskurve gesetzlich verankert, wären die Aufwendungen für die Versicherer heute unangemessen hoch, ist Klüttgens überzeugt. Vor allem würde sich die Volatilität am Kapitalmarkt zu stark auf die Bilanzpositionen übertragen, was signifikante Probleme aufgeworfen hätte. Denn insbesondere die deutschen Lebensversicherer seien - aufgrund der hierzulande üblichen langfristigen Zinsgarantien - vom stark gesunkenen Zinsniveau betroffen.

Nun sollen mit einer derzeit laufenden Studie, dem Long-Term-Guarantee-Assessment, diverse Erleichterungen im Hinblick auf die anzusetzende Zinskurve getestet werden. Dies sei grundsätzlich zu begrüßen und es ist durchaus sinnvoll, dass Versicherer künftig alle angebotenen Maßnahmen auch in ihrer Berichterstattung gegenüber der Aufsicht einsetzen. Vorsicht sei aber beim internen Einsatz geboten.

Risiken bei der Anpassung der Zinskurve
Klüttgens rät: Die Versicherer sollten vorsichtig planen, in welchem Umfang sie die zur Diskussion stehenden Anpassungen der Zinskurve auch für ihre interne Steuerung einsetzen. Sinnvoll erscheine etwa eine Adjustierung basierend auf dem Verhältnis von illiquiden festverzinslichen Wertpapieren und vorhersagbaren Auszahlungen. Dieses so genannte Matching Adjustment eliminiert eine künstliche - größtenteils liquiditätsgetriebene - Volatilität in der Solvency II-Bilanz. Es eigne sich zudem bestens zur Steuerung des Geschäfts im Rahmen des Asset-Liability-Managements. Ebenso zu begrüßen sei eine Extrapolation der Zinskurve am langen Ende, wenn mangels Liquidität keine adäquaten Marktpreise vorhanden sind.

„Die Anpassungen der Zinskurve können auch zu Fehleinschätzungen führen!", warnt Klüttges weiter. Problematisch seien die Vorschläge, die eine mehr oder weniger willkürliche Erhöhung der Zinskurve von z. B. zwei Prozent und mehr vorsehen. Und ebenso schwierig seien Übergangsregelungen, die mit den Diskontsätzen aus HGB starten. Es liege auf der Hand, dass solche Anpassungen zu gravierenden Fehleinschätzungen der ökonomischen Wirklichkeit führen können. Denn die Folge wären langfristig nachteilige Entscheidungen beim Pricing, bei der Kapitalanlage oder Investitionen. Solche Anpassungen suggerierten, dass Gesellschaften weiterhin langfristiges Geschäft mit hohen Garantien profitabel vertreiben können - obwohl in der Realität längst Modifikationen des Geschäftsmodells notwendig wären. (hp / www.bocquel-news.de)

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