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Konzepte und Kriterien

Altersvorsorge ist nicht nur aufs Geld beschränkt

3. November 2014 - Die Angehörigen der Altersgruppe 55plus verbinden die Altersvorsorge nicht allein mit Geld und Vermögen, sondern auch mit Handlungsfreiheit, Mobilität, Dienstleistungen und Gesundheitsfürsorge. Daraus ergeben sich Chancen für die Versicherungsbranche.

Cover DIA-Studie Das Deutsche Institut für Altersvorsorge DIA (www.dia-vorsorge.de) hat eine Studie zum Thema „Psychologie der Altersvorsorge: Entscheidungsfindung in der Entsparphase" erstellt. Das wichtigste Ergebnis lautet: Vermögen im Alter wird in einem doppelten Sinne verstanden. Es geht nicht allein um den finanziellen Wert der Anlagen in Sparguthaben, Festgeldern, Versicherungen, Immobilien oder Wertpapieren, sondern viel stärker noch sieht die Altersgruppe 55+ darin vor allem Handlungsvermögen für die unterschiedlichsten altersbedingten Situationen. Altersvorsorge ist also mehr als nur verfügbares Geld, das als Kapitalabfindung oder Leibrente gezahlt wird.

Dienstleistungen sind gefragt
„Langfristige Strategien zur Altersvorsorge werden sich künftig viel stärker auf finanzierte Dienstleistungen ausrichten müssen", lautet die Schlussfolgerung des DIA. Der Konto- oder Depotauszug oder die jährliche Mitteilung der Lebensversicherung an sich vermittele den Inhabern dieser finanziellen Werte zwar ein Gefühl von Sicherheit, letztendlich würden aber Dienstleistungen im Bereich der Mobilität, der Gesundheitsfürsorge, der Kommunikation und der Versorgung benötigt. Die „Best Ager" ließen einen Großteil ihres Vermögens weitgehend unangetastet, um auf Fälle wie Immobilität, Inanspruchnahme von Hilfe Dritter und zusätzlicher Gesundheitsdienstleistungen, die nicht vom Katalog der bestehenden Krankenversicherung abgedeckt werden, vorbereitet zu sein. Es böte sich damit gerade für Versicherungsunternehmen eine Möglichkeit, ihr Leistungsspektrum deutlich zu erweitern und bei der Produktentwicklung einen extensiven Altersvorsorgebegriff zu unterlegen. Das schaffe gerade in Zeiten des Niedrigzinses, wo die Wettbewerbsfähigkeit allein unter bloßen Renditeaspekten immer schwieriger wird, die Chance einer strategischen Neuausrichtung zum Beispiel im Verbund mit Kooperationspartnern.

Geldvermögen in „Stand-by-Modus"
Erhebliche Teile des Altersvorsorgevermögens würden, zumeist sehr niedrig verzinst, von der Altersgruppe 55+ vorgehalten, damit sie zum Beispiel bei Pflegebedürftigkeit zur Verfügung stehen. Sie werden also nicht für den Lebensunterhalt in jener Phase eingesetzt, in der die neu gewonnene Freizeit nach Beendigung der Erwerbsphase in zusätzliche Lebensqualität umgemünzt werden kann, sondern in einer Art „Stand-by-Modus" angelegt, der wenig Spielraum bei der Wahl der Anlageformen lässt. Das ursprüngliche Ziel, Altersvorsorgevermögen zur Gestaltung des Lebens nach der Erwerbsphase einzusetzen, werde damit nicht oder nur zu geringen Teilen erreicht. Eine stärkere Einbeziehung von reinen Risikoabsicherungen, vor allem für den Pflegefall, würde einen anderen Einsatz des Vermögens gestatten. So wären auch höherverzinste Anlageformen möglich, weil an die Stelle der jederzeit nötigen Absicherung für den Risikofall eine zeitlich geplante Verwendung tritt. Die Pflegeversicherung sollte daher viel stärker als Vermögensschutz eingesetzt werden. Eine solche Wahrnehmung sei bislang kaum anzutreffen. Pflegeversicherungen sollten viel stärker an einem erweiterten Altersvorsorgebegriff ausgerichtet werden, empfiehlt das DIA.

Immobilienvermögen für die Vorsorge
Auch die Rolle der selbst genutzten Immobilie gelte es zu überdenken. Bislang wirke sie sich lediglich über die ersparte Miete aus. Gleichzeitig sei aber ein erheblicher Teil des Vermögens, bei vielen Eigentümern sogar der größte, in der illiquiden Form gefangen. Wenn keine Absicht zur Vererbung der Immobilie besteht, was durch die zunehmende Singularisierung unserer Gesellschaft in Zukunft häufiger der Fall sein werde, sei eine unmittelbare Nutzung zur Finanzierung des Lebensunterhalts ratsam. Die Umkehrhypothek, mittels derer Immobilieneigentum verrentet werden kann, sei in Deutschland, im Unterschied zu anderen Ländern, jedoch weitgehend gescheitert. „Das sollte die Finanzwirtschaft aber nicht davon abhalten, nach Formen zu suchen, die unter deutschen Immobilieneigentümern Akzeptanz finden", rät das DIA. Offenkundig entsprächen die bisherige Ausgestaltung der Konditionen und die Präsentation in der Vergangenheit nicht den Erwartungen potenzieller Nutzer einer Umkehrhypothek, weil zum Beispiel zu hohe Sicherheitsabschläge oder Zinsfaktoren das Gefühl einer Benachteiligung suggerierten. Die demografische Entwicklung werde aber in Zukunft Lösungen verlangen, in denen auch vorhandene und selbstgenutzte Immobilien stärker in die Absicherung des Lebensunterhalts im Alter eingebunden werden.

Anmerkung: Gegenwärtig gibt es nur noch einen bundesweiten Anbieter von echten Umkehrhypotheken, die R+V-Versicherungen (www.ruv.de) mit der R+V Immobilienrente. Das Produkt wird auch von den Genossenschaftsbanken und der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG (www.schwaebisch-hall.de) vertrieben. Der Pionier der Umkehrhypothek in Deutschland, die Immokasse aus Grünwald bei München, hat den Vertrieb eingestellt. Andere Produkte, wie die Hausstifter-Rente der Caritas oder die Zustifterrente der Stiftung Liebenau, sind regional begrenzt. Bei Produkten von anderen Versicherern, wie beispielsweise von der Hannoverschen oder von Ergo, handelt es sich nicht um echte Umkehrhypotheken, sondern um Hypothekendarlehen für Senioren mit Wohneigentum.

Ergebnisse der Sparphase uneffektiv genutzt
Das bisherige Verhalten vieler Best Ager führe im Endeffekt zu einer ineffizienten Altersvorsorge. Es werde während der Ansparzeit in einem erheblichen Umfang Konsumverzicht geübt, im Alter dann aber das Ergebnis dieses Konsumverzichts nur unzureichend genutzt. Produkte mit einer „automatisierten" Auszahlung könnten diesem Verhalten entgegenwirken. Bei einer Verrentung treffe der Sparer schon früher eine Entscheidung über die Verwendung des angesammelten Vermögens. In der Befragung von Best Agern, die im Rahmen der DIA-Studie durchgeführt wurde, fand die sofort beginnende Leibrentenversicherung mit die größte Zustimmung unter den verschiedenen Produkten für die Altersvorsorge. Allerdings sollte es sich um flexible Rentenzahlungen handeln, die bei Bedarf auch an wechselnde Lebensverhältnisse angepasst werden können.

Ruhestandsplanung als Kern der Finanzberatung
„Die Finanzberatung der Gruppe 55+ sollte neu ausgerichtet werden", fordert das DIA. In den psychologischen Tiefeninterviews zur Studie wurde eine Finanzberatung gefordert, die weit über das einzelne Finanzprodukt hinausgeht. Gewünscht wurde eine „Lebensberatung" im Alter, die aufzeigt, wie man Vermögen altersgerecht einsetzen und seinen Alltag auch unter sich ändernden Bedingungen würdevoll meistern kann. Es werde also Begleitung und Hilfestellung bei der weiteren Vermögensverwaltung in einem sehr umfassenden Sinne gewünscht. In der Vergangenheit seien ältere Kunden gerade von Versicherern und Finanzberatern nur ungenügend berücksichtigt worden. Häufig gehe es in der Beratung nur um die Wiederanlage fälliger Gelder. Eine umfassende Ruhestandsplanung, in der die gesamte Struktur des Vermögens und Einkommens einbezogen wird, finde noch zu wenig statt. Der Planungshorizont berücksichtige nur unzureichend die Entwicklungen der Lebenserwartung, sie wird in vielen Fällen ebenso unterschätzt wie der Einfluss der Inflation. Entsparvorgänge spielten nur eine untergeordnete Rolle. „Daher ist es geboten, dass mit einer strukturierten Ruhestandsplanung auch der Altersgruppe 55+ eine Beratung geboten wird, die ihren besonderen Bedingungen entspricht!, empfiehlt das DIA. (hp / www.bocquel-news.de

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