logo
logo

Konzepte und Kriterien

Allgemeingültige Standards bisher nicht etabliert

17. Januar 2013 - Die Abgrenzung der zulässigen Beratung zum Bereich der unzulässigen Rechtsdienstleistung gehörte zum umfangreichen Diskussions- und Themenkatalog beim 1. Fach-Symposium für Versicherungsvertriebsjuristen des Arbeitskreis Beratungsprozesse in Berlin.

Beratungsprozesse
Arbeitskreis
Zum ersten Mal veranstaltete der Arbeitskreis Beratungsprozesse (www.beratungsprozesse.de) in Berlin einen Juristentag. Rund 50 Fachjuristen diskutierten aktuelle Themen rund um Beratung, Haftung, IMD2, Vermittlung von bAV Lösungen und Datenschutz. Versicherungsombudsmann Professor Dr. Günter Hirsch ging dabei mit Experten von Versicherern, Makler-Pools und Verbänden in die Diskussion.

Die neuesten Entwicklungen aus Brüssel rund um die Überarbeitung der Versicherungsvermittler-Richtlinie (IMD 2) und deren Auswirkungen nach Umsetzung in das deutsche Vermittlerrecht thematisierte Dr. Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand des VDVM Verband Deutscher Versicherungsmakler (www.vdvm.de). Rechtsanwalt Hans-Ludger Sandkühler, der schon den Vorabend der Tagung moderierte, hatte viel zu tun, denn es gab genügend Diskussionsansätze. So eröffnete bereits der Vortrag zahlreiche Themenfelder, zu denen sich die Teilnehmer in lockerer Runde austauschen konnten.

Dr. Jenssen brachte das vorabendliche Fazit auf den Punkt: Nicht nur Bildung tut in der Branche Not. „Die Vermittlung von Versicherungen ist eine Materie, die in Profihände gehört - der europäische und auch der deutsche Gesetzgeber sind insoweit auf dem richtigen Weg." Inwieweit hier bewährte Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden, sei aktuell noch offen - allein die denkbaren Optionen sorgten für erheblichen Gesprächsstoff.

Der Syndikus des VDVM, André Molter, stellte in einem anderen Vortrag die aktuelle Rechtsprechung zur Beratungsdokumentation dar. Er machte deutlich, dass auch fast fünf Jahre nach der VVG Reform die Rechtsprechung keine eindeutigen Kriterien für die Beratungsdokumentation aufgestellt habe. In diesem Bereich würde somit viel Raum für juristische Interpretation und Gestaltung bleiben.

Professor Dr. Günter HirschAktuelle Unsicherheit bei der Beratung und Lösungspfade
Versicherungsombudsmann Professor Dr. Günter Hirsch (Foto) führte aus, dass nicht erst die Beratungsdokumentation, sondern bereits die Beratung selbst im Gesetz mit einer Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen geregelt werde. Deshalb sei im Einzelfall nicht die von einem Gericht für optimal gehaltene, sondern die vom Versicherungsvermittler konkret vorgenommene Beratung zu akzeptieren, sofern sie innerhalb des zugebilligten Beurteilungsspielraums bleibe. Gerichte könnten nicht darauf abstellen, was der Vermittler (rückschauend) hätte wissen müssen.

Relevant werde, was dem Vermittler in der konkreten Situation mit Blick nach vorn ersichtlich gewesen sei. Diese Beurteilung müsse dabei nicht für jedes Produkt oder jede Beratungssituation einheitlich erfolgen, sondern könne sich an der aus der Medizin bekannten Stufenaufklärung orientieren: Je weitreichender die Folgen aus dem Abschluss eines bestimmten Produktes seien, umso tiefer und detaillierter müsse die Beratung erfolgen.

Dabei seien bislang keine allgemeingültigen Standards etabliert worden, bemängelten die Tagungs-Teilnehmer. In diesem Kontext begrüßte Prof. Hirsch die Initiative des „Arbeitskreises Beratungsprozesse" ganz ausdrücklich. Hier sei man auf dem richtigen Weg, Branchenstandards für die Beratung zu setzen. (Anmerkung der Redaktion: Der Arbeitskreis hat bereits häufiger Maßstab setzende Ergebnisse erarbeitet "Beratungslandkarte" mit konsensfähigen Prioritäten"„Jetzt ohne Risiko zur Risiko-Analyse im Betrieb".)

Risikomanagement auch für Versicherer
Rechtsanwalt Dr. Andre Kempf, Referatsleiter Maklerrecht und -vergütung bei der Allianz Lebensversicherungs-AG (www.allianz.de), beleuchtete in einem anderen Referat mögliche Haftungsrisiken in der Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern auf Basis der aktuellen Rechtsentwicklung und aus Sicht der Versicherer. Im Kontext von Vertriebs-Compliance mit Schwerpunkt auf der qualifizierten Beratung durch ungebundene Vermittler und ersten Entscheidungen lasse sich, so Kempf, erkennen, dass sich Versicherer im Vertrieb mit Maklern zwar grundsätzlich, nicht jedoch in jedem Fall „enthaften" könnten. Gerade die Auslagerung von Vertriebsaufgaben auf weitere Handelnde - beispielsweise Pools - berge dabei Risiken, die aus seiner Sicht (nur) dann beherrschbar sein würden, wenn sie erkannt und adäquat gemanagt würden.

Prof. Dr. Helmut Schirmer Rechtsfragen bei der Beratung in der betrieblichen Altersvorsorge
Rechtsanwalt Prof. Dr. Helmut Schirmer (Foto rechts) von der FU Berlin beschäftigte sich während des Fach-Symposiums für Versicherungsvertriebsjuristen mit Fragen der Beratung zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) durch Versicherungsmakler und weitere Vermittler. In der betrieblichen Altersvorsorge müssten bei Versicherungslösungen zahlreiche arbeits-, steuer- und bilanzrechtliche Regelungen berücksichtigt werden.

Dies berge für den Vermittler die Gefahr, die Grenzen der zulässigen Beratung zu überschreiten und in den Bereich der unzulässigen Rechtsdienstleistung zu geraten. Schirmer zeigte hier Grenzen und Lösungspfade auf - denn trotz klarer Regelungen komme es bei der Differenzierung auf den Einzelfall und dessen konkrete Gestaltung an. Eine generelle Unzulässigkeit der Beratung durch Versicherungsmakler im Bereich der BAV Vermittlung sei - anders als verschiedentlich behauptet - nach Einschätzung von Schirmer jedoch nicht anzunehmen.

„Datenschutz-Code of Conduct des GDV"
Die Veranstaltung in Berlin ließ Raum, den aktuellen Datenschutz-Code of Conduct des GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (www.gdv.de) im Hinblick auf den Datenverkehr zwischen Versicherern und (unterschiedlichen) Vermittlern zu diskutieren. Über die Beurteilung der Regelungen für Vermittler waren sich die Teilnehmer - wie bei der Anzahl der teilnehmenden Juristen nicht anders zu erwarten - nicht einig. Zwar sei mit dem „Datenschutz-Code of Conduct des GDV" ein Schritt in die richtige Richtung gemacht worden, doch würden Antworten auf wichtige Fragen fehlen. Insbesondere der Datenverkehr bei Einschaltung von Pools lasse sich nur durch eine analoge Anwendung der Vorgaben regeln. Der Umfang der Lösung stelle somit nur teilweise zufrieden - Raum für weitere Diskussionen, aber auch für kreative Lösungen, bestehe somit.

Fortsetzung gewünscht und geplant
Die Diskussionen und Reaktionen der Teilnehmer hätten gezeigt, dass sowohl die Veranstaltung selbst, als auch das gewählte Format, nicht nur einen bisher nicht gedeckten Bedarf ausfüllten, sondern auch zukünftig als Austauschplattform dienen sollten. Mit-Initiator Hans-Ludger Sandkühler kündigte daher in seinem Resümee den 2. Berliner Juristentag im Jahr 2013 dem Grunde nach an - über den konkreten Termin werde man frühzeitig informieren, heißt es beim Arbeitskreis Beratungsprozesse. (eb / www.bocquel-news.de)

zurück

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.