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Aktuare kritisieren den geplanten Provisionsdeckel

23. Mai 2019 - Ob die Deckelung der Vergütung in der Lebensversicherung gerecht ist, sei dahin gestellt. Aus aktuarieller Sicht ist das Lebensversicherungsreform-Gesetz ll (LVRG ll) „an mehreren Stellen noch nicht sauber durchdacht“, kritisierte DAV-Chef Dr. Guido Bader am Mittwoch auf der Jahres-Pressekonferenz des Verbandes.

Beim Pressegespräch mit den Spitzen der DAV Deutschen Aktuarvereinigung (www.aktuar.de) ging es unter anderem auch um die Revision von Solvency ll und den Reformstau in der Kranken- und Pflegeversicherung.

„Beim derzeitigen Gesetzesentwurf würden die laufende Vergütungen gegenüber einmaligen Provisionen unattraktiv, der Trend der letzten Jahre - hin zu mehr laufender Provision -würde sich wieder umkehren“, kritisierte Dr. Guido Bader, Vorstandsmitglied der Stuttgarter Versicherungen, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung am Mittwoch.

Bei Abschlussprovisionen, die aufgeschoben ausgezahlt werden, sehe der Gesetzgeber eine Abzinsung zu dem von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Marktzinssatz vor. Ändere sich dieser Diskontsatz, müssen künftig die Vermittlervereinbarungen angepasst werden – unter Umständen sogar jährlich. Darüber hinaus berücksichtigt der Referentenentwurf für den sogenannten Provisionsdeckel nicht die vorzeitigen Abgänge durch Tod oder Storno. Die DAV schlägt vor, das Risiko vorzeitiger Abgänge bei der Bewertung laufender Vergütung mit einer Risikoprämie zu berücksichtigen.

Geschäft gegen Einmalbeitrag wollen die Aktuare komplett von der Deckelung ausnehmen. Begründet wird dies zum einen mit der fehlenden Zillmerung, zum anderen damit, dass die Kostenbelastung hier für den Kunden nachvollziehbar sein müsse. Da mit der Einführung des Provisionsdeckels neue Tarifgenerationen erforderlich werden, plädiert die DAV für eine Umsetzung des LVRG ll nicht vor dem 1. Januar 2021. Beim Höchstrechnungszins wünschen sich die Aktuare eine Neufestsetzung jeweils zum 1. Januar eines Kalenderjahres und eine Vorlaufzeit für die Reservierung und Kalkulation von elf Monaten.

Neue Gefahren bei Solvency ll
Die 2018 erneut verbesserten SCR-Bedeckungsquoten könnten den Lebensversicherern beim Review von Solvency ll zum Nachteil gereichen „Wenn einzelne Parameter isoliert herausgegriffen werden, nur um vielleicht Quoten zu drücken, geht das zu Lasten der Versicherungsnehmer“, sagte Dr. Herbert Schneidemann, Chef der Bayerischen Versicherungsgruppe (www.diebayerische.de) und DAV-Vorstand. Die Übergangsmaßnahmen seien integraler Bestandteil von Solvency ll und „keine Hilfen für Unternehmen“.

Verschärften sich beispielsweise die Bedingungen für den Übergang auf das neue Aufsichtsregime, sei zu fürchten, dass die Lebensversicherer, um ihre SCR-Bedeckungsquote zu halten, Risiko aus der Kapitalanlage nähmen und noch stärker in Staatspapiere investierten. „Der Kunde zahlt dann die Zeche mit einer geringeren Verzinsung“, so Schneidemann.

Die Aktuare sprechen sich dafür aus, dass Änderungen an der risikofreien Zinsstrukturkurve, den Übergangsmaßnahmen und der Kalibrierung des Zinsänderungsrisikos mit „größter Vorsicht“ vorgenommen werden. Darüber hinaus wollen sie nicht, dass Review für politische Wünsche missbraucht wird. Geplant ist nämlich, das Regelwerk so anzupassen, dass „grüne“ Anlagen als risikoarme Investments gefördert werden. „Hier muss das Prinzip ‚same risk, same capital‘ gelten, forderte Schneidemann. Die DAV wünscht sich zudem, dass die Berichterstattung und Offenlegung verschlankt wird. Beispielsweise könnten RSR und ORSA-Bericht zusammengelegt werden. „Die Vielfalt der zu erstellenden Berichte geht zu Lasten der Genauigkeit“, sagte Guido Bader, im Geschäftsalltag Vorstandsmitglied der Stuttgarter Leben (www.stuttgarter.de).

Privatversicherte warten
Roland Weber, im Vorstand der Debeka-Gruppe (www.debeka.de) und seit langem in der DAV aktiv, berichtete über Berechnungen zu den Beitragsentwicklung in der gesetzlichen wie auch privaten Kranken- sowie Pflegeversicherung. Bis 2060 drohen hier deutliche Verteuerungen, weil der demografische Effekt ab 2025 voll zum Tragen kommt, die medizinische Inflation belastet und die gesetzlichen Kassen unter der struktureller Einnahmeschwäche leiden – sprich: die Einkommen der GKV-Mitglieder steigen langsamer als das BIP. Nach Berechnungen der Aktuare könnte der Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenkassen bis 2060 auf 25 Prozent steigen. In der Privaten Krankenversicherung sei je nach Szenario ein Anstieg des Beitragsfaktors bis 2060 auf 3,4 Prozent zu erwarten.

„Seit 2013 wird hier nichts getan“
Die DAV hat zudem ihre in den letzten Jahren erarbeiteten vier Vorschläge zur Verstetigung die Beitragsanpassungen in der PKV erneut an das Bundesgesundheitsministerium geschickt. „Wir leiden darunter, dass seit 2013 nichts getan wird, was die Situation der Privatversicherten günstiger machen könnte“, beklagt Weber. (Monika Lier / www.bocquel-news.de)

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