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Aktuare: Aufsichtsregime Solvency II auf Prüfstand

18. November 2019 - Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) sieht nach ausführlicher Analyse des 900-seitigen Konsultationspapiers der Europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA weiteren Handlungsbedarf bei der geplanten Überarbeitung des seit 2016 gültigen Aufsichtsregimes Solvency II. Das ist heute Thema auf der DAV-Herbsttagung.

Das Thema Solvency-II-Review steht heute ganz groß auf der Herbsttagung der Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (www.aktuar.de). Die Versicherungsmathematiker und Manager beschäftigen sich intensiv mit den vorgestellten Optionen zur Änderung der risikofreien Zinsstrukturkurve. Diese wird monatlich von der Europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA (www.eiopa.europa.eu) veröffentlicht und ist unerlässlich für eine marktkonsistente Bewertung der Versicherungsverpflichtungen.

Laut DVA wird bislang unterstellt, dass die Zinsmärkte für Laufzeiten von bis zu 20 Jahren liquide sind. Allerdings diskutiert die EIOPA nun auch Optionen, die davon ausgehen, dass auch für längere Laufzeiten noch tiefe und liquide Märkte vorhanden wären.

Nicht genug lang laufende Anleihen mit hoher Bonität im Markt
„Dies ist mit Blick auf die aktuelle Kapitalmarktwirklichkeit nicht angemessen. Denn es gibt schlichtweg nicht genug lang laufende Anleihen mit hoher Bonität im Markt, die von den Versicherungen gekauft werden könnten“, gibt der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Guido Bader heute bei der DAV-Herbsttagung in Hannover zu bedenken. Nach den Kapitalmarktverwerfungen dieses Jahres seien sogar die derzeit angesetzten Laufzeiten von bis zu 20 Jahren ein sehr optimistischer Wert. Von daher setzen sich die Aktuare dafür ein, den sogenannten Last-Liquid-Point bei 20 Jahren zu belassen und auch an der Extrapolationsmethode nichts zu ändern.

Zusätzlichen Anforderungen nur mit Augenmaß
Ein neu aufgenommenes Thema in der aktuellen Konsultation ist die Ergänzung von Solvency II um Komponenten einer sogenannten makroprudentiellen Aufsicht zur Identifikation und Begrenzung möglicher systemischer Risiken der Versicherungen auf die Gesamtökonomie. Hier wird insbesondere vorgeschlagen, Anforderungen an die laufende Berichterstattung der Unternehmen deutlich zu erhöhen, ohne dass der Nutzen dafür belegt ist. Die deutschen Aktuare sprechen sich dafür aus, diese zusätzlichen Anforderungen nur mit Augenmaß einzuführen und damit insbesondere mittlere und kleine Unternehmen nicht unnötig zu belasten.

„Negative Zinsschocks“ in der Standardformel berücksichtigen
Als sachgerecht bewertet die DAV hingegen die Empfehlung von der EIOPA, künftig auch sogenannte „negative Zinsschocks“ in der Standardformel zu berücksichtigen. Zwar simulieren die Aktuare seit Jahren stark fallende Zinsen, lassen bislang aber keine weitere Verschlechterung von bereits negativen Zinsen in die Berechnung mittels Standardformel einfließen. „Über viele Jahre war dies ein angemessenes Vorgehen, da ein negatives Zinsniveau in Europa unvorstellbar war. Aber die jüngste Vergangenheit hat uns eines Besseren belehrt und niemand kann ein weiteres Abrutschen der Zinsen ausschließen“, betont Dr. Bader. Aus diesem Grund hat die DAV in den vergangenen Jahren ein Verfahren entwickelt, das auch die Risiken negativer Zinsen angemessen berücksichtigt und damit den hohen Sicherheitsanforderungen von Solvency II entspricht. Bis auf unwesentliche technische Details möchte die EIOPA diese Vorschläge nun übernehmen.

Auswirkungsstudie aller möglichen Änderungen am Solvency-II-Regelwerk
Zufrieden zeigen sich die Aktuare zudem damit, dass die EIOPA für März kommenden Jahres eine umfangreiche Auswirkungsstudie aller vorgeschlagenen Änderungen am Solvency-II-Regelwerk plant. Die DAV hatte solche Analysen in der Vergangenheit mehrfach gefordert.

„Die politisch Verantwortlichen haben inzwischen verstanden, dass es bei den einzelnen Maßnahmen zu unvorhergesehenen Wechselwirkungen kommen kann, über deren Ausmaß sich alle Beteiligten im Klaren sein sollten, bevor die Gesetze geändert werden“, resümiert Guido Bader, der im Geschäftsalltag bei der Stuttgarter die Ressorts Lebensversicherung und Kapitalanlage verantwortet.

Bader mahnt aber gleichsam an, dass die Auswirkungsstudie nicht allein auf dem alten Stichtag Ende 2018 aufsetzen dürfe, sondern die jüngsten Kapitalmarktentwicklungen bis Ende 2019 mit einbeziehen müsse. (-el / www.bocquel-news.de)

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