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Konzepte und Kriterien

AIFM-Richtlinienumsetzung sorgt für heftige Kritik

20. August 2012 - Es geht um eine Vorlage zum AIFM-Unsetzungsgesetz. Tritt es so in Kraft, droht ein Verbot neuer offener Immobilien-Publikumsfonds und Immobilien-Spezialfonds. Der BVI und andere Verbände - wie etwa der VGF Verband Geschlossene Fonds e.V. - laufen Sturm.

Offene-Immobilienfonds BVI Auf dem Prüfstand steht der Entwurf zur AIFMD-Umsetzung im Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB). Nachdem das Bundesministerium für Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) den seit längerem erwarteten Diskussionsentwurf zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie vorgelegt hatte, hagelt es von Verbänden der Fonds-Industrie Kritik. Es geht unter anderem hier auch um die weiter Existenz offener Immobilien-Publikumsfonds und Immobilien-Spezialfonds. Offene Immobilienfonds (OIF) waren lange die Lieblinge deutscher Anleger. Doch immer mehr Produkte sind seit den Börsen-Turbulenzen geschlossen oder werden gar abgewickelt. Jetzt stehen den deutschen geschlossenen Fonds einschneidende Entwicklungen bevor: neben dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagen-Vermittler- und Vermögensanlagenrechts zum 1. Juli 2012 werde bald schon auch die AIFM-Richtlinie als Manager-Regulierung zu nachhaltigen Strukturveränderungen in der Branche führen. Zwischen dem voraussichtlichen Inkrafttreten des KAGB (Kapitalanlage-Gesetzt (KAGB) im Juli 2013 und der von der BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (www.bafin.de) zu erteilenden AIFM-Erlaubnis wird vermutlich ein längerer Zeitraum liegen.

Das ruft Verbände wie den  BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (www.bvi.de) und den VGF Verband Geschlossene Fonds e.V. (www.vgf-online.de) auf den Plan. Sie reichten in der vergangenen Woche beim Bundesministerium der Finanzen Stellungnahmen ein, in denen sie nicht mit Kritik geizten.

Thomas Richter Der BVI übt Kritik, sieht aber auch Gutes
In seiner Stellungnahme zum AIFM-Umsetzungsgesetz übt der BVI deutliche Kritik am Verbot neuer offener Immobilien-Publikumsfonds und Immobilien-Spezialfonds. Abschaffung offener Immobilien-Publikumsfonds schadet Kleinanlegern. „Ein Verbot neuer offener Immobilienfonds würde viele Kleinanleger vom Immobilienmarkt ausschließen", sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter (Foto). Er verweist darauf, dass offene Immobilienfonds seit 1959 Kleinanlegern in Deutschland diversifizierten Immobilienbesitz ermöglicht, ohne den Schwankungen der Börse ausgesetzt zu sein. Den Angaben zufolge sind Investments bereits ab 25 Euro möglich. Sie erzielten laut BVI in den letzten 30 Jahren eine durchschnittliche Rendite von jährlich 5,4 Prozent. Für viele Anleger, die sich keine eigene Immobilie leisten können, sei der OIF die einzige Möglichkeit, am Immobilienmarkt teilzuhaben.

 

„Offene Immobilienfonds sind alternativlos", sagt Richter. Nun soll ein Investment in einen geschlossenen Ein-Objekt-Fonds künftig grundsätzlich erst ab 50.000 Euro möglich sein und bietet keine Diversifikation. Der BVI-Hauptgeschäftsführer weiß, dass geschlossene Mehr-Objekt-Fonds für Kleinanleger in der Regel nicht in Betracht kommen. Zum einen können Viele nicht zehn Jahre oder länger das angelegte Geld entbehren, zum anderen würden auch solche geschlossenen Fonds wegen ihres höheren Risikos nur an Anleger vertrieben, die bei ihrer Bank ein größeres Vermögen vorweisen können.

 

Auch Immobilien-Aktien und sogenannte REITs (Real Estate Investment Trusts) sind nach Richters Ansicht für die meisten Anleger keine Alternative, denn sie unterliegen den Schwankungen der Börse. „Viele Anleger in Immobilienfonds wollen das gerade nicht, sondern ein Produkt, das die Bewertung der Immobilien abbildet und nicht mit dem Aktienmarkt korreliert", so der BVI-Chef.

 

Ein Verbot neuer offener Immobilien-Publikumsfonds würde Kleinanleger auf die Assetklassen Aktien und Anleihen beschränken. Sie wären damit einem größeren Anlagerisiko ausgesetzt als wohlhabende Anleger, die ihre Ersparnisse stärker diversifizieren und sich direkte oder indirekte Immobilieninvestments leisten könnten. „Das ist sozial ungerecht und schadet den Kleinanlegern."

 

Die geplante Abschaffung neuer OIFs sei umso unverständlicher, als der Gesetzgeber den OIF erst 2011 reformiert und seiner Nutzung als Liquiditätsparkplatz durch institutionelle Anleger mit Halte- und Kündigungsfristen Einhalt geboten hat. Die Gesetzesänderung konnte noch nicht wirken, weil die OIFs erst zum 1. Januar 2013 auf die neuen Bedingungen umgestellt werden. Richter: „Es erstaunt, dass der Wille des Parlaments jetzt nicht in die Praxis umgesetzt werden soll, sondern von der Exekutive ohne neuen Anlass ignoriert wird."

 

Verbot nicht nachvollziehbar
Nicht nachvollziehbar ist laut BVI ferner, dass das Bundesministerium der Finanzen auch offene Immobilien-Spezialfonds verbieten will. Anders als bei den Immobilien-Publikumsfonds habe es bei diesen Produkten nie Probleme gegeben. Sie sind den Angaben zufolge bei den institutionellen Kunden äußerst gefragt. Ihr Volumen stieg in den letzten zehn Jahren von rund 8 auf über 34 Milliarden Euro, die Zahl der Anbieter wuchs von 10 auf 30.

 

Was machen die niedrigen Zinsen mit der Anlage?
„Institutionelle Anleger benötigen angesichts der niedrigen Zinsen die Anlage in Immobilien mehr denn je", betont Richter. Sie würden auch den offenen Fonds brauchen, weil beispielsweise Versicherer aus rechtlichen Gründen nicht in geschlossene Vehikel investieren dürfen. Wenn die institutionellen Investoren ihre Anlagebedürfnisse nicht mit deutschen Produkten erfüllen können, müssen sie ausländische Vehikel wählen. Richter: „Eine Abschaffung des offenen Immobilienspezialfonds in Deutschland würde die institutionellen Anleger zwangsläufig nach Luxemburg und Irland treiben. Etwas Besseres könnte diesen Finanzplätzen nicht passieren." Dort sei man klug genug, offene Immobilienvehikel weiter zuzulassen, zumal die AIFM-Richtlinie überhaupt keinen Anlass für ein Verbot gebe.

 

Entwurf enthält auch Gutes
Schon bei Erscheinen des Gesetzentwurfs hatte der BVI aber auch das Positive unterstrichen. Insbesondere begrüßt er den Fortbestand des offenen Wertpapier-Spezialfonds, den das BMF ursprünglich ebenfalls aus schwer nachvollziehbaren Gründen abschaffen wollte. Die Einführung der Investmenkommanditgesellschaft als Vehikel für das Pooling von Pensionsgeldern internationaler Konzerne gehe ebenfalls auf eine Initiative des BVI zurück, heißt es. „Allerdings müssen auch im Bereich der Wertpapierfonds handwerkliche Fehler behoben werden", sagt Thomas Richter. Insbesondere müsse es möglich sein, Fonds aufzulegen bevor die Fondsgesellschaft die künftig erforderliche AIFM-Zulassung erhalten hat.

 

 

Balance zwischen Aufsicht und Investitionsfreiheit
Bei dem Entwurf zum AIFM-Umsetzungsgesetz ist nach Ansicht des VGF Verband Geschlossene Fonds e.V. (www.vgf-online.de) die Balance zwischen Aufsicht und unternehmerischer Investitionsfreiheit noch nicht gefunden. Deshalb hat der Verband beim Bundesministerium der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) seine Stellungnahme zum Diskussionsentwurf eingereicht. Die Stellungnahme umfasst 59 Seiten und enthält detaillierte Vorschläge zu den aus Sicht des Verbandes noch diskussions- und ausfüllungsbedürftigen Punkten des Entwurfes.

 

Der Verband befürwortet in seiner Stellungnahme die Einführung eines Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB). Für den Markt der geschlossenen Fonds sei die Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie in deutsches Recht das bisher umfassendste Regulierungsvorhaben, heißt es. Mit der Umsetzung zum 22. Juli 2013 werden die Anbieter geschlossener Fonds und das Produkt Teilnehmer in einem vollregulierten Kapitalmarkt. Dieser Schritt wird von den VGF-Mitgliedern nachdrücklich unterstützt.

 

Eric Romba Gleichwohl sieht der Verband Nachbesserungsbedarf. Insbesondere die unabhängig von den Regelungen zur Managerbeaufsichtigung aus der AIFM-Richtlinie eingeführten Produktregeln bereiten dem Markt Kopfzerbrechen: „Die bisherigen Vorschläge zur Begrenzung des Leverage, das Verbot der Assetanbindung aus dem Konzern, die 50.000 Euro Mindestzeichnungssumme bei 1-Objekt-Fonds sowie die Begrenzung von Investitionsgütern über die Assetklassen-Liste sollten dringend überdacht werden. Hinzu kommen unklare Übergangsregelungen. „Das Gesetz reguliert richtigerweise den Kapitalanlagemarkt", heißt es beim VGF. Die angekündigten Regelungen würden sich aber schon heute negativ auf den Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschland auswirken. Die richtige Balance zwischen Aufsicht und unternehmerischer Investitionsfreiheit ist mit dem Gesetz noch nicht gefunden.", sagt VGF-Hauptgeschäftsführer Eric Romba (Foto).

 

Im Einzelnen sieht der VGF bei etlichen Kernpunkten Änderungsbedarf und schlägt wie folgt vor:

  • Statt 50.000 Euro besser maximal 15 Prozent des Vermögens.
  • Privatanleger, sogenannte Nicht-professionelle Anleger, können auch weiterhin in 1-Objekt-Fonds investieren. Das ist den Angaben zufolge gut. Allerdings müssten sie mindestens 50.000 Euro investieren.

Die Grenze sei schwierig auf zweierlei Weise, heißt es beim VGF. Sie verhindere, dass Anleger mit geringerem Vermögen Zugang zu 1-Objekt-Fonds bekommen. Dabei würde aber das Ministerium den Beweis schuldig beiben, dass 1-Objekt-Fonds risikoreicher sind als Mehrobjektfonds.

 

Zudem ist die Bemessung der Grenze laut VGF zu hoch und hätte deutliche Auswirkungen auf das für Investitionen zur Verfügung stehende Eigenkapital.

 

Der VGF schlägt stattdessen eine Regelung vor, wonach alle Privatanleger nur maximal 15 Prozent ihres Vermögens in Fonds investieren sollten, die nicht dem Grundsatz der Risikomischung folgen. „Diese Regelung hindert niemanden am Zugang zu Fonds, ist gleichzeitig aber ein wirksamer Anlegerschutz. Denn so erfolgt die Risikostreuung richtigerweise auf der Ebene des Anlegers", führt VGF-Hauptgeschäftsführer Eric Romba aus.

 

Mit 30 Prozent Fremdkapital-Quote: Weniger Investitionen in Immobilien und die Energiewende findet laut VGF ohne Privatanleger statt.

 

Kritisch sieht der VGF den Vorschlag des Bundesfinanzministeriums in Paragraph (§) 227 KAGB-E, eine pauschale Fremdkapitalquote (Leverage-Quote) von 30 Prozent für geschlossene Investmentfonds einzuführen. Eine Leverage-Quote von 30 Prozent sei marktunüblich. Bei Deutschland-Immobilienfonds liegt sie laut VGF bei circa 50 Prozent. Fonds, die in erneuerbare Energien investieren, brauchen aber rund 75 Prozent Fremdkapital. Hinzu kommt - wie der VGF mitteilt, dass andere Gesetze wie das Pfandbriefgesetz oder das REIT-G die Quoten von 55 bis 60 Prozent kennen. Um weiterhin Investitionen wettbewerbsfähig tätigen zu können, würde der Markt über alle Assetklassen eine Fremdkapitalquote von 65 Prozent benötigen.

 

Welche Investitionsgüter werden morgen gebraucht?
Der Diskussionsentwurf sieht laut VGF in § 225, Abs. 1 KAGB-E eine abschließende Aufzählung von Investitionsgegenständen (Assetklassen) für geschlossene Publikumsinvestmentfonds vor. Der Verband kritisiert, dass die Liste nicht vollständig ist. So fehlen laut VGF beispielsweise Schienenfahrzeuge oder Container. Darüber hinaus berge die starre Liste Risiken: Wäre eine solche Liste vor zehn Jahren erstellt worden, gäbe es heute zum Beispiel keine Wind- oder Solarfonds, denn diese Assetklasse hat damals ein Nischendasein geführt. Eine starre Liste birgt das Risiko, den Zugang zu innovativen Techniken abzuschneiden. Wer weiß denn heute, ob in zwei, drei Jahren nicht Anlagen für die E-Mobilität gebraucht werden und über Fonds finanziert werden könnten?


Die Kritik und die Anregungen der Verbände liegen nun beim Bundesfinanzministerium vor. Zwischen dem voraussichtlichen Inkrafttreten des KAGB (Kapitalanlage-Gesetzt (KAGB) im Juli 2013 und der von der BaFin zu erteilenden AIFM-Erlaubnis wird vermutlich ein längerer Zeitraum liegen. (eb / www.bocquel-news.de)

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