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Konzepte und Kriterien

„bAV - davon kann ich Dir (k)ein Liedchen singen"

7. April 2016 - Ein Gutachten, das unter Verschluss blieb, keine einheitliche Position der Koalitionspartner der Bundesregierung und auch sonst wenig Neues bestimmten den ersten Tag der 17. Handelsblatt Jahrestagung zur bAV in Berlin. Ein renommierter Dirigent brachte die Tagungsteilnehmer zum Singen.

Ein veritabler Dirigent schien den Teilnehmern der 17. Handelsblatt Jahrestagung „betriebliche Altersversorgung 2016“ die richtigen Töne beibringen zu wollen. Professor Gernot Schulz (Foto: E. Bocquel), First-Class-Musiker und international gefragter Dirigent, brachte vorübergehend die richtige Klangfarbe in die teilweise zähflüssig geführten Diskussionen um die bAV. Er stimmte während seiner verbalen Einlassung zum Thema „Die Geheimnisse wirkungsvoller Kommunikation“ die Hymne „Freude schöner Götterfunken“ und das Kinderliedchen „Hänschen klein“ an – und alle sagen mit. Dieser kleine Exkurs machte aber nicht vergessen, dass bei der betrieblichen Altersversorgung hierzulande noch Vieles im Argen liegt. Aber von der bAV kann offensichtlich fast jeder sprichwörtlich ein Liedchen singen.

„Nichts wirklich Neues“ war denn auch das nüchterne Fazit der politischen Diskussion um die betriebliche Altersversorgung (bAV) in Berlin. Immerhin waren mit BMAS-Staatssekretärin Yasmin Fahimi und BMF-Staatssekretär Dr. Michael Meister zwei Experten gekommen, die sich an der Debatte um die „zweite Säule in der Altersversorgung“ beteiligten. Mit wenig konkreten Aussagen. Man erwartete zwar von ihnen erste Ergebnisse zu einem Gutachten über die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (bAV), das BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (www.bmas.de) sowie das BMF Bundesministerium der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) in Auftrag gegeben hatten. Doch die Studie bleibe derzeit noch unter Verschluss, hieß es.

Yasmin Fahimi sagte, dass man weiter für das „Neuen Sozialpartnermodell Betriebsrente“ sei, bei dem die betriebliche Altersvorsorge über eine bessere Einbindung der Tarifpartner gestärkt werden könnte, doch beabsichtige man nicht, dadurch die anderweitige Vielfalt in der bAV zu beschränken. Wie kleine und mittlere Unternehmen sowie Geringverdiener hier konkret eingebunden werden könnten, blieb unbeantwortet.

Von Staatssekretär Michael Meister (Foto) war zu erfahren, dass man sich eine staatliche Zulage für Geringverdiener in der bAV vorstellen könne. Es gehe darum, wie die Einkommensgrenze definiert werde, ab der man vom Geringverdiener spreche. Als Geringverdiener gilt heute, wer ein Brutto-Einkommen bezieht, das monatlich 1.500 Euro nicht überschreitet. Denkbar sei auch, die steuerlichen Anreize und Freigrenzen zu vereinheitlichen. Konkreter wollte Meister hier nicht werden.

„Die bAV ist bis heute überhaupt noch nicht ausreichend verbreitet“, warf der erste Vorsitzende er IG Metall, Jörg Hofmann, in die Debatte. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen brauche es einfache Durchführungswege. „Dazu sind weiterentwickelte Modelle der steuerlichen Förderung erforderlich“, sagte Hofmann. Er forderte die Politik erneut auf, jetzt dringend substanzielle Vorschläge zu machen.

In einem Statement zur bAV sagte Dr. Peter Schwark, Mitglied der GDV-Geschäftsführung, GDV, dass an der weiteren Stärkung der kapitalgedeckten privaten und betrieblichen Altersvorsorge kein Weg vorbeiführe. Nur so sei das Altersversorgungssystem nachhaltig und generationengerecht zu stabilisieren.

Mehr als 70 Prozent der Arbeitnehmer verfügen über eine bAV
Aufgrund der Reformen würden heute bereits mehr als 70 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von 25 bis unter 65 entweder über eine betriebliche Altersversorgung, eine Riester-Rente oder auch beides verfügen. „Dies ist bei einem System, das auf Freiwilligkeit beruht, ein sehr beachtlicher Wert“, sagte Schwark. Gerade auch die betriebliche Altersversorgung (bAV) habe dazu in den letzten 15 Jahren beigetragen: Knapp 60 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben demnach Anspruch auf eine Betriebsrente.

Die hohen Steigerungsraten, die die Verbreitung der bAV insbesondere in den Jahren 2001 bis 2009 verzeichnete, erfolgten dabei in erster Linie in den versicherungsförmigen Durchführungswegen. Insbesondere die Direktversicherung ist ein Erfolgsmodell. Wie Dr. Peter Schwark (Foto) mitteilte, sei sie mit über 7,7 Millionen Verträgen ein Eckpfeiler der bAV und bei kleinen und mittleren Unternehmen das Mittel erster Wahl.

So nutzen 80 Prozent der KMU, die eine bAV anbieten, diesen Durchführungsweg. Der Grund dafür liegt laut Peter Schwark insbesondere darin, dass die Direktversicherung für den Arbeitgeber sehr verwaltungsarm und praktisch haftungsfrei sei. Das von Einigen geforderte „Pay-and-forget-System“ für Arbeitgeber existiere mit der Direktversicherung also de facto bereits heute schon. „Es ist deshalb wichtig und notwendig, Versicherungslösungen als integralen Bestandteil in die aktuellen bAV-Reformüberlegungen mit einzubeziehen“, sagte Schwark.

Für die weitere Verbreitung der bAV spielen auch tarifvertragliche Modelle eine besondere Rolle. Den Sozialpartnern komme die Schlüsselrolle zu, für die jeweilige Branche maßgeschneiderte Lösungen zu finden. Dabei führen viele Branchen ihre bAV bereits heute über Versorgungswerke durch, die bestens etabliert sind – und die sehr erfolgreich ebenfalls in Kooperation mit der Versicherungswirtschaft geführt werden.

Als prominente Beispiele nannte Schwark hier die MetallRente oder auch den Chemie-Pensionsfonds. Die Erfahrungen würden zeigen, dass auch die tarifvertraglich organisierte bAV vor allem mit gebündelten Kräften und dem Know-how der Versicherer vorangebracht werden kann.

Ein ganzes Bündel von Maßnahmen ist erforderlich
Allein den tarifvertraglichen Bereich in den Blick zu nehmen, werde jedoch nicht ausreichen, zumal die Reichweite von Tarifverträgen begrenzt ist. „Es ist vielmehr ein Bündel von Maßnahmen erforderlich“, sagte Schwark. Demnach sollte die bAV für Arbeitnehmer attraktiver und für Arbeitgeber einfacher werden; gerade auch dann, wenn das gemeinsame Ziel erreicht werden soll, mehr Geringverdiener und mehr KMU für die bAV zu gewinnen.

„Hemmnisse müssen im Steuer-, Sozialversicherungs- und auch Arbeitsrecht abgebaut werden. Arbeitgebern sollte, wenn sie sich freiwillig dafür entscheiden, die Möglichkeit gegeben werden, auch bestehende Arbeitsverhältnisse rechtssicher und quasi automatisch mit einer Opting-out-Regelung in die bAV zu integrieren“, so Schwark weiter. Die Einbeziehung ganzer Belegschaften würde nicht zuletzt auch die Absicherung des Invaliditätsrisikos erheblich erleichtern.

Die Koalition aus CDU/CSU und SPD wird nach Staatssekretär Meisters Aussage noch in diesem Jahr auf ein „Paket zur Stärkung der bAV“ schnüren, das auch neue staatliche Anreize in Form von Zuschüssen enthalte.

Dringend an den kleinen Stellschrauben drehen
„Noch erheblich auseinander“ liegen nach Aussagen von CDU-Finanz- und Sozialexpertin Anja Karliczek, die Positionen der Koalitionspartner. Aber mit den bestehenden fünf bAV-Durchführungswegen habe sich seit Jahren eine gute Struktur bewährt: „Wir müssen dringend an den kleinen Stellschrauben drehen.“ (-el / www.bocquel-news.de)

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